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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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auf andere rechtliche Verhältnisse.

Hinsichtlich des Gerichtsstandes derjenigen Reichs-
beamten, deren dienstlicher Wohnsitz sich im Auslande befindet,
hat das Reichs-Beamtengesetz §. 21 1) folgende Anordnungen ge-
troffen:

Sie behalten den ordentlichen persönlichen Gerichtsstand,
welchen sie in ihrem Heimathsstaate hatten 2). In Ermange-
lung eines solchen Gerichtsstandes ist ihr ordentlicher persönlicher
Gerichtsstand in der Hauptstadt des Heimathsstaates begründet 3).
Hat der Reichsbeamte keinen Heimathsstaat d. h. mangelt ihm die
Reichsangehörigkeit, so ist sein Gerichtsstand vor dem Stadtgericht
zu Berlin begründet. Ausgenommen von diesen Bestimmungen
sind die Wahlkonsuln, welche an dem Orte ihres Wohnsitzes
ihren ordentlichen Gerichtsstand haben. Befindet sich der dienstliche
Wohnsitz des Reichsbeamten in einem Lande, in welchem Reichs-
Konsular-Gerichtsbarkeit besteht, so kann der Beamte zugleich dieser
Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des Gesetzes vom 8. Nov. 1867
unterliegen 4).

In Betreff der Militärbeamten sind die Vorschriften
der Landesgesetze durch die im Reichsmilitärgesetz v. 2. Mai 1874
§. 39 ff. getroffenen Anordnungen theils aufgehoben theils aus-
drücklich in Kraft erhalten z. B. in den §§. 45. 46. 48.

Hinsichtlich des Eheconsenses ist im §. 40 des citirten
Gesetzes angeordnet, daß die Militärpersonen des Friedensstandes
zu ihrer Verheirathung der Genehmigung ihrer Vorgesetzten be-
dürfen; im Reichsgesetz über die Eheschließung v. 6. Febr. 1875

1) Wiederholt im Entw. der Civilprozeß-Ordn. §. 16.
2) Wenn demnach Jemand in den diplomatischen Dienst des Reiches ein-
tritt, und sogleich im Auslande verwendet wird, so behält er, wie lange er
auch außerhalb des Reiches seinen dienstlichen Wohnsitz hat, immer denjenigen
Gerichtsstand bei, welchen er in seinem Heimathsstaat vor seinem Eintritt in
den Reichsdienst hatte. Ein Gerichtsstand in Berlin wird für ihn nicht da-
durch begründet.
3) Diese Bestimmung kann zu sonderbaren Consequenzen führen. Ein
Sachse, welcher seinen Wohnsitz in Hamburg oder Stettin seit langer Zeit ge-
habt hat, wird als Berufskonsul in das Ausland geschickt. Sein Heimaths-
staat ist Sachsen, seinen ordentlichen persönlichen Gerichtsstand hatte er dem-
nach nicht in seinem Heimathsstaat; mithin wird für ihn durch seine Ueber-
siedlung in den ausländischen Wohnort sein bisheriger Gerichtsstand von Ham-
burg oder Stettin nach Dresden übertragen!
4) R.-G. §. 22.
Laband, Reichsstaatsrecht. I. 32
auf andere rechtliche Verhältniſſe.

Hinſichtlich des Gerichtsſtandes derjenigen Reichs-
beamten, deren dienſtlicher Wohnſitz ſich im Auslande befindet,
hat das Reichs-Beamtengeſetz §. 21 1) folgende Anordnungen ge-
troffen:

Sie behalten den ordentlichen perſönlichen Gerichtsſtand,
welchen ſie in ihrem Heimathsſtaate hatten 2). In Ermange-
lung eines ſolchen Gerichtsſtandes iſt ihr ordentlicher perſönlicher
Gerichtsſtand in der Hauptſtadt des Heimathsſtaates begründet 3).
Hat der Reichsbeamte keinen Heimathsſtaat d. h. mangelt ihm die
Reichsangehörigkeit, ſo iſt ſein Gerichtsſtand vor dem Stadtgericht
zu Berlin begründet. Ausgenommen von dieſen Beſtimmungen
ſind die Wahlkonſuln, welche an dem Orte ihres Wohnſitzes
ihren ordentlichen Gerichtsſtand haben. Befindet ſich der dienſtliche
Wohnſitz des Reichsbeamten in einem Lande, in welchem Reichs-
Konſular-Gerichtsbarkeit beſteht, ſo kann der Beamte zugleich dieſer
Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des Geſetzes vom 8. Nov. 1867
unterliegen 4).

In Betreff der Militärbeamten ſind die Vorſchriften
der Landesgeſetze durch die im Reichsmilitärgeſetz v. 2. Mai 1874
§. 39 ff. getroffenen Anordnungen theils aufgehoben theils aus-
drücklich in Kraft erhalten z. B. in den §§. 45. 46. 48.

