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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876.

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§. 6. Die Erwerbung von Elsaß-Lothringen.
Art. 4 Nr. 13 wurde abgeändert durch Ges. v. 20. Dezember
1873 (R.-G.-Bl. S. 379)

abgesehen von der Erweiterung des Reichsgebietes durch die Er-
werbung von Elsaß-Lothringen, welche noch einer besonderen Er-
örterung bedarf.

§. 6. Die Erwerbung von Elsaß-Lothringen.

I. Der völkerrechtliche Titel für die Zugehörigkeit
Elsaß-Lothringens zum Reiche ist der Präliminar-Friedens-
Vertrag
von Versailles vom 26. Febr 1871 1). Derselbe ist ab-
geschlossen zwischen dem Deutschen Reich und Frankreich. Die
Minister der drei süddeutschen Staaten, welche neben dem Reichs-
kanzler an dem Abschluß des Vertrages Theil nahmen, werden
so wie der letztere durch den Zusatz: representant l'Empire ger-
manique
charakterisirt. Die einzelnen Deutschen Staaten hatten
durch die Reichsgründung, also seit dem 1. Januar 1871 die
Fähigkeit, Friedensverträge zu schließen, an das Reich abgegeben 2).
Im Artikel I verzichtet Frankreich auf die daselbst angeführten
Gebiete "zu Gunsten des Deutschen Reichs (en faveur de l'Em-
pire allemand
)" und es wird eben daselbst ausgesprochen: "Das
Deutsche Reich
wird diese Gebiete für immer mit vollem
Souveränetäts- und Eigenthumsrechte besitzen."

Der definitive Friedensvertrag von Frankfurt
vom 10. Mai 1871
3), welcher zwischen dem Deutschen Kaiser
und der Französischen Republik geschlossen worden ist, bestätigt
diese Abtretungen mit einer im Art. 1 näher festgestellten Abwei-
chung, der zu Folge einerseits bei Belfort das bei Frankreich
verbleibende, andererseits bei Thionville das an Deutschland ab-
zutretende Gebiet erweitert wurde. Durch den Zusatz-Artikel
3 zum Frankfurter Frieden 4) wurde das, an Frankreich zurück-

1) R.-G.-Bl. 1871 S. 215 fg.
2) Der Beitritt der süddeutschen Bevollmächtigten zu dem Vertrage wird
in einer Schlußbemerkung zu demselben damit motivirt, "daß die Königreiche
Bayern und Württemberg und das Großherzogthum Baden als Verbün-
dete Preußens
an dem gegenwärtigen Kriege theilgenommen haben und
jetzt zum Deutschen Reiche gehören."
3) R.-G.-Bl. 1871 S. 223 fg.
4) R.-G.-Bl. 1871 S. 237.
§. 6. Die Erwerbung von Elſaß-Lothringen.
Art. 4 Nr. 13 wurde abgeändert durch Geſ. v. 20. Dezember
1873 (R.-G.-Bl. S. 379)

abgeſehen von der Erweiterung des Reichsgebietes durch die Er-
werbung von Elſaß-Lothringen, welche noch einer beſonderen Er-
örterung bedarf.

§. 6. Die Erwerbung von Elſaß-Lothringen.

I. Der völkerrechtliche Titel für die Zugehörigkeit
Elſaß-Lothringens zum Reiche iſt der Präliminar-Friedens-
Vertrag
von Verſailles vom 26. Febr 1871 1). Derſelbe iſt ab-
geſchloſſen zwiſchen dem Deutſchen Reich und Frankreich. Die
Miniſter der drei ſüddeutſchen Staaten, welche neben dem Reichs-
kanzler an dem Abſchluß des Vertrages Theil nahmen, werden
ſo wie der letztere durch den Zuſatz: représentant l’Empire ger-
manique
charakteriſirt. Die einzelnen Deutſchen Staaten hatten
durch die Reichsgründung, alſo ſeit dem 1. Januar 1871 die
Fähigkeit, Friedensverträge zu ſchließen, an das Reich abgegeben 2).
Im Artikel I verzichtet Frankreich auf die daſelbſt angeführten
Gebiete „zu Gunſten des Deutſchen Reichs (en faveur de l’Em-
pire allemand
)“ und es wird eben daſelbſt ausgeſprochen: „Das
Deutſche Reich
wird dieſe Gebiete für immer mit vollem
Souveränetäts- und Eigenthumsrechte beſitzen.“

