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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zusam-
menhängenden Anstalten erforderliche Aufwand aus der Bundes-
kasse bestritten wird; sie stellte aber die Kriegsmarine nicht unter
den Oberbefehl und die Verwaltung des Präsidiums, sondern sie
enthielt die Anordnung, daß die Bundeskriegsmarine unter Preu-
ßischem
Oberbefehl steht und daß die Organisation und Zusam-
mensetzung derselben Seiner Majestät dem Könige von
Preußen
obliegt, welcher die Offiziere und Beamten der Marine
ernennt. In Folge dieser Verfassungs-Bestimmungen wurden seit
Gründung des Nordd. Bundes die für die Kriegs-Marine erforder-
lichen Ausgaben zwar in den Etat des Bundes aufgenommen; es
wurden aber weder für den Oberbefehl noch für die Verwaltung
der Marine Bundesbehörden errichtet, sondern die dafür bestehen-
den Preußischen Behörden blieben in Wirksamkeit. Für Preu-
ßen waren zur Zeit der Gründung des Nordd. Bundes in dieser
Beziehung die Anordnungen des Allerh. Erl. v. 16. April 1861 1)
und des vom Könige vollzogenen Regulatives v. 30. April 1861 2)
maaßgebend. Nach dem Erl. v. 16. April 1861 bestanden für die
Marine-Angelegenheiten zwei gesonderte Behörden, die eine für
den Oberbefehl, unter der Bezeichnung: Oberkommando der
Marine
, die andere für die Verwaltung unter dem Namen:
Marine-Ministerium. Das erwähnte Regulativ ordnete das
gegenseitige Verhältniß der beiden Behörden. Der Oberbefehls-
haber der Marine hatte dieselbe Stellung wie ein kommandirender
General; er stand unter dem unmittelbaren Befehl des Königs;
er war zugleich General-Inspekteur der Marine; ihm waren unter
eigener Verantwortlichkeit alle im activen Dienste befindlichen ma-
ritimen Streitkräfte direct untergeordnet; er hatte dem Marine-
Minister gegenüber dieselbe Stellung wie ein kommandirender
General dem Kriegsministerium gegenüber. Der Marine-Minister
war der Chef der Marine-Verwaltung und hatte als solcher die-
selben Pflichten und Rechte, welche dem Kriegsminister als Chef
der Armee-Verwaltung überwiesen sind. Einige Anstalten ressor-

1) Preuß. Ges. S. 1861 S. 205.
2) Preuß. Min.-Bl. d. inneren Verw. 1861 S. 153. Die Darstellung
bei v. Rönne Pr. Staatsr. II. 1 S. 144 und die Mittheilung in Hirth's
Annalen 1870 S. 188 fg. sind im Wesentlichen Auszüge aus diesem Re-
gulativ.

§. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden.
Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zuſam-
menhängenden Anſtalten erforderliche Aufwand aus der Bundes-
kaſſe beſtritten wird; ſie ſtellte aber die Kriegsmarine nicht unter
den Oberbefehl und die Verwaltung des Präſidiums, ſondern ſie
enthielt die Anordnung, daß die Bundeskriegsmarine unter Preu-
ßiſchem
Oberbefehl ſteht und daß die Organiſation und Zuſam-
menſetzung derſelben Seiner Majeſtät dem Könige von
Preußen
obliegt, welcher die Offiziere und Beamten der Marine
ernennt. In Folge dieſer Verfaſſungs-Beſtimmungen wurden ſeit
Gründung des Nordd. Bundes die für die Kriegs-Marine erforder-
lichen Ausgaben zwar in den Etat des Bundes aufgenommen; es
wurden aber weder für den Oberbefehl noch für die Verwaltung
der Marine Bundesbehörden errichtet, ſondern die dafür beſtehen-
den Preußiſchen Behörden blieben in Wirkſamkeit. Für Preu-
ßen waren zur Zeit der Gründung des Nordd. Bundes in dieſer
Beziehung die Anordnungen des Allerh. Erl. v. 16. April 1861 1)
und des vom Könige vollzogenen Regulatives v. 30. April 1861 2)
maaßgebend. Nach dem Erl. v. 16. April 1861 beſtanden für die
Marine-Angelegenheiten zwei geſonderte Behörden, die eine für
den Oberbefehl, unter der Bezeichnung: Oberkommando der
Marine
, die andere für die Verwaltung unter dem Namen:
Marine-Miniſterium. Das erwähnte Regulativ ordnete das
gegenſeitige Verhältniß der beiden Behörden. Der Oberbefehls-
haber der Marine hatte dieſelbe Stellung wie ein kommandirender
General; er ſtand unter dem unmittelbaren Befehl des Königs;
er war zugleich General-Inſpekteur der Marine; ihm waren unter
eigener Verantwortlichkeit alle im activen Dienſte befindlichen ma-
ritimen Streitkräfte direct untergeordnet; er hatte dem Marine-
Miniſter gegenüber dieſelbe Stellung wie ein kommandirender
General dem Kriegsminiſterium gegenüber. Der Marine-Miniſter
war der Chef der Marine-Verwaltung und hatte als ſolcher die-
ſelben Pflichten und Rechte, welche dem Kriegsminiſter als Chef
der Armee-Verwaltung überwieſen ſind. Einige Anſtalten reſſor-

