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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 87. Die Kriegsmarine.
und darüber an das Direktorium desselben zu berichten 1). Im
Uebrigen ressortirt die Verwaltung dieser Stiftung direkt vom
Preuß. Kriegsministerium.

§. 87. Die Kriegsmarine 2).

Ueber die Organisation und Zusammensetzung der Kriegs-
marine fehlen gesetzliche Vorschriften gänzlich; die Bestimmung
darüber steht nach Art. 53 der R.V. ausschließlich dem Kaiser zu,
der dabei lediglich hinsichtlich der Dienstpflicht an die im Wehr-
gesetz und hinsichtlich der finanziellen Mittel an die in dem Reichs-
haushalts-Etatsgesetz gezogenen Schranken gebunden ist. Das
Reichs-Militairgesetz findet auf die Marine keine Anwendung.

Mit Rücksicht auf die Dienstpflicht ergiebt sich die Eintheilung
der Marine in die Kriegsflotte, welche dem stehenden Heere, und
in die Seewehr, welche der Landwehr entspricht 3). Eine be-
sondere Formirung der letzteren findet nicht statt, dieselbe wird viel-
mehr im Falle des Bedürfnisses zur Verstärkung der Flotte einberufen.
Hinsichtlich der Feststellung der finanziellen Mittel ist eine Grund-
lage geschaffen in dem sogen. Flottengründungsplan. Derselbe ist
zuerst dem Reichstage von 1867 zur Motivirung der von der
Bundesregierung verlangten Anleihe behufs Erweiterung der Bun-
desmarine vorgelegt worden 4); nachdem sich jedoch das Bedürfniß
ergeben hatte, diesen Plan in vielen Beziehungen abzuändern und
zu erweitern, wurde dem Reichstage von 1873 eine Denkschrift der
Admiralität vorgelegt, welche einen neuen Flottengründungsplan
enthält 5). Obwohl derselbe eine formelle Rechtskraft in keiner
Beziehung hat, so ist ihm doch im Allgemeinen die Billigung des
Bundesrathes und des Reichstages zu Theil geworden und er liegt
den Ansätzen des Reichshaushalts-Etats im Wesentlichen zu Grunde.

Die gegenwärtige Organisation der Marine hat sich im engsten
Anschluß an die Einrichtungen der ehemaligen Preußischen Marine
allmählig entwickelt; den Ausgangspunkt für die zur Zeit gelten-

1) Erl. v. 11. Juli 1872.
2) Eine Sammlung aller die Marine betreffenden Vorschriften ist begonnen
in dem Werke von Bütow Die Kaiserl. Deutsche Marine. Berlin 1878 fg.,
von welchem bis jetzt 4 Lieferungen erschienen sind.
3) Wehrges. §. 3 und §. 13.
4) Drucks. des Reichst. v. 1867 Nro. 106.
5) Drucks. des Reichst. v. 1873. I Nro. 50.

§. 87. Die Kriegsmarine.
und darüber an das Direktorium deſſelben zu berichten 1). Im
Uebrigen reſſortirt die Verwaltung dieſer Stiftung direkt vom
Preuß. Kriegsminiſterium.

§. 87. Die Kriegsmarine 2).

Ueber die Organiſation und Zuſammenſetzung der Kriegs-
marine fehlen geſetzliche Vorſchriften gänzlich; die Beſtimmung
darüber ſteht nach Art. 53 der R.V. ausſchließlich dem Kaiſer zu,
der dabei lediglich hinſichtlich der Dienſtpflicht an die im Wehr-
geſetz und hinſichtlich der finanziellen Mittel an die in dem Reichs-
haushalts-Etatsgeſetz gezogenen Schranken gebunden iſt. Das
Reichs-Militairgeſetz findet auf die Marine keine Anwendung.

Mit Rückſicht auf die Dienſtpflicht ergiebt ſich die Eintheilung
der Marine in die Kriegsflotte, welche dem ſtehenden Heere, und
in die Seewehr, welche der Landwehr entſpricht 3). Eine be-
ſondere Formirung der letzteren findet nicht ſtatt, dieſelbe wird viel-
mehr im Falle des Bedürfniſſes zur Verſtärkung der Flotte einberufen.
Hinſichtlich der Feſtſtellung der finanziellen Mittel iſt eine Grund-
lage geſchaffen in dem ſogen. Flottengründungsplan. Derſelbe iſt
zuerſt dem Reichstage von 1867 zur Motivirung der von der
Bundesregierung verlangten Anleihe behufs Erweiterung der Bun-
desmarine vorgelegt worden 4); nachdem ſich jedoch das Bedürfniß
ergeben hatte, dieſen Plan in vielen Beziehungen abzuändern und
zu erweitern, wurde dem Reichstage von 1873 eine Denkſchrift der
Admiralität vorgelegt, welche einen neuen Flottengründungsplan
enthält 5). Obwohl derſelbe eine formelle Rechtskraft in keiner
Beziehung hat, ſo iſt ihm doch im Allgemeinen die Billigung des
Bundesrathes und des Reichstages zu Theil geworden und er liegt
den Anſätzen des Reichshaushalts-Etats im Weſentlichen zu Grunde.

