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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 23. Die räumliche Begränzung der Kompetenz der Behörden.
der Gebietshoheit der Bundesglieder an ihren Staatsgebieten
an der Kompetenz der Behörden 1).

I. Soweit die eigene Verwaltung des Reiches
sich erstreckt, giebt es innerhalb des Bundesgebiets
keine Gränzen
. Es tritt dies nicht sowohl dort hervor, wo
das ganze Bundesgebiet resp. das ganze, nicht kraft besonderer
Reservatrechte eximirte Bundesgebiet überhaupt ein untheilba-
rer Bezirk ist, z. B. hinsichtlich des Kompetenzbereiches des
Oberhandelsgerichts, des Bundesamtes für das Heimathswesen,
des Eisenbahn-Amtes u. s. w., als grade bei den Verwaltungs-
Ressorts, bei denen das Bundesgebiet in Bezirke abgetheilt ist.
Für die Abgränzung dieser Bezirke sind die Gränzen der einzelnen
Staaten nicht vorhanden; sofern sie dennoch zusammenfallen, ist
dies die Folge von Zweckmäßigkeits-Erwägungen nicht von Rechts-
gründen. Das Reich kann mehrere Staatsgebiete und Gebietstheile
verschiedener Staaten zu einem Verwaltungsbezirk vereinigen und
in einem einzelnen Staate mehrere getrennte Verwaltungsbezirke
einrichten. Den umfassendsten Gebrauch hat das Reich von dieser
Befugniß gemacht bei der Abgränzung der Oberpostbezirke
und der Bezirke der Telegraphen-Direktionen, der
Bezirke der Disciplinar-Kammern, sowie der Armee-
Korps-Bezirke
. Die selbstständige Verwaltung Bayern's und
Württemberg's hinsichtlich des Post- und Telegraphenwesens und
die selbstständige Armeeverwaltung Bayern's, Sachsen's und
Württemberg's verleihen hier den Gebietsgrenzen dieser Staaten
eine Bedeutung, welche im Uebrigen den Staatsgrenzen völlig
ermangelt 2). Nur wird die Landeshoheit der Einzelstaaten in

1) Vollkommen analoge Grundsätze gelten von der Befugniß zum Erlaß
von Gesetzen und Verordnungen.
2) Beispiele für die Zusammenlegung von Gebietstheilen verschiedener
Staaten zu einem Oberpost-Bezirk enthält das Reichsgesetzblatt in großer
Zahl; z. B. die Allerh. Erlasse vom 25. Nov. 1868, 24. April 1869, 14. März
1871, 14. Nov. 1871, 5. März 1873, 4. Dez. 1873; nicht minder sind in
Preußen Oberpostbezirke vereinigt, in Sachsen und Baden die Staatsgebiete
unter zwei Oberpostdirektionen getheilt worden.
Hinsichtlich der Telegraphen-Verwaltung ist z. B. das Mecklenb.
Gebiet der Direktion in Hamburg, das Hohenzollernsche Gebiet der Direktion
in Carlsruhe unterstellt. Erl. vom 16. April 1870 und vom 19. Dez. 1871.
(R.-G.-Bl. 1870 S. 274. 1872 S. 1); Gebietstheile Preußens gehören zum
Bezirk der Direktion in Dresden u. s. w.

§. 23. Die räumliche Begränzung der Kompetenz der Behörden.
der Gebietshoheit der Bundesglieder an ihren Staatsgebieten
an der Kompetenz der Behörden 1).

I. Soweit die eigene Verwaltung des Reiches
ſich erſtreckt, giebt es innerhalb des Bundesgebiets
keine Gränzen
. Es tritt dies nicht ſowohl dort hervor, wo
das ganze Bundesgebiet reſp. das ganze, nicht kraft beſonderer
Reſervatrechte eximirte Bundesgebiet überhaupt ein untheilba-
rer Bezirk iſt, z. B. hinſichtlich des Kompetenzbereiches des
Oberhandelsgerichts, des Bundesamtes für das Heimathsweſen,
des Eiſenbahn-Amtes u. ſ. w., als grade bei den Verwaltungs-
Reſſorts, bei denen das Bundesgebiet in Bezirke abgetheilt iſt.
Für die Abgränzung dieſer Bezirke ſind die Gränzen der einzelnen
Staaten nicht vorhanden; ſofern ſie dennoch zuſammenfallen, iſt
dies die Folge von Zweckmäßigkeits-Erwägungen nicht von Rechts-
gründen. Das Reich kann mehrere Staatsgebiete und Gebietstheile
verſchiedener Staaten zu einem Verwaltungsbezirk vereinigen und
in einem einzelnen Staate mehrere getrennte Verwaltungsbezirke
einrichten. Den umfaſſendſten Gebrauch hat das Reich von dieſer
Befugniß gemacht bei der Abgränzung der Oberpoſtbezirke
und der Bezirke der Telegraphen-Direktionen, der
Bezirke der Disciplinar-Kammern, ſowie der Armee-
Korps-Bezirke
. Die ſelbſtſtändige Verwaltung Bayern’s und
Württemberg’s hinſichtlich des Poſt- und Telegraphenweſens und
die ſelbſtſtändige Armeeverwaltung Bayern’s, Sachſen’s und
Württemberg’s verleihen hier den Gebietsgrenzen dieſer Staaten
eine Bedeutung, welche im Uebrigen den Staatsgrenzen völlig
ermangelt 2). Nur wird die Landeshoheit der Einzelſtaaten in

