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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 35. Die selbstständigen Reichs-Finanzbehörden.
III. Die Reichsschuldenkommission.

Auch diese Behörde ist eine vollkommene Nachbildung der
Preußischen Staats-Schulden-Kommission 1). In den Behörden-
Organismus des Reiches ist sie eingeführt worden durch das Ge-
setz vom 19. Juni 1868. Sie besteht aus drei Mitgliedern des
Bundesrathes und zwar aus dem jedesmaligen Vorsitzenden und
zwei Mitgliedern des Ausschusses für das Rechnungswesen, aus
drei Mitgliedern des Reichstages und aus dem Chefpräsidenten
des Rechnungshofes 2). Der Bundesrath wählt die von ihm zu
deputirenden Mitglieder von Session zu Session, was darauf beruht,
daß die Ausschüsse des Bundesrathes für jede Session neu gebildet
werden; die aus dem Reichstage zu ernennenden Mitglieder der
Kommission werden -- entsprechend der Legislatur-Periode des
Reichstages -- auf drei Jahre gewählt 3).

Wie sich aus der Zusammensetzung der Kommission bereits
entnehmen läßt, ist dieselbe völlig unabhängig und selbstständig
und keiner Reichsbehörde in irgend einer Beziehung untergeordnet.
Nur dem Bundesrath und dem Reichstage gegenüber hat die
Kommission amtliche Pflichten und Verantwortlichkeit 4). Für die
Beschlüsse der Kommission gilt deshalb auch das Collegialsystem,
d. h. Beschlußfassung nach Stimmen-Mehrheit; zur Beschlußfähig-
keit ist die Anwesenheit von wenigstens 5 Mitgliedern erforderlich;
den Vorsitz führt der Vorsitzende des Bundesraths-Ausschusses
für Rechnungswesen oder bei dessen Behinderung ein anderes,
dem Bundesrathe angehöriges Mitglied der Kommission 5).

Der Reichs-Schuldenkommission liegt ob die Aufsicht:

1) über die Reichs-Schulden-Verwaltung 6)


Es sind jedoch später noch mehrere andere hinzugefügt worden. Protokoll des
Bundesr. 1874 §. 467. 495.
1) Vgl. das Preuß. Gesetz vom 24. Februar 1850 §. 1.
2) Ges. vom 19. Juni 1868 §. 4.
3) Ges. vom 19. Juni 1868 §. 5. Bgl. Preuß. Gesetz vom 24. Februar
1850 §. 11.
4) Ges. vom 19. Juni 1868 §. 7 verglichen mit dem Preuß. Gesetz vom
24. Februar 1850 §. 1.
5) Ges. vom 19. Juni 1868 §. 6.
6) Ges. vom 19. Juni 1868 §. 1 u. 4 vergl. mit dem Preuß. Gesetz vom
24. Febr. 1850 §. 1 Abs. 2 u. §. 14.
§. 35. Die ſelbſtſtändigen Reichs-Finanzbehörden.
III. Die Reichsſchuldenkommiſſion.

Auch dieſe Behörde iſt eine vollkommene Nachbildung der
Preußiſchen Staats-Schulden-Kommiſſion 1). In den Behörden-
Organismus des Reiches iſt ſie eingeführt worden durch das Ge-
ſetz vom 19. Juni 1868. Sie beſteht aus drei Mitgliedern des
Bundesrathes und zwar aus dem jedesmaligen Vorſitzenden und
zwei Mitgliedern des Ausſchuſſes für das Rechnungsweſen, aus
drei Mitgliedern des Reichstages und aus dem Chefpräſidenten
des Rechnungshofes 2). Der Bundesrath wählt die von ihm zu
deputirenden Mitglieder von Seſſion zu Seſſion, was darauf beruht,
daß die Ausſchüſſe des Bundesrathes für jede Seſſion neu gebildet
werden; die aus dem Reichstage zu ernennenden Mitglieder der
Kommiſſion werden — entſprechend der Legislatur-Periode des
Reichstages — auf drei Jahre gewählt 3).

