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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 95. Beschränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Festungen.

a) Die Reichsrayonkommisson ist befugt, aus örtlichen Rück-
sichten sowohl die räumliche Ausdehnung der Rayons zu vermin-
dern als auch die gesetzlichen Eigenthumsbeschränkungen zu er-
mäßigen 1).

b) Die einmal vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen, auch
wenn sie den Vorschriften dieses Gesetzes nicht entsprechen, dürfen
erhalten bleiben. Das Gesetz untersagt die Herstellung und Er-
richtung von neuen Bauten und Anlagen, aber es befiehlt nicht
die Beseitigung der bereits vorhandenen. Unter das Verbot des
Gesetzes an sich würden aber auch alle Wiederherstellungsbauten
der zwar vorhandenen, aber in Verfall gerathenen Anlagen fallen.
In dieser Beziehung aber hat das Gesetz bestimmt, daß wenn die
vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen ganz oder theilweise zer-
stört oder baufällig geworden sind, sie nach vorgängiger Anzeige
bei der Kommandantur in den alten Abmessungen und der bis-
herigen Bauart wieder hergestellt werden dürfen, falls nicht auf
ihnen die besondere Bedingung des Eingehens durch Verfall oder
der künftigen Reduktion auf eine leichtere Bauart schon haftet 2).
Die Genehmigung der Kommandantur ist jedoch in allen Fällen
erforderlich, in denen Wiederherstellungsbauten das vorbestimmte
Maß überschreiten 3). Darunter fallen nicht nur Erweiterungen
und Erhöhungen der Gebäude oder Anlagen über das früher inne-
gehaltene Maß, sondern auch Wiederherstellungen in massiverer
Konstruktion, namentlich mit gesetzwidrigem Material; für den
ersten Rayon kommt insbesondere in Betracht, daß jede Erweite-
rung der Bewohnbarkeit ausgeschlossen ist 4).

III. Geltendmachung des Untersagungsrechtes.

Die Erzwingung der Innehaltung der im Rayongesetz aner-
kannten Eigenthumsbeschränkungen erfolgt nicht im Wege des Ci-

1) §. 23 a. a. O.
2) §. 22 Abs. 1. Ist seit dem Abbruch oder der Zerstörung eines Ge-
bäudes ein Zeitraum von zwei Jahren verflossen, so ist nach Analogie von
§. 28 Abs. 2 anzunehmen, daß der Bau eines andern Gebäudes an Stelle des
früheren als Neubau zu behandeln und der Genehmigung der Kommandantur
bedürftig ist.
3) §. 22 Abs. 2.
4) Vgl. die näheren Erläuterungen der Instruction zu §. 22 und den
Kommissionsbericht des Reichstages S. 15.
§. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen.

a) Die Reichsrayonkommiſſon iſt befugt, aus örtlichen Rück-
ſichten ſowohl die räumliche Ausdehnung der Rayons zu vermin-
dern als auch die geſetzlichen Eigenthumsbeſchränkungen zu er-
mäßigen 1).

b) Die einmal vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen, auch
wenn ſie den Vorſchriften dieſes Geſetzes nicht entſprechen, dürfen
erhalten bleiben. Das Geſetz unterſagt die Herſtellung und Er-
richtung von neuen Bauten und Anlagen, aber es befiehlt nicht
die Beſeitigung der bereits vorhandenen. Unter das Verbot des
Geſetzes an ſich würden aber auch alle Wiederherſtellungsbauten
der zwar vorhandenen, aber in Verfall gerathenen Anlagen fallen.
In dieſer Beziehung aber hat das Geſetz beſtimmt, daß wenn die
vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen ganz oder theilweiſe zer-
ſtört oder baufällig geworden ſind, ſie nach vorgängiger Anzeige
bei der Kommandantur in den alten Abmeſſungen und der bis-
herigen Bauart wieder hergeſtellt werden dürfen, falls nicht auf
ihnen die beſondere Bedingung des Eingehens durch Verfall oder
der künftigen Reduktion auf eine leichtere Bauart ſchon haftet 2).
Die Genehmigung der Kommandantur iſt jedoch in allen Fällen
erforderlich, in denen Wiederherſtellungsbauten das vorbeſtimmte
Maß überſchreiten 3). Darunter fallen nicht nur Erweiterungen
und Erhöhungen der Gebäude oder Anlagen über das früher inne-
gehaltene Maß, ſondern auch Wiederherſtellungen in maſſiverer
Konſtruktion, namentlich mit geſetzwidrigem Material; für den
erſten Rayon kommt insbeſondere in Betracht, daß jede Erweite-
rung der Bewohnbarkeit ausgeſchloſſen iſt 4).

