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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 94. Die Kriegsleistungen.
steht für die Verwaltungen, abgesehen von einem etwa begründeten
strafrechtlichen oder disciplinarischen Einschreiten gegen die Mit-
glieder derselben, eine doppelte Rechtsfolge. Die Militairbehörde
ist befugt, die Verwaltungsvorstände ihrer Funktionen zu entheben
und den Bahnbetrieb selbst zu übernehmen, indem die betreffende
Bahnstrecke einer Militair-Eisenbahn-Direktion unterstellt wird. Sie
ist zweitens berechtigt, ihre Anordnungen auf Kosten der Eisenbahn-
verwaltungen 1) zur Ausführung zu bringen. Die Art und Weise,
wie diese Befugnisse gegen die Eisenbahnverwaltung geltend zu
machen sind, bestimmt sich lediglich nach den besonderen Umständen
im einzelnen Fall.

Inwiefern die Eisenbahn-Verwaltungen eine Vergütung für
die Erfüllung der in Rede stehenden Verpflichtungen zu beanspruchen
haben, ist im Gesetz nicht bestimmt. Nach allgemeinen Rechtssätzen
ist in dieser Beziehung folgende Unterscheidung zu machen. Wenn
den Verwaltungen Anlagen oder Einrichtungen anbefohlen werden,
welche mit Auslagen oder andern Vermögensaufwendungen (Ma-
terialien, Arbeitskräften u. s. w.) verbunden sind, so steht ihnen
ein Anspruch auf Ersatz der wirklich geleisteten Verwendungen zu.
Für die Einstellung des Betriebes dagegen haben sie ebensowenig
eine Entschädigung zu fordern wie für die eigentlichen, an den
Bahnanlagen verursachten Kriegsschäden. Es bleibt vielmehr nach
§. 35 des Kriegsleistungsgesetzes dem Reiche anheimgestellt, durch
ein Spezialgesetz über eine etwa zu gewährende Entschädigung An-
ordnung zu treffen.

IV. Kriegsleistungen der Besitzer von Schiffen und
Fahrzeugen
2).
1. Hergabe der Schiffe etc. zur Benutzung.

a) Inhalt der Last. Die Besitzer von Schiffen und
Fahrzeugen sind verpflichtet, dieselben zur Benutzung für Kriegs-
zwecke der Militairverwaltung auf Erfordern zur Verfügung zu

1) d. h. bei Privatbahnen, bei denen allein der Fall thatsächlich vorkom-
men könnte, auf Kosten des Eigenthümers, des Aktienvereines, dem es über-
lassen bliebe, gegen die Verwaltungsvorstände Regreß zu nehmen.
2) Unter Fahrzeugen werden im Gegensatz zu Fuhrwerken nur Schiffsge-
fäße verstanden, also Kähne, Prahmen, Fähren u. dgl.

§. 94. Die Kriegsleiſtungen.
ſteht für die Verwaltungen, abgeſehen von einem etwa begründeten
ſtrafrechtlichen oder disciplinariſchen Einſchreiten gegen die Mit-
glieder derſelben, eine doppelte Rechtsfolge. Die Militairbehörde
iſt befugt, die Verwaltungsvorſtände ihrer Funktionen zu entheben
und den Bahnbetrieb ſelbſt zu übernehmen, indem die betreffende
Bahnſtrecke einer Militair-Eiſenbahn-Direktion unterſtellt wird. Sie
iſt zweitens berechtigt, ihre Anordnungen auf Koſten der Eiſenbahn-
verwaltungen 1) zur Ausführung zu bringen. Die Art und Weiſe,
wie dieſe Befugniſſe gegen die Eiſenbahnverwaltung geltend zu
machen ſind, beſtimmt ſich lediglich nach den beſonderen Umſtänden
im einzelnen Fall.

Inwiefern die Eiſenbahn-Verwaltungen eine Vergütung für
die Erfüllung der in Rede ſtehenden Verpflichtungen zu beanſpruchen
haben, iſt im Geſetz nicht beſtimmt. Nach allgemeinen Rechtsſätzen
iſt in dieſer Beziehung folgende Unterſcheidung zu machen. Wenn
den Verwaltungen Anlagen oder Einrichtungen anbefohlen werden,
welche mit Auslagen oder andern Vermögensaufwendungen (Ma-
terialien, Arbeitskräften u. ſ. w.) verbunden ſind, ſo ſteht ihnen
ein Anſpruch auf Erſatz der wirklich geleiſteten Verwendungen zu.
Für die Einſtellung des Betriebes dagegen haben ſie ebenſowenig
eine Entſchädigung zu fordern wie für die eigentlichen, an den
Bahnanlagen verurſachten Kriegsſchäden. Es bleibt vielmehr nach
§. 35 des Kriegsleiſtungsgeſetzes dem Reiche anheimgeſtellt, durch
ein Spezialgeſetz über eine etwa zu gewährende Entſchädigung An-
ordnung zu treffen.

