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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 34. Der Reichs-Verwaltungsbehörden.
Reichs-Eisenbahn-Amtes zum Bundesrath ist dasselbe, welches
zwischen anderen Verwaltungsbehörden des Reiches, z. B. dem
Generalpostamt, und dem Bundesamt besteht. An der dem Bun-
desrath nach Art. 7 der Reichs-Verfassung zustehenden Kompetenz,
allgemeine Anordnungen zu erlassen, ist durch die Errichtung des
Reichs-Eisenbahn-Amtes Nichts geändert worden; das Reichs-Eisen-
bahn-Amt verwaltet vielmehr als selbstständige Behörde nur solche
Geschäfte, welche, falls das Reichs-Eisenbahn-Amt nicht existiren
würde, der Central-Abtheilung des Reichskanzler-Amtes kraft ihres
universellen und subsidiären Geschäftsauftrages obliegen würden.

In Folge des im Art. 46 Abs. 2 der Reichs-Verfassung be-
gründeten Sonderrechts Bayern's ergiebt sich, daß die Thätigkeit
des Reichs-Eisenbahn-Amtes Bayern gegenüber im Wesentlichen aus-
geschlossen ist. Nur soweit die Art. 41. 46 Abs. 3 und 47 der
Reichs-Verfassung Veranlassung zu einem Einschreiten des Reichs-
Eisenbahn-Amtes oder zu einer Vorbereitung oder Begutachtung
von Gesetz-Entwürfen geben sollten, würde die Kompetenz des
Reichs-Eisenbahn-Amtes auch auf Bayern sich erstrecken.

Da die im Art. 41 und 46 Abs. 3 erwähnten Befugnisse des
Reiches nur im Wege der Gesetzgebung ausgeübt werden können,
so erstreckt sich die Verwaltungscompetenz (Oberaufsicht) des Reiches
nur auf folgende Punkte: Aufstellung einheitlicher Normen für
die Anlage und Ausrüstung im Interesse des Verkehrs und der
Sicherheit, Erlaß eines Bau-Reglements, Betriebs-Reglements,
Bahnpolizei-Reglements (Art. 42. 43); Controle der Fahrpläne
für den Personen- und Güterverkehr (Art. 44); das Tarifwesen
(Art. 45. 46); Leistungen für militärische Zwecke. (Art. 47) 1).
In allen diesen Beziehungen können allgemeine Verordnungen
nur vom Bundesrathe erlassen werden; dem Reichs-Eisenbahn-Amt
aber liegt es ob, die allgemeine, dem Reiche nach Art. 4 der
Reichs-Verfassung zustehende Aufsicht über das Eisenbahn-Wesen
wahrzunehmen und auf Abstellung der hervortretenden Mängel und
Mißstände hinzuwirken, sodann aber namentlich: "für die Aus-
führung
der in der Reichsverfassung enthaltenen Bestimmungen,

1) Nach dem "vorläufigen Entwurf eines Eisenbahn-Gesetzes" vom April
1875 Art. 2 u. 3 soll die gesammte unmittelbare Aufsicht über das Ei-
senbahnwesen dem Reiche übertragen werden und den Landesregierungen nur
ein engbegränzter Kreis einzelner Befugnisse überlassen bleiben.

§. 34. Der Reichs-Verwaltungsbehörden.
Reichs-Eiſenbahn-Amtes zum Bundesrath iſt daſſelbe, welches
zwiſchen anderen Verwaltungsbehörden des Reiches, z. B. dem
Generalpoſtamt, und dem Bundesamt beſteht. An der dem Bun-
desrath nach Art. 7 der Reichs-Verfaſſung zuſtehenden Kompetenz,
allgemeine Anordnungen zu erlaſſen, iſt durch die Errichtung des
Reichs-Eiſenbahn-Amtes Nichts geändert worden; das Reichs-Eiſen-
bahn-Amt verwaltet vielmehr als ſelbſtſtändige Behörde nur ſolche
Geſchäfte, welche, falls das Reichs-Eiſenbahn-Amt nicht exiſtiren
würde, der Central-Abtheilung des Reichskanzler-Amtes kraft ihres
univerſellen und ſubſidiären Geſchäftsauftrages obliegen würden.

In Folge des im Art. 46 Abſ. 2 der Reichs-Verfaſſung be-
gründeten Sonderrechts Bayern’s ergiebt ſich, daß die Thätigkeit
des Reichs-Eiſenbahn-Amtes Bayern gegenüber im Weſentlichen aus-
geſchloſſen iſt. Nur ſoweit die Art. 41. 46 Abſ. 3 und 47 der
Reichs-Verfaſſung Veranlaſſung zu einem Einſchreiten des Reichs-
Eiſenbahn-Amtes oder zu einer Vorbereitung oder Begutachtung
von Geſetz-Entwürfen geben ſollten, würde die Kompetenz des
Reichs-Eiſenbahn-Amtes auch auf Bayern ſich erſtrecken.