Der definitive Friedensvertrag von Frankfurt
vom 10. Mai 1871
3), welcher zwiſchen dem Deutſchen Kaiſer
und der Franzöſiſchen Republik geſchloſſen worden iſt, beſtätigt
dieſe Abtretungen mit einer im Art. 1 näher feſtgeſtellten Abwei-
chung, der zu Folge einerſeits bei Belfort das bei Frankreich
verbleibende, andererſeits bei Thionville das an Deutſchland ab-
zutretende Gebiet erweitert wurde. Durch den Zuſatz-Artikel
3 zum Frankfurter Frieden 4) wurde das, an Frankreich zurück-

1) R.-G.-Bl. 1871 S. 215 fg.
2) Der Beitritt der ſüddeutſchen Bevollmächtigten zu dem Vertrage wird
in einer Schlußbemerkung zu demſelben damit motivirt, „daß die Königreiche
Bayern und Württemberg und das Großherzogthum Baden als Verbün-
dete Preußens
an dem gegenwärtigen Kriege theilgenommen haben und
jetzt zum Deutſchen Reiche gehören.“
3) R.-G.-Bl. 1871 S. 223 fg.
4) R.-G.-Bl. 1871 S. 237.
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[52/0072] §. 6. Die Erwerbung von Elſaß-Lothringen. Art. 4 Nr. 13 wurde abgeändert durch Geſ. v. 20. Dezember 1873 (R.-G.-Bl. S. 379) abgeſehen von der Erweiterung des Reichsgebietes durch die Er- werbung von Elſaß-Lothringen, welche noch einer beſonderen Er- örterung bedarf. §. 6. Die Erwerbung von Elſaß-Lothringen. I. Der völkerrechtliche Titel für die Zugehörigkeit Elſaß-Lothringens zum Reiche iſt der Präliminar-Friedens- Vertrag von Verſailles vom 26. Febr 1871 1). Derſelbe iſt ab- geſchloſſen zwiſchen dem Deutſchen Reich und Frankreich. Die Miniſter der drei ſüddeutſchen Staaten, welche neben dem Reichs- kanzler an dem Abſchluß des Vertrages Theil nahmen, werden ſo wie der letztere durch den Zuſatz: représentant l’Empire ger- manique charakteriſirt. Die einzelnen Deutſchen Staaten hatten durch die Reichsgründung, alſo ſeit dem 1. Januar 1871 die Fähigkeit, Friedensverträge zu ſchließen, an das Reich abgegeben 2). Im Artikel I verzichtet Frankreich auf die daſelbſt angeführten Gebiete „zu Gunſten des Deutſchen Reichs (en faveur de l’Em- pire allemand)“ und es wird eben daſelbſt ausgeſprochen: „Das Deutſche Reich wird dieſe Gebiete für immer mit vollem Souveränetäts- und Eigenthumsrechte beſitzen.“ Der definitive Friedensvertrag von Frankfurt vom 10. Mai 1871 3), welcher zwiſchen dem Deutſchen Kaiſer und der Franzöſiſchen Republik geſchloſſen worden iſt, beſtätigt dieſe Abtretungen mit einer im Art. 1 näher feſtgeſtellten Abwei- chung, der zu Folge einerſeits bei Belfort das bei Frankreich verbleibende, andererſeits bei Thionville das an Deutſchland ab- zutretende Gebiet erweitert wurde. Durch den Zuſatz-Artikel 3 zum Frankfurter Frieden 4) wurde das, an Frankreich zurück- 1) R.-G.-Bl. 1871 S. 215 fg. 2) Der Beitritt der ſüddeutſchen Bevollmächtigten zu dem Vertrage wird in einer Schlußbemerkung zu demſelben damit motivirt, „daß die Königreiche Bayern und Württemberg und das Großherzogthum Baden als Verbün- dete Preußens an dem gegenwärtigen Kriege theilgenommen haben und jetzt zum Deutſchen Reiche gehören.“ 3) R.-G.-Bl. 1871 S. 223 fg. 4) R.-G.-Bl. 1871 S. 237.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 1. Tübingen, 1876, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht01_1876/72>, abgerufen am 28.03.2024.