III. Geltendmachung des Unterſagungsrechtes.

Die Erzwingung der Innehaltung der im Rayongeſetz aner-
kannten Eigenthumsbeſchränkungen erfolgt nicht im Wege des Ci-

1) §. 23 a. a. O.
2) §. 22 Abſ. 1. Iſt ſeit dem Abbruch oder der Zerſtörung eines Ge-
bäudes ein Zeitraum von zwei Jahren verfloſſen, ſo iſt nach Analogie von
§. 28 Abſ. 2 anzunehmen, daß der Bau eines andern Gebäudes an Stelle des
früheren als Neubau zu behandeln und der Genehmigung der Kommandantur
bedürftig iſt.
3) §. 22 Abſ. 2.
4) Vgl. die näheren Erläuterungen der Inſtruction zu §. 22 und den
Kommiſſionsbericht des Reichstages S. 15.
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[382/0392] §. 95. Beſchränkungen des Grundeigenthums im Rayon der Feſtungen. a) Die Reichsrayonkommiſſon iſt befugt, aus örtlichen Rück- ſichten ſowohl die räumliche Ausdehnung der Rayons zu vermin- dern als auch die geſetzlichen Eigenthumsbeſchränkungen zu er- mäßigen 1). b) Die einmal vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen, auch wenn ſie den Vorſchriften dieſes Geſetzes nicht entſprechen, dürfen erhalten bleiben. Das Geſetz unterſagt die Herſtellung und Er- richtung von neuen Bauten und Anlagen, aber es befiehlt nicht die Beſeitigung der bereits vorhandenen. Unter das Verbot des Geſetzes an ſich würden aber auch alle Wiederherſtellungsbauten der zwar vorhandenen, aber in Verfall gerathenen Anlagen fallen. In dieſer Beziehung aber hat das Geſetz beſtimmt, daß wenn die vorhandenen Baulichkeiten und Anlagen ganz oder theilweiſe zer- ſtört oder baufällig geworden ſind, ſie nach vorgängiger Anzeige bei der Kommandantur in den alten Abmeſſungen und der bis- herigen Bauart wieder hergeſtellt werden dürfen, falls nicht auf ihnen die beſondere Bedingung des Eingehens durch Verfall oder der künftigen Reduktion auf eine leichtere Bauart ſchon haftet 2). Die Genehmigung der Kommandantur iſt jedoch in allen Fällen erforderlich, in denen Wiederherſtellungsbauten das vorbeſtimmte Maß überſchreiten 3). Darunter fallen nicht nur Erweiterungen und Erhöhungen der Gebäude oder Anlagen über das früher inne- gehaltene Maß, ſondern auch Wiederherſtellungen in maſſiverer Konſtruktion, namentlich mit geſetzwidrigem Material; für den erſten Rayon kommt insbeſondere in Betracht, daß jede Erweite- rung der Bewohnbarkeit ausgeſchloſſen iſt 4). III. Geltendmachung des Unterſagungsrechtes. Die Erzwingung der Innehaltung der im Rayongeſetz aner- kannten Eigenthumsbeſchränkungen erfolgt nicht im Wege des Ci- 1) §. 23 a. a. O. 2) §. 22 Abſ. 1. Iſt ſeit dem Abbruch oder der Zerſtörung eines Ge- bäudes ein Zeitraum von zwei Jahren verfloſſen, ſo iſt nach Analogie von §. 28 Abſ. 2 anzunehmen, daß der Bau eines andern Gebäudes an Stelle des früheren als Neubau zu behandeln und der Genehmigung der Kommandantur bedürftig iſt. 3) §. 22 Abſ. 2. 4) Vgl. die näheren Erläuterungen der Inſtruction zu §. 22 und den Kommiſſionsbericht des Reichstages S. 15.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/392>, abgerufen am 19.04.2024.