Da die im Art. 41 und 46 Abſ. 3 erwähnten Befugniſſe des
Reiches nur im Wege der Geſetzgebung ausgeübt werden können,
ſo erſtreckt ſich die Verwaltungscompetenz (Oberaufſicht) des Reiches
nur auf folgende Punkte: Aufſtellung einheitlicher Normen für
die Anlage und Ausrüſtung im Intereſſe des Verkehrs und der
Sicherheit, Erlaß eines Bau-Reglements, Betriebs-Reglements,
Bahnpolizei-Reglements (Art. 42. 43); Controle der Fahrpläne
für den Perſonen- und Güterverkehr (Art. 44); das Tarifweſen
(Art. 45. 46); Leiſtungen für militäriſche Zwecke. (Art. 47) 1).
In allen dieſen Beziehungen können allgemeine Verordnungen
nur vom Bundesrathe erlaſſen werden; dem Reichs-Eiſenbahn-Amt
aber liegt es ob, die allgemeine, dem Reiche nach Art. 4 der
Reichs-Verfaſſung zuſtehende Aufſicht über das Eiſenbahn-Weſen
wahrzunehmen und auf Abſtellung der hervortretenden Mängel und
Mißſtände hinzuwirken, ſodann aber namentlich: „für die Aus-
führung
der in der Reichsverfaſſung enthaltenen Beſtimmungen,

1) Nach dem „vorläufigen Entwurf eines Eiſenbahn-Geſetzes“ vom April
1875 Art. 2 u. 3 ſoll die geſammte unmittelbare Aufſicht über das Ei-
ſenbahnweſen dem Reiche übertragen werden und den Landesregierungen nur
ein engbegränzter Kreis einzelner Befugniſſe überlaſſen bleiben.
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[342/0362] §. 34. Der Reichs-Verwaltungsbehörden. Reichs-Eiſenbahn-Amtes zum Bundesrath iſt daſſelbe, welches zwiſchen anderen Verwaltungsbehörden des Reiches, z. B. dem Generalpoſtamt, und dem Bundesamt beſteht. An der dem Bun- desrath nach Art. 7 der Reichs-Verfaſſung zuſtehenden Kompetenz, allgemeine Anordnungen zu erlaſſen, iſt durch die Errichtung des Reichs-Eiſenbahn-Amtes Nichts geändert worden; das Reichs-Eiſen- bahn-Amt verwaltet vielmehr als ſelbſtſtändige Behörde nur ſolche Geſchäfte, welche, falls das Reichs-Eiſenbahn-Amt nicht exiſtiren würde, der Central-Abtheilung des Reichskanzler-Amtes kraft ihres univerſellen und ſubſidiären Geſchäftsauftrages obliegen würden. In Folge des im Art. 46 Abſ. 2 der Reichs-Verfaſſung be- gründeten Sonderrechts Bayern’s ergiebt ſich, daß die Thätigkeit des Reichs-Eiſenbahn-Amtes Bayern gegenüber im Weſentlichen aus- geſchloſſen iſt. Nur ſoweit die Art. 41. 46 Abſ. 3 und 47 der Reichs-Verfaſſung Veranlaſſung zu einem Einſchreiten des Reichs- Eiſenbahn-Amtes oder zu einer Vorbereitung oder Begutachtung von Geſetz-Entwürfen geben ſollten, würde die Kompetenz des Reichs-Eiſenbahn-Amtes auch auf Bayern ſich erſtrecken. Da die im Art. 41 und 46 Abſ. 3 erwähnten Befugniſſe des Reiches nur im Wege der Geſetzgebung ausgeübt werden können, ſo erſtreckt ſich die Verwaltungscompetenz (Oberaufſicht) des Reiches nur auf folgende Punkte: Aufſtellung einheitlicher Normen für die Anlage und Ausrüſtung im Intereſſe des Verkehrs und der Sicherheit, Erlaß eines Bau-Reglements, Betriebs-Reglements, Bahnpolizei-Reglements (Art. 42. 43); Controle der Fahrpläne für den Perſonen- und Güterverkehr (Art. 44); das Tarifweſen (Art. 45. 46); Leiſtungen für militäriſche Zwecke. (Art. 47) 1). In allen dieſen Beziehungen können allgemeine Verordnungen nur vom Bundesrathe erlaſſen werden; dem Reichs-Eiſenbahn-Amt aber liegt es ob, die allgemeine, dem Reiche nach Art. 4 der Reichs-Verfaſſung zuſtehende Aufſicht über das Eiſenbahn-Weſen wahrzunehmen und auf Abſtellung der hervortretenden Mängel und Mißſtände hinzuwirken, ſodann aber namentlich: „für die Aus- führung der in der Reichsverfaſſung enthaltenen Beſtimmungen, 1) Nach dem „vorläufigen Entwurf eines Eiſenbahn-Geſetzes“ vom April 1875 Art. 2 u. 3 ſoll die geſammte unmittelbare Aufſicht über das Ei- ſenbahnweſen dem Reiche übertragen werden und den Landesregierungen nur ein engbegränzter Kreis einzelner Befugniſſe überlaſſen bleiben.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/362>, abgerufen am 25.04.2024.