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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 80. Die Gemeinschaft d. Lasten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht.
II. Die finanziellen Lasten.

1. Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und
der damit zusammenhängenden Anstalten erforderliche Aufwand wird
aus der Reichskasse bestritten 1). Ebenso werden die Ausgaben für
das gesammte Reichsheer und dessen Einrichtungen aus der Reichs-
kasse bestritten und durch das Etatsgesetz festgestellt 2). Durch diese
Verfassungs-Grundsätze wird die gleichmäßige Vertheilung der für
die bewaffnete Macht des Reiches erforderlichen Kosten auf alle
Staaten nach Verhältniß ihrer Bevölkerung herbeigeführt, da zur
Bestreitung aller gemeinschaftlichen Ausgaben des Reiches, soweit
dieselben nicht durch die sogen. eigenen Einnahmen der Reichskasse
gedeckt werden, von den einzelnen Staaten Beiträge nach Maßgabe
ihrer Bevölkerung zu entrichten sind 3).

Dieses Prinzip findet auch auf Bayern vollständig Anwen-
dung, jedoch mit derjenigen Modifikation, welche Art. 58 der R.V.
für Bayern erhalten hat, daß nämlich Bayern die Kosten und
Lasten seines Kriegswesens ausschließlich und allein trägt. Für
die finanziellen Leistungen gelten daher ganz analoge Regeln wie
für die Leistungen an Mannschaften. Die von Bayern aufzuwen-
denden Beträge werden in Einer Summe festgestellt, deren Höhe
zu der für das Reichsheer zu verausgabenden Summe in demselben
Verhältniß steht wie die Kopfstärke des Bayrischen Kontingents zu
der des übrigen Reichsheeres. Die Verwendung dieser Summe ist
Bayern überlassen; die Spezialetats werden nicht vom Reich, son-
dern von Bayern aufgestellt, das aber verpflichtet ist, hierbei im
Allgemeinen diejenigen Etatsansätze nach Verhältniß zur Richtschnur
zu nehmen, welche für das übrige Reichsheer in den einzelnen Titeln
ausgeworfen sind 4).

2. Die Leistung der Ausgaben selbst nach Maßgabe der im
Etat festgestellten Sätze und der durch Gesetze oder Verordnungen

1) R.V. Art. 53 Abs. 3.
2) R.V. Art. 62 Abs. 3.
3) R.V. Art. 70. Das Nähere siehe unten bei der Darstellung des Fi-
nanzrechtes. -- Ueber die einigen kleineren Norddeutschen Staaten zeitweilig
bewilligten Nachlässe vgl. meine Darstellung des Reichsfinanzrechts in Hirth's
Annalen 1873 S. 494 fg.
4) Bayer. Bündnißvertrag vom 23. Nov. 1870. III §. 5 Ziff. II.
§. 80. Die Gemeinſchaft d. Laſten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht.
II. Die finanziellen Laſten.

1. Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und
der damit zuſammenhängenden Anſtalten erforderliche Aufwand wird
aus der Reichskaſſe beſtritten 1). Ebenſo werden die Ausgaben für
das geſammte Reichsheer und deſſen Einrichtungen aus der Reichs-
kaſſe beſtritten und durch das Etatsgeſetz feſtgeſtellt 2). Durch dieſe
Verfaſſungs-Grundſätze wird die gleichmäßige Vertheilung der für
die bewaffnete Macht des Reiches erforderlichen Koſten auf alle
Staaten nach Verhältniß ihrer Bevölkerung herbeigeführt, da zur
Beſtreitung aller gemeinſchaftlichen Ausgaben des Reiches, ſoweit
dieſelben nicht durch die ſogen. eigenen Einnahmen der Reichskaſſe
gedeckt werden, von den einzelnen Staaten Beiträge nach Maßgabe
ihrer Bevölkerung zu entrichten ſind 3).