Wie ſich aus der Zuſammenſetzung der Kommiſſion bereits
entnehmen läßt, iſt dieſelbe völlig unabhängig und ſelbſtſtändig
und keiner Reichsbehörde in irgend einer Beziehung untergeordnet.
Nur dem Bundesrath und dem Reichstage gegenüber hat die
Kommiſſion amtliche Pflichten und Verantwortlichkeit 4). Für die
Beſchlüſſe der Kommiſſion gilt deshalb auch das Collegialſyſtem,
d. h. Beſchlußfaſſung nach Stimmen-Mehrheit; zur Beſchlußfähig-
keit iſt die Anweſenheit von wenigſtens 5 Mitgliedern erforderlich;
den Vorſitz führt der Vorſitzende des Bundesraths-Ausſchuſſes
für Rechnungsweſen oder bei deſſen Behinderung ein anderes,
dem Bundesrathe angehöriges Mitglied der Kommiſſion 5).

Der Reichs-Schuldenkommiſſion liegt ob die Aufſicht:

1) über die Reichs-Schulden-Verwaltung 6)


Es ſind jedoch ſpäter noch mehrere andere hinzugefügt worden. Protokoll des
Bundesr. 1874 §. 467. 495.
1) Vgl. das Preuß. Geſetz vom 24. Februar 1850 §. 1.
2) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 4.
3) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 5. Bgl. Preuß. Geſetz vom 24. Februar
1850 §. 11.
4) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 7 verglichen mit dem Preuß. Geſetz vom
24. Februar 1850 §. 1.
5) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 6.
6) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 1 u. 4 vergl. mit dem Preuß. Geſetz vom
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[354/0374] §. 35. Die ſelbſtſtändigen Reichs-Finanzbehörden. III. Die Reichsſchuldenkommiſſion. Auch dieſe Behörde iſt eine vollkommene Nachbildung der Preußiſchen Staats-Schulden-Kommiſſion 1). In den Behörden- Organismus des Reiches iſt ſie eingeführt worden durch das Ge- ſetz vom 19. Juni 1868. Sie beſteht aus drei Mitgliedern des Bundesrathes und zwar aus dem jedesmaligen Vorſitzenden und zwei Mitgliedern des Ausſchuſſes für das Rechnungsweſen, aus drei Mitgliedern des Reichstages und aus dem Chefpräſidenten des Rechnungshofes 2). Der Bundesrath wählt die von ihm zu deputirenden Mitglieder von Seſſion zu Seſſion, was darauf beruht, daß die Ausſchüſſe des Bundesrathes für jede Seſſion neu gebildet werden; die aus dem Reichstage zu ernennenden Mitglieder der Kommiſſion werden — entſprechend der Legislatur-Periode des Reichstages — auf drei Jahre gewählt 3). Wie ſich aus der Zuſammenſetzung der Kommiſſion bereits entnehmen läßt, iſt dieſelbe völlig unabhängig und ſelbſtſtändig und keiner Reichsbehörde in irgend einer Beziehung untergeordnet. Nur dem Bundesrath und dem Reichstage gegenüber hat die Kommiſſion amtliche Pflichten und Verantwortlichkeit 4). Für die Beſchlüſſe der Kommiſſion gilt deshalb auch das Collegialſyſtem, d. h. Beſchlußfaſſung nach Stimmen-Mehrheit; zur Beſchlußfähig- keit iſt die Anweſenheit von wenigſtens 5 Mitgliedern erforderlich; den Vorſitz führt der Vorſitzende des Bundesraths-Ausſchuſſes für Rechnungsweſen oder bei deſſen Behinderung ein anderes, dem Bundesrathe angehöriges Mitglied der Kommiſſion 5). Der Reichs-Schuldenkommiſſion liegt ob die Aufſicht: 1) über die Reichs-Schulden-Verwaltung 6) 6) 1) Vgl. das Preuß. Geſetz vom 24. Februar 1850 §. 1. 2) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 4. 3) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 5. Bgl. Preuß. Geſetz vom 24. Februar 1850 §. 11. 4) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 7 verglichen mit dem Preuß. Geſetz vom 24. Februar 1850 §. 1. 5) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 6. 6) Geſ. vom 19. Juni 1868 §. 1 u. 4 vergl. mit dem Preuß. Geſetz vom 24. Febr. 1850 §. 1 Abſ. 2 u. §. 14. 6) Es ſind jedoch ſpäter noch mehrere andere hinzugefügt worden. Protokoll des Bundesr. 1874 §. 467. 495.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/374>, abgerufen am 29.03.2024.