1) Vollkommen analoge Grundſätze gelten von der Befugniß zum Erlaß
von Geſetzen und Verordnungen.
2) Beiſpiele für die Zuſammenlegung von Gebietstheilen verſchiedener
Staaten zu einem Oberpoſt-Bezirk enthält das Reichsgeſetzblatt in großer
Zahl; z. B. die Allerh. Erlaſſe vom 25. Nov. 1868, 24. April 1869, 14. März
1871, 14. Nov. 1871, 5. März 1873, 4. Dez. 1873; nicht minder ſind in
Preußen Oberpoſtbezirke vereinigt, in Sachſen und Baden die Staatsgebiete
unter zwei Oberpoſtdirektionen getheilt worden.
Hinſichtlich der Telegraphen-Verwaltung iſt z. B. das Mecklenb.
Gebiet der Direktion in Hamburg, das Hohenzollernſche Gebiet der Direktion
in Carlsruhe unterſtellt. Erl. vom 16. April 1870 und vom 19. Dez. 1871.
(R.-G.-Bl. 1870 S. 274. 1872 S. 1); Gebietstheile Preußens gehören zum
Bezirk der Direktion in Dresden u. ſ. w.
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[201/0221] §. 23. Die räumliche Begränzung der Kompetenz der Behörden. der Gebietshoheit der Bundesglieder an ihren Staatsgebieten an der Kompetenz der Behörden 1). I. Soweit die eigene Verwaltung des Reiches ſich erſtreckt, giebt es innerhalb des Bundesgebiets keine Gränzen. Es tritt dies nicht ſowohl dort hervor, wo das ganze Bundesgebiet reſp. das ganze, nicht kraft beſonderer Reſervatrechte eximirte Bundesgebiet überhaupt ein untheilba- rer Bezirk iſt, z. B. hinſichtlich des Kompetenzbereiches des Oberhandelsgerichts, des Bundesamtes für das Heimathsweſen, des Eiſenbahn-Amtes u. ſ. w., als grade bei den Verwaltungs- Reſſorts, bei denen das Bundesgebiet in Bezirke abgetheilt iſt. Für die Abgränzung dieſer Bezirke ſind die Gränzen der einzelnen Staaten nicht vorhanden; ſofern ſie dennoch zuſammenfallen, iſt dies die Folge von Zweckmäßigkeits-Erwägungen nicht von Rechts- gründen. Das Reich kann mehrere Staatsgebiete und Gebietstheile verſchiedener Staaten zu einem Verwaltungsbezirk vereinigen und in einem einzelnen Staate mehrere getrennte Verwaltungsbezirke einrichten. Den umfaſſendſten Gebrauch hat das Reich von dieſer Befugniß gemacht bei der Abgränzung der Oberpoſtbezirke und der Bezirke der Telegraphen-Direktionen, der Bezirke der Disciplinar-Kammern, ſowie der Armee- Korps-Bezirke. Die ſelbſtſtändige Verwaltung Bayern’s und Württemberg’s hinſichtlich des Poſt- und Telegraphenweſens und die ſelbſtſtändige Armeeverwaltung Bayern’s, Sachſen’s und Württemberg’s verleihen hier den Gebietsgrenzen dieſer Staaten eine Bedeutung, welche im Uebrigen den Staatsgrenzen völlig ermangelt 2). Nur wird die Landeshoheit der Einzelſtaaten in 1) Vollkommen analoge Grundſätze gelten von der Befugniß zum Erlaß von Geſetzen und Verordnungen. 2) Beiſpiele für die Zuſammenlegung von Gebietstheilen verſchiedener Staaten zu einem Oberpoſt-Bezirk enthält das Reichsgeſetzblatt in großer Zahl; z. B. die Allerh. Erlaſſe vom 25. Nov. 1868, 24. April 1869, 14. März 1871, 14. Nov. 1871, 5. März 1873, 4. Dez. 1873; nicht minder ſind in Preußen Oberpoſtbezirke vereinigt, in Sachſen und Baden die Staatsgebiete unter zwei Oberpoſtdirektionen getheilt worden. Hinſichtlich der Telegraphen-Verwaltung iſt z. B. das Mecklenb. Gebiet der Direktion in Hamburg, das Hohenzollernſche Gebiet der Direktion in Carlsruhe unterſtellt. Erl. vom 16. April 1870 und vom 19. Dez. 1871. (R.-G.-Bl. 1870 S. 274. 1872 S. 1); Gebietstheile Preußens gehören zum Bezirk der Direktion in Dresden u. ſ. w.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/221>, abgerufen am 19.04.2024.