Die gegenwärtige Organiſation der Marine hat ſich im engſten
Anſchluß an die Einrichtungen der ehemaligen Preußiſchen Marine
allmählig entwickelt; den Ausgangspunkt für die zur Zeit gelten-

1) Erl. v. 11. Juli 1872.
2) Eine Sammlung aller die Marine betreffenden Vorſchriften iſt begonnen
in dem Werke von Bütow Die Kaiſerl. Deutſche Marine. Berlin 1878 fg.,
von welchem bis jetzt 4 Lieferungen erſchienen ſind.
3) Wehrgeſ. §. 3 und §. 13.
4) Druckſ. des Reichst. v. 1867 Nro. 106.
5) Druckſ. des Reichst. v. 1873. I Nro. 50.
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[130/0140] §. 87. Die Kriegsmarine. und darüber an das Direktorium deſſelben zu berichten 1). Im Uebrigen reſſortirt die Verwaltung dieſer Stiftung direkt vom Preuß. Kriegsminiſterium. §. 87. Die Kriegsmarine 2). Ueber die Organiſation und Zuſammenſetzung der Kriegs- marine fehlen geſetzliche Vorſchriften gänzlich; die Beſtimmung darüber ſteht nach Art. 53 der R.V. ausſchließlich dem Kaiſer zu, der dabei lediglich hinſichtlich der Dienſtpflicht an die im Wehr- geſetz und hinſichtlich der finanziellen Mittel an die in dem Reichs- haushalts-Etatsgeſetz gezogenen Schranken gebunden iſt. Das Reichs-Militairgeſetz findet auf die Marine keine Anwendung. Mit Rückſicht auf die Dienſtpflicht ergiebt ſich die Eintheilung der Marine in die Kriegsflotte, welche dem ſtehenden Heere, und in die Seewehr, welche der Landwehr entſpricht 3). Eine be- ſondere Formirung der letzteren findet nicht ſtatt, dieſelbe wird viel- mehr im Falle des Bedürfniſſes zur Verſtärkung der Flotte einberufen. Hinſichtlich der Feſtſtellung der finanziellen Mittel iſt eine Grund- lage geſchaffen in dem ſogen. Flottengründungsplan. Derſelbe iſt zuerſt dem Reichstage von 1867 zur Motivirung der von der Bundesregierung verlangten Anleihe behufs Erweiterung der Bun- desmarine vorgelegt worden 4); nachdem ſich jedoch das Bedürfniß ergeben hatte, dieſen Plan in vielen Beziehungen abzuändern und zu erweitern, wurde dem Reichstage von 1873 eine Denkſchrift der Admiralität vorgelegt, welche einen neuen Flottengründungsplan enthält 5). Obwohl derſelbe eine formelle Rechtskraft in keiner Beziehung hat, ſo iſt ihm doch im Allgemeinen die Billigung des Bundesrathes und des Reichstages zu Theil geworden und er liegt den Anſätzen des Reichshaushalts-Etats im Weſentlichen zu Grunde. Die gegenwärtige Organiſation der Marine hat ſich im engſten Anſchluß an die Einrichtungen der ehemaligen Preußiſchen Marine allmählig entwickelt; den Ausgangspunkt für die zur Zeit gelten- 1) Erl. v. 11. Juli 1872. 2) Eine Sammlung aller die Marine betreffenden Vorſchriften iſt begonnen in dem Werke von Bütow Die Kaiſerl. Deutſche Marine. Berlin 1878 fg., von welchem bis jetzt 4 Lieferungen erſchienen ſind. 3) Wehrgeſ. §. 3 und §. 13. 4) Druckſ. des Reichst. v. 1867 Nro. 106. 5) Druckſ. des Reichst. v. 1873. I Nro. 50.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/140>, abgerufen am 16.04.2024.