Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

gemeldet; dieser Mann, dessen ruhige Würde sonst Allen imponirte, offenbarte einen inneren Aufruhr, der seiner Fassung bedrohlich schien. Alle Zöglinge sahen ihn scheu und bestürzt an. John war, ehe er nur ein Wort gesprochen hatte, so wie Woldemar das vorige Mal, sichtbar erbleicht. Holger's Blick ruhete durchdringend auf ihm. Er schien es zu bemerken und trat rasch und unbedenklich hervor.

Gestatten Sie mir ein Wort, Herr Commandeur! begann er. Es ist bekannt, daß eben wir Drei nicht allein einen Gegenstand von gleicher Schwierigkeit gewählt, sondern auch, daß unsere Zeichnungen bisher unter die ersten gehören; die meiner beiden Gefährten sind auf eine eben so unbegreifliche als schändliche Weise zerstört; die meine ist ganz. Ich zittre vor Erbitterung am ganzen Körper, denn ich fühle recht gut, daß der Vortheil, welchen mir diese Unfälle bringen, leicht den Verdacht erregen könnte, als hätte ich Anlaß dazu gegeben; ich ersuche Sie daher, mich verhaften zu lassen, bis der Vorgang auf das Strengste untersucht und, wie ich hoffe, entdeckt wird.

Ich bin überzeugt, nahm der Chef ernst das Wort, daß Niemand unter uns einen so unedlen und beleidigenden Verdacht gegen einen Kameraden hegen kann, oder sich solches gestatten darf. Hat Er diese Furcht, gäbe es wohl auch ein siegendes Mittel, solche unwürdige Vermuthung zu widerlegen, welches anzugeben doch nicht an mir ist; indessen soll, wie es sich

gemeldet; dieser Mann, dessen ruhige Würde sonst Allen imponirte, offenbarte einen inneren Aufruhr, der seiner Fassung bedrohlich schien. Alle Zöglinge sahen ihn scheu und bestürzt an. John war, ehe er nur ein Wort gesprochen hatte, so wie Woldemar das vorige Mal, sichtbar erbleicht. Holger's Blick ruhete durchdringend auf ihm. Er schien es zu bemerken und trat rasch und unbedenklich hervor.

Gestatten Sie mir ein Wort, Herr Commandeur! begann er. Es ist bekannt, daß eben wir Drei nicht allein einen Gegenstand von gleicher Schwierigkeit gewählt, sondern auch, daß unsere Zeichnungen bisher unter die ersten gehören; die meiner beiden Gefährten sind auf eine eben so unbegreifliche als schändliche Weise zerstört; die meine ist ganz. Ich zittre vor Erbitterung am ganzen Körper, denn ich fühle recht gut, daß der Vortheil, welchen mir diese Unfälle bringen, leicht den Verdacht erregen könnte, als hätte ich Anlaß dazu gegeben; ich ersuche Sie daher, mich verhaften zu lassen, bis der Vorgang auf das Strengste untersucht und, wie ich hoffe, entdeckt wird.

Ich bin überzeugt, nahm der Chef ernst das Wort, daß Niemand unter uns einen so unedlen und beleidigenden Verdacht gegen einen Kameraden hegen kann, oder sich solches gestatten darf. Hat Er diese Furcht, gäbe es wohl auch ein siegendes Mittel, solche unwürdige Vermuthung zu widerlegen, welches anzugeben doch nicht an mir ist; indessen soll, wie es sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0017"/>
gemeldet; dieser Mann, dessen ruhige Würde sonst      Allen imponirte, offenbarte einen inneren Aufruhr, der seiner Fassung bedrohlich schien. Alle      Zöglinge sahen ihn scheu und bestürzt an. John war, ehe er nur ein Wort gesprochen hatte, so      wie Woldemar das vorige Mal, sichtbar erbleicht. Holger's Blick ruhete durchdringend auf ihm.      Er schien es zu bemerken und trat rasch und unbedenklich hervor.</p><lb/>
        <p>Gestatten Sie mir ein Wort, Herr Commandeur! begann er. Es ist bekannt, daß eben wir Drei      nicht allein einen Gegenstand von gleicher Schwierigkeit gewählt, sondern auch, daß unsere      Zeichnungen bisher unter die ersten gehören; die meiner beiden Gefährten sind auf eine eben so      unbegreifliche als schändliche Weise zerstört; die meine ist ganz. Ich zittre vor Erbitterung      am ganzen Körper, denn ich fühle recht gut, daß der Vortheil, welchen mir diese Unfälle      bringen, leicht den Verdacht erregen könnte, als hätte ich Anlaß dazu gegeben; ich ersuche Sie      daher, mich verhaften zu lassen, bis der Vorgang auf das Strengste untersucht und, wie ich      hoffe, entdeckt wird.</p><lb/>
        <p>Ich bin überzeugt, nahm der Chef ernst das Wort, daß Niemand unter uns einen so unedlen und      beleidigenden Verdacht gegen einen Kameraden hegen kann, oder sich solches gestatten darf. Hat      Er diese Furcht, gäbe es wohl auch ein siegendes Mittel, solche unwürdige Vermuthung zu      widerlegen, welches anzugeben doch nicht an mir ist; indessen soll, wie es sich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0017] gemeldet; dieser Mann, dessen ruhige Würde sonst Allen imponirte, offenbarte einen inneren Aufruhr, der seiner Fassung bedrohlich schien. Alle Zöglinge sahen ihn scheu und bestürzt an. John war, ehe er nur ein Wort gesprochen hatte, so wie Woldemar das vorige Mal, sichtbar erbleicht. Holger's Blick ruhete durchdringend auf ihm. Er schien es zu bemerken und trat rasch und unbedenklich hervor. Gestatten Sie mir ein Wort, Herr Commandeur! begann er. Es ist bekannt, daß eben wir Drei nicht allein einen Gegenstand von gleicher Schwierigkeit gewählt, sondern auch, daß unsere Zeichnungen bisher unter die ersten gehören; die meiner beiden Gefährten sind auf eine eben so unbegreifliche als schändliche Weise zerstört; die meine ist ganz. Ich zittre vor Erbitterung am ganzen Körper, denn ich fühle recht gut, daß der Vortheil, welchen mir diese Unfälle bringen, leicht den Verdacht erregen könnte, als hätte ich Anlaß dazu gegeben; ich ersuche Sie daher, mich verhaften zu lassen, bis der Vorgang auf das Strengste untersucht und, wie ich hoffe, entdeckt wird. Ich bin überzeugt, nahm der Chef ernst das Wort, daß Niemand unter uns einen so unedlen und beleidigenden Verdacht gegen einen Kameraden hegen kann, oder sich solches gestatten darf. Hat Er diese Furcht, gäbe es wohl auch ein siegendes Mittel, solche unwürdige Vermuthung zu widerlegen, welches anzugeben doch nicht an mir ist; indessen soll, wie es sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/17
Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/17>, abgerufen am 29.03.2024.