IV. Kriegsleiſtungen der Beſitzer von Schiffen und
Fahrzeugen
2).
1. Hergabe der Schiffe ꝛc. zur Benutzung.

a) Inhalt der Laſt. Die Beſitzer von Schiffen und
Fahrzeugen ſind verpflichtet, dieſelben zur Benutzung für Kriegs-
zwecke der Militairverwaltung auf Erfordern zur Verfügung zu

1) d. h. bei Privatbahnen, bei denen allein der Fall thatſächlich vorkom-
men könnte, auf Koſten des Eigenthümers, des Aktienvereines, dem es über-
laſſen bliebe, gegen die Verwaltungsvorſtände Regreß zu nehmen.
2) Unter Fahrzeugen werden im Gegenſatz zu Fuhrwerken nur Schiffsge-
fäße verſtanden, alſo Kähne, Prahmen, Fähren u. dgl.
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[367/0377] §. 94. Die Kriegsleiſtungen. ſteht für die Verwaltungen, abgeſehen von einem etwa begründeten ſtrafrechtlichen oder disciplinariſchen Einſchreiten gegen die Mit- glieder derſelben, eine doppelte Rechtsfolge. Die Militairbehörde iſt befugt, die Verwaltungsvorſtände ihrer Funktionen zu entheben und den Bahnbetrieb ſelbſt zu übernehmen, indem die betreffende Bahnſtrecke einer Militair-Eiſenbahn-Direktion unterſtellt wird. Sie iſt zweitens berechtigt, ihre Anordnungen auf Koſten der Eiſenbahn- verwaltungen 1) zur Ausführung zu bringen. Die Art und Weiſe, wie dieſe Befugniſſe gegen die Eiſenbahnverwaltung geltend zu machen ſind, beſtimmt ſich lediglich nach den beſonderen Umſtänden im einzelnen Fall. Inwiefern die Eiſenbahn-Verwaltungen eine Vergütung für die Erfüllung der in Rede ſtehenden Verpflichtungen zu beanſpruchen haben, iſt im Geſetz nicht beſtimmt. Nach allgemeinen Rechtsſätzen iſt in dieſer Beziehung folgende Unterſcheidung zu machen. Wenn den Verwaltungen Anlagen oder Einrichtungen anbefohlen werden, welche mit Auslagen oder andern Vermögensaufwendungen (Ma- terialien, Arbeitskräften u. ſ. w.) verbunden ſind, ſo ſteht ihnen ein Anſpruch auf Erſatz der wirklich geleiſteten Verwendungen zu. Für die Einſtellung des Betriebes dagegen haben ſie ebenſowenig eine Entſchädigung zu fordern wie für die eigentlichen, an den Bahnanlagen verurſachten Kriegsſchäden. Es bleibt vielmehr nach §. 35 des Kriegsleiſtungsgeſetzes dem Reiche anheimgeſtellt, durch ein Spezialgeſetz über eine etwa zu gewährende Entſchädigung An- ordnung zu treffen. IV. Kriegsleiſtungen der Beſitzer von Schiffen und Fahrzeugen 2). 1. Hergabe der Schiffe ꝛc. zur Benutzung. a) Inhalt der Laſt. Die Beſitzer von Schiffen und Fahrzeugen ſind verpflichtet, dieſelben zur Benutzung für Kriegs- zwecke der Militairverwaltung auf Erfordern zur Verfügung zu 1) d. h. bei Privatbahnen, bei denen allein der Fall thatſächlich vorkom- men könnte, auf Koſten des Eigenthümers, des Aktienvereines, dem es über- laſſen bliebe, gegen die Verwaltungsvorſtände Regreß zu nehmen. 2) Unter Fahrzeugen werden im Gegenſatz zu Fuhrwerken nur Schiffsge- fäße verſtanden, alſo Kähne, Prahmen, Fähren u. dgl.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/377>, abgerufen am 29.03.2024.