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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.

Die erste Abtheilung, welche unmittelbar von dem
Staats-Sekretär geleitet wird, bearbeitet die Angelegenheiten der
höheren Politik, die kirchlichen Angelegenheiten, die Generalien,
Personalien, alle das Cäremoniell betreffenden Fragen, den Verkehr
mit den Gesandtschaften anderer Staaten, die Etats- und Kassen-
Sachen.

Die zweite Abtheilung, an deren Spitze ein Direktor
steht, bearbeitet die Angelegenheiten des Handels und Verkehrs,
das Konsulatswesen, die staatsrechtlichen und civilrechtlichen Ge-
schäfte, die Privatangelegenheiten der Deutschen im Auslande, die
Gegenstände, welche das Justiz-, Polizei- und Postwesen, die Aus-
wanderung, die Schiffs-Angelegenheiten, die Grenzsachen und
Ausgleichungen mit fremden Staaten betreffen 1).

Von dem auswärtigen Amte ressortiren:

1) Die Gesandtschaften des Deutschen Reiches
im Auslande
2). Dem Range nach zerfallen die Vorsteher der
diplomatischen Missionen in Botschafter, Gesandte, Minister-Resi-
denten und Geschäftsträger.

Wenn der Fall eintritt, daß auf Grund des Schlußprotok.
vom 23. November 1870 Z. VII (R.-G.-Bl. 1871 S. 24) die
Bayerischen Gesandten zur Vertretung der Reichsgesandten bevoll-
mächtigt werden, so sind sie verpflichtet, den vom Auswärtigen
Amte erhaltenen Instruktionen Folge zu leisten und demselben
für ihre amtliche Thätigkeit Rede zu stehen; den Charakter von
Reichsbeamten erhalten sie aber durch die Vertretungsvollmacht
nicht, da sie nicht eine Anstellung im Reichsdienste haben, sondern
nur interimistisch die Wahrnehmung von Geschäften des Reichs
übernehmen. Sie sind daher nicht der Disciplinar-Gewalt des
Reichs unterworfen und ihre Verantwortlichkeit kann nur durch
Vermittlung der Königl. Bayerischen Regierung geltend gemacht
werden.

2) Die Reichskonsulate 3). Die Organisation derselben,
sowie die Amtsrechte und Pflichten der Reichskonsuln sind ge-

1) Ich entnehme diese Aufzählung der Geschäfte, welche den beiden Ab-
theilungen obliegen, dem Handbuch für das Deutsche Reich 1874 S. 51.
2) Die Preußischen Gesandtschaften an den Deutschen Höfen sind dem
Preußischen Ministerium der Auswärtigen Angelegenheiten unterstellt.
3) Vgl. Reitz Das Deutsche Consularwesen im Dezemberheft 1871 der
§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.

Die erſte Abtheilung, welche unmittelbar von dem
Staats-Sekretär geleitet wird, bearbeitet die Angelegenheiten der
höheren Politik, die kirchlichen Angelegenheiten, die Generalien,
Perſonalien, alle das Cäremoniell betreffenden Fragen, den Verkehr
mit den Geſandtſchaften anderer Staaten, die Etats- und Kaſſen-
Sachen.

Die zweite Abtheilung, an deren Spitze ein Direktor
ſteht, bearbeitet die Angelegenheiten des Handels und Verkehrs,
das Konſulatsweſen, die ſtaatsrechtlichen und civilrechtlichen Ge-
ſchäfte, die Privatangelegenheiten der Deutſchen im Auslande, die
Gegenſtände, welche das Juſtiz-, Polizei- und Poſtweſen, die Aus-
wanderung, die Schiffs-Angelegenheiten, die Grenzſachen und
Ausgleichungen mit fremden Staaten betreffen 1).

Von dem auswärtigen Amte reſſortiren:

1) Die Geſandtſchaften des Deutſchen Reiches
im Auslande
2). Dem Range nach zerfallen die Vorſteher der
diplomatiſchen Miſſionen in Botſchafter, Geſandte, Miniſter-Reſi-
denten und Geſchäftsträger.