Hinſichtlich des Eheconſenſes iſt im §. 40 des citirten
Geſetzes angeordnet, daß die Militärperſonen des Friedensſtandes
zu ihrer Verheirathung der Genehmigung ihrer Vorgeſetzten be-
dürfen; im Reichsgeſetz über die Eheſchließung v. 6. Febr. 1875

1) Wiederholt im Entw. der Civilprozeß-Ordn. §. 16.
2) Wenn demnach Jemand in den diplomatiſchen Dienſt des Reiches ein-
tritt, und ſogleich im Auslande verwendet wird, ſo behält er, wie lange er
auch außerhalb des Reiches ſeinen dienſtlichen Wohnſitz hat, immer denjenigen
Gerichtsſtand bei, welchen er in ſeinem Heimathsſtaat vor ſeinem Eintritt in
den Reichsdienſt hatte. Ein Gerichtsſtand in Berlin wird für ihn nicht da-
durch begründet.
3) Dieſe Beſtimmung kann zu ſonderbaren Conſequenzen führen. Ein
Sachſe, welcher ſeinen Wohnſitz in Hamburg oder Stettin ſeit langer Zeit ge-
habt hat, wird als Berufskonſul in das Ausland geſchickt. Sein Heimaths-
ſtaat iſt Sachſen, ſeinen ordentlichen perſönlichen Gerichtsſtand hatte er dem-
nach nicht in ſeinem Heimathsſtaat; mithin wird für ihn durch ſeine Ueber-
ſiedlung in den ausländiſchen Wohnort ſein bisheriger Gerichtsſtand von Ham-
burg oder Stettin nach Dresden übertragen!
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Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 32
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[497/0517] auf andere rechtliche Verhältniſſe. Hinſichtlich des Gerichtsſtandes derjenigen Reichs- beamten, deren dienſtlicher Wohnſitz ſich im Auslande befindet, hat das Reichs-Beamtengeſetz §. 21 1) folgende Anordnungen ge- troffen: Sie behalten den ordentlichen perſönlichen Gerichtsſtand, welchen ſie in ihrem Heimathsſtaate hatten 2). In Ermange- lung eines ſolchen Gerichtsſtandes iſt ihr ordentlicher perſönlicher Gerichtsſtand in der Hauptſtadt des Heimathsſtaates begründet 3). Hat der Reichsbeamte keinen Heimathsſtaat d. h. mangelt ihm die Reichsangehörigkeit, ſo iſt ſein Gerichtsſtand vor dem Stadtgericht zu Berlin begründet. Ausgenommen von dieſen Beſtimmungen ſind die Wahlkonſuln, welche an dem Orte ihres Wohnſitzes ihren ordentlichen Gerichtsſtand haben. Befindet ſich der dienſtliche Wohnſitz des Reichsbeamten in einem Lande, in welchem Reichs- Konſular-Gerichtsbarkeit beſteht, ſo kann der Beamte zugleich dieſer Gerichtsbarkeit nach Maßgabe des Geſetzes vom 8. Nov. 1867 unterliegen 4). In Betreff der Militärbeamten ſind die Vorſchriften der Landesgeſetze durch die im Reichsmilitärgeſetz v. 2. Mai 1874 §. 39 ff. getroffenen Anordnungen theils aufgehoben theils aus- drücklich in Kraft erhalten z. B. in den §§. 45. 46. 48. Hinſichtlich des Eheconſenſes iſt im §. 40 des citirten Geſetzes angeordnet, daß die Militärperſonen des Friedensſtandes zu ihrer Verheirathung der Genehmigung ihrer Vorgeſetzten be- dürfen; im Reichsgeſetz über die Eheſchließung v. 6. Febr. 1875 1) Wiederholt im Entw. der Civilprozeß-Ordn. §. 16. 2) Wenn demnach Jemand in den diplomatiſchen Dienſt des Reiches ein- tritt, und ſogleich im Auslande verwendet wird, ſo behält er, wie lange er auch außerhalb des Reiches ſeinen dienſtlichen Wohnſitz hat, immer denjenigen Gerichtsſtand bei, welchen er in ſeinem Heimathsſtaat vor ſeinem Eintritt in den Reichsdienſt hatte. Ein Gerichtsſtand in Berlin wird für ihn nicht da- durch begründet. 3) Dieſe Beſtimmung kann zu ſonderbaren Conſequenzen führen. Ein Sachſe, welcher ſeinen Wohnſitz in Hamburg oder Stettin ſeit langer Zeit ge- habt hat, wird als Berufskonſul in das Ausland geſchickt. Sein Heimaths- ſtaat iſt Sachſen, ſeinen ordentlichen perſönlichen Gerichtsſtand hatte er dem- nach nicht in ſeinem Heimathsſtaat; mithin wird für ihn durch ſeine Ueber- ſiedlung in den ausländiſchen Wohnort ſein bisheriger Gerichtsſtand von Ham- burg oder Stettin nach Dresden übertragen! 4) R.-G. §. 22. Laband, Reichsſtaatsrecht. I. 32

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 497. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/517>, abgerufen am 19.04.2024.