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Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Ein strenger Blick vom Capitän belehrte ihn, seine Empfindungen zurückzuhalten; und nie nachher gestattete Jener, wenn sie auch allein waren, diesem, sie in Worte zu kleiden. Der bekannte Charakter des Chefs und die Art, wie er dies kostbare Geschenk empfangen, band Woldemarn die Zunge; aber mit dankbarer Freude hing er das theure Kleinod als ein anvertrautes Pfand um den Hals, und sehnte sich nach dem schönen Augenblicke , da er es mit kindlichem Hochgefühl wieder in die Hände der Mutter niederlegen konnte; nur dem Freunde vertraute er dies Glück.

Das Ziel der Reise war erreicht; allein kaum in dem Hafen angelangt, wurden sie von einem Schnellsegler eingeholt, der Ordre für den Capitän mitbrachte. Aus dieser ergab es sich, daß ein unvorhergesehenes Gewitter plötzlich den friedlichen Horizont des Vaterlandes umzogen, und daß dieses schnell Alles aufbieten müsse, um seine Streitkräfte um sich zu versammeln. Das Schiff sollte unverzüglich zurückkehren, doch nicht wie gewöhnlich durch den brittischen Canal, sondern nordwärts um Schottland die norwegische Küste entlang die Heimath suchen. Kaum durfte der Chef sich so viel Zeit verstatten, als vonnöthen war, um Wasser und frischen Proviant einzunehmen. Eine rege innere Thätigkeit schien sich mit der äußeren bei Allen zu vereinen. Der jugendliche Muth sehnte sich in auflodernden Flammen nach einer Schlacht; nur Woldemar's heiße freudige Kampflust schien in etwas gedämpft wor-

Ein strenger Blick vom Capitän belehrte ihn, seine Empfindungen zurückzuhalten; und nie nachher gestattete Jener, wenn sie auch allein waren, diesem, sie in Worte zu kleiden. Der bekannte Charakter des Chefs und die Art, wie er dies kostbare Geschenk empfangen, band Woldemarn die Zunge; aber mit dankbarer Freude hing er das theure Kleinod als ein anvertrautes Pfand um den Hals, und sehnte sich nach dem schönen Augenblicke , da er es mit kindlichem Hochgefühl wieder in die Hände der Mutter niederlegen konnte; nur dem Freunde vertraute er dies Glück.

Das Ziel der Reise war erreicht; allein kaum in dem Hafen angelangt, wurden sie von einem Schnellsegler eingeholt, der Ordre für den Capitän mitbrachte. Aus dieser ergab es sich, daß ein unvorhergesehenes Gewitter plötzlich den friedlichen Horizont des Vaterlandes umzogen, und daß dieses schnell Alles aufbieten müsse, um seine Streitkräfte um sich zu versammeln. Das Schiff sollte unverzüglich zurückkehren, doch nicht wie gewöhnlich durch den brittischen Canal, sondern nordwärts um Schottland die norwegische Küste entlang die Heimath suchen. Kaum durfte der Chef sich so viel Zeit verstatten, als vonnöthen war, um Wasser und frischen Proviant einzunehmen. Eine rege innere Thätigkeit schien sich mit der äußeren bei Allen zu vereinen. Der jugendliche Muth sehnte sich in auflodernden Flammen nach einer Schlacht; nur Woldemar's heiße freudige Kampflust schien in etwas gedämpft wor-

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T13:52:36Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T13:52:36Z)

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Zitationshilfe: Kruse, Laurids: Nordische Freundschaft. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 6. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–105. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kruse_freundschaft_1910/47>, abgerufen am 19.04.2024.