Wenn der Fall eintritt, daß auf Grund des Schlußprotok.
vom 23. November 1870 Z. VII (R.-G.-Bl. 1871 S. 24) die
Bayeriſchen Geſandten zur Vertretung der Reichsgeſandten bevoll-
mächtigt werden, ſo ſind ſie verpflichtet, den vom Auswärtigen
Amte erhaltenen Inſtruktionen Folge zu leiſten und demſelben
für ihre amtliche Thätigkeit Rede zu ſtehen; den Charakter von
Reichsbeamten erhalten ſie aber durch die Vertretungsvollmacht
nicht, da ſie nicht eine Anſtellung im Reichsdienſte haben, ſondern
nur interimiſtiſch die Wahrnehmung von Geſchäften des Reichs
übernehmen. Sie ſind daher nicht der Disciplinar-Gewalt des
Reichs unterworfen und ihre Verantwortlichkeit kann nur durch
Vermittlung der Königl. Bayeriſchen Regierung geltend gemacht
werden.

2) Die Reichskonſulate 3). Die Organiſation derſelben,
ſowie die Amtsrechte und Pflichten der Reichskonſuln ſind ge-

1) Ich entnehme dieſe Aufzählung der Geſchäfte, welche den beiden Ab-
theilungen obliegen, dem Handbuch für das Deutſche Reich 1874 S. 51.
2) Die Preußiſchen Geſandtſchaften an den Deutſchen Höfen ſind dem
Preußiſchen Miniſterium der Auswärtigen Angelegenheiten unterſtellt.
3) Vgl. Reitz Das Deutſche Conſularweſen im Dezemberheft 1871 der
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[331/0351] §. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden. Die erſte Abtheilung, welche unmittelbar von dem Staats-Sekretär geleitet wird, bearbeitet die Angelegenheiten der höheren Politik, die kirchlichen Angelegenheiten, die Generalien, Perſonalien, alle das Cäremoniell betreffenden Fragen, den Verkehr mit den Geſandtſchaften anderer Staaten, die Etats- und Kaſſen- Sachen. Die zweite Abtheilung, an deren Spitze ein Direktor ſteht, bearbeitet die Angelegenheiten des Handels und Verkehrs, das Konſulatsweſen, die ſtaatsrechtlichen und civilrechtlichen Ge- ſchäfte, die Privatangelegenheiten der Deutſchen im Auslande, die Gegenſtände, welche das Juſtiz-, Polizei- und Poſtweſen, die Aus- wanderung, die Schiffs-Angelegenheiten, die Grenzſachen und Ausgleichungen mit fremden Staaten betreffen 1). Von dem auswärtigen Amte reſſortiren: 1) Die Geſandtſchaften des Deutſchen Reiches im Auslande 2). Dem Range nach zerfallen die Vorſteher der diplomatiſchen Miſſionen in Botſchafter, Geſandte, Miniſter-Reſi- denten und Geſchäftsträger. Wenn der Fall eintritt, daß auf Grund des Schlußprotok. vom 23. November 1870 Z. VII (R.-G.-Bl. 1871 S. 24) die Bayeriſchen Geſandten zur Vertretung der Reichsgeſandten bevoll- mächtigt werden, ſo ſind ſie verpflichtet, den vom Auswärtigen Amte erhaltenen Inſtruktionen Folge zu leiſten und demſelben für ihre amtliche Thätigkeit Rede zu ſtehen; den Charakter von Reichsbeamten erhalten ſie aber durch die Vertretungsvollmacht nicht, da ſie nicht eine Anſtellung im Reichsdienſte haben, ſondern nur interimiſtiſch die Wahrnehmung von Geſchäften des Reichs übernehmen. Sie ſind daher nicht der Disciplinar-Gewalt des Reichs unterworfen und ihre Verantwortlichkeit kann nur durch Vermittlung der Königl. Bayeriſchen Regierung geltend gemacht werden. 2) Die Reichskonſulate 3). Die Organiſation derſelben, ſowie die Amtsrechte und Pflichten der Reichskonſuln ſind ge- 1) Ich entnehme dieſe Aufzählung der Geſchäfte, welche den beiden Ab- theilungen obliegen, dem Handbuch für das Deutſche Reich 1874 S. 51. 2) Die Preußiſchen Geſandtſchaften an den Deutſchen Höfen ſind dem Preußiſchen Miniſterium der Auswärtigen Angelegenheiten unterſtellt. 3) Vgl. Reitz Das Deutſche Conſularweſen im Dezemberheft 1871 der

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 331. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/351>, abgerufen am 28.03.2024.