1) Preuß. Geſ. S. 1861 S. 205.
2) Preuß. Min.-Bl. d. inneren Verw. 1861 S. 153. Die Darſtellung
bei v. Rönne Pr. Staatsr. II. 1 S. 144 und die Mittheilung in Hirth’s
Annalen 1870 S. 188 fg. ſind im Weſentlichen Auszüge aus dieſem Re-
gulativ.
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[334/0354] §. 34. Die Reichs-Verwaltungsbehörden. Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zuſam- menhängenden Anſtalten erforderliche Aufwand aus der Bundes- kaſſe beſtritten wird; ſie ſtellte aber die Kriegsmarine nicht unter den Oberbefehl und die Verwaltung des Präſidiums, ſondern ſie enthielt die Anordnung, daß die Bundeskriegsmarine unter Preu- ßiſchem Oberbefehl ſteht und daß die Organiſation und Zuſam- menſetzung derſelben Seiner Majeſtät dem Könige von Preußen obliegt, welcher die Offiziere und Beamten der Marine ernennt. In Folge dieſer Verfaſſungs-Beſtimmungen wurden ſeit Gründung des Nordd. Bundes die für die Kriegs-Marine erforder- lichen Ausgaben zwar in den Etat des Bundes aufgenommen; es wurden aber weder für den Oberbefehl noch für die Verwaltung der Marine Bundesbehörden errichtet, ſondern die dafür beſtehen- den Preußiſchen Behörden blieben in Wirkſamkeit. Für Preu- ßen waren zur Zeit der Gründung des Nordd. Bundes in dieſer Beziehung die Anordnungen des Allerh. Erl. v. 16. April 1861 1) und des vom Könige vollzogenen Regulatives v. 30. April 1861 2) maaßgebend. Nach dem Erl. v. 16. April 1861 beſtanden für die Marine-Angelegenheiten zwei geſonderte Behörden, die eine für den Oberbefehl, unter der Bezeichnung: Oberkommando der Marine, die andere für die Verwaltung unter dem Namen: Marine-Miniſterium. Das erwähnte Regulativ ordnete das gegenſeitige Verhältniß der beiden Behörden. Der Oberbefehls- haber der Marine hatte dieſelbe Stellung wie ein kommandirender General; er ſtand unter dem unmittelbaren Befehl des Königs; er war zugleich General-Inſpekteur der Marine; ihm waren unter eigener Verantwortlichkeit alle im activen Dienſte befindlichen ma- ritimen Streitkräfte direct untergeordnet; er hatte dem Marine- Miniſter gegenüber dieſelbe Stellung wie ein kommandirender General dem Kriegsminiſterium gegenüber. Der Marine-Miniſter war der Chef der Marine-Verwaltung und hatte als ſolcher die- ſelben Pflichten und Rechte, welche dem Kriegsminiſter als Chef der Armee-Verwaltung überwieſen ſind. Einige Anſtalten reſſor- 1) Preuß. Geſ. S. 1861 S. 205. 2) Preuß. Min.-Bl. d. inneren Verw. 1861 S. 153. Die Darſtellung bei v. Rönne Pr. Staatsr. II. 1 S. 144 und die Mittheilung in Hirth’s Annalen 1870 S. 188 fg. ſind im Weſentlichen Auszüge aus dieſem Re- gulativ.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/354>, abgerufen am 25.04.2024.