Dieſes Prinzip findet auch auf Bayern vollſtändig Anwen-
dung, jedoch mit derjenigen Modifikation, welche Art. 58 der R.V.
für Bayern erhalten hat, daß nämlich Bayern die Koſten und
Laſten ſeines Kriegsweſens ausſchließlich und allein trägt. Für
die finanziellen Leiſtungen gelten daher ganz analoge Regeln wie
für die Leiſtungen an Mannſchaften. Die von Bayern aufzuwen-
denden Beträge werden in Einer Summe feſtgeſtellt, deren Höhe
zu der für das Reichsheer zu verausgabenden Summe in demſelben
Verhältniß ſteht wie die Kopfſtärke des Bayriſchen Kontingents zu
der des übrigen Reichsheeres. Die Verwendung dieſer Summe iſt
Bayern überlaſſen; die Spezialetats werden nicht vom Reich, ſon-
dern von Bayern aufgeſtellt, das aber verpflichtet iſt, hierbei im
Allgemeinen diejenigen Etatsanſätze nach Verhältniß zur Richtſchnur
zu nehmen, welche für das übrige Reichsheer in den einzelnen Titeln
ausgeworfen ſind 4).

2. Die Leiſtung der Ausgaben ſelbſt nach Maßgabe der im
Etat feſtgeſtellten Sätze und der durch Geſetze oder Verordnungen

1) R.V. Art. 53 Abſ. 3.
2) R.V. Art. 62 Abſ. 3.
3) R.V. Art. 70. Das Nähere ſiehe unten bei der Darſtellung des Fi-
nanzrechtes. — Ueber die einigen kleineren Norddeutſchen Staaten zeitweilig
bewilligten Nachläſſe vgl. meine Darſtellung des Reichsfinanzrechts in Hirth’s
Annalen 1873 S. 494 fg.
4) Bayer. Bündnißvertrag vom 23. Nov. 1870. III §. 5 Ziff. II.
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[57/0067] §. 80. Die Gemeinſchaft d. Laſten u. Ausgaben f. d. bewaffnete Macht. II. Die finanziellen Laſten. 1. Der zur Gründung und Erhaltung der Kriegsflotte und der damit zuſammenhängenden Anſtalten erforderliche Aufwand wird aus der Reichskaſſe beſtritten 1). Ebenſo werden die Ausgaben für das geſammte Reichsheer und deſſen Einrichtungen aus der Reichs- kaſſe beſtritten und durch das Etatsgeſetz feſtgeſtellt 2). Durch dieſe Verfaſſungs-Grundſätze wird die gleichmäßige Vertheilung der für die bewaffnete Macht des Reiches erforderlichen Koſten auf alle Staaten nach Verhältniß ihrer Bevölkerung herbeigeführt, da zur Beſtreitung aller gemeinſchaftlichen Ausgaben des Reiches, ſoweit dieſelben nicht durch die ſogen. eigenen Einnahmen der Reichskaſſe gedeckt werden, von den einzelnen Staaten Beiträge nach Maßgabe ihrer Bevölkerung zu entrichten ſind 3). Dieſes Prinzip findet auch auf Bayern vollſtändig Anwen- dung, jedoch mit derjenigen Modifikation, welche Art. 58 der R.V. für Bayern erhalten hat, daß nämlich Bayern die Koſten und Laſten ſeines Kriegsweſens ausſchließlich und allein trägt. Für die finanziellen Leiſtungen gelten daher ganz analoge Regeln wie für die Leiſtungen an Mannſchaften. Die von Bayern aufzuwen- denden Beträge werden in Einer Summe feſtgeſtellt, deren Höhe zu der für das Reichsheer zu verausgabenden Summe in demſelben Verhältniß ſteht wie die Kopfſtärke des Bayriſchen Kontingents zu der des übrigen Reichsheeres. Die Verwendung dieſer Summe iſt Bayern überlaſſen; die Spezialetats werden nicht vom Reich, ſon- dern von Bayern aufgeſtellt, das aber verpflichtet iſt, hierbei im Allgemeinen diejenigen Etatsanſätze nach Verhältniß zur Richtſchnur zu nehmen, welche für das übrige Reichsheer in den einzelnen Titeln ausgeworfen ſind 4). 2. Die Leiſtung der Ausgaben ſelbſt nach Maßgabe der im Etat feſtgeſtellten Sätze und der durch Geſetze oder Verordnungen 1) R.V. Art. 53 Abſ. 3. 2) R.V. Art. 62 Abſ. 3. 3) R.V. Art. 70. Das Nähere ſiehe unten bei der Darſtellung des Fi- nanzrechtes. — Ueber die einigen kleineren Norddeutſchen Staaten zeitweilig bewilligten Nachläſſe vgl. meine Darſtellung des Reichsfinanzrechts in Hirth’s Annalen 1873 S. 494 fg. 4) Bayer. Bündnißvertrag vom 23. Nov. 1870. III §. 5 Ziff. II.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/67>, abgerufen am 23.04.2024.