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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880.

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§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelstaaten.

3. Die Bundesfürsten haben das Recht, Offiziere a la suite
zu ernennen, deren etwaige Besoldung und dereinstige Pensioni-
rung nicht aus Reichsmitteln erfolgt; sie sind ferner befugt zur
Auswahl (beziehentl. zum Wechsel) der Adjutanten, welche ihnen
oder den Prinzen ihres Hauses zur Verfügung zu stellen sind 1).

4. Die Hoheitszeichen des betreffenden Staates werden
in Wappen und Farben an den dem Militair eingeräumten Lokali-
täten und Garnisons-Einrichtungen beibehalten, soweit nicht Bundes-
zeichen und Farben an die Stelle treten 2).

III. Requisitionsrecht.

Den Bundesfürsten und Senaten ist verfassungsmäßig das
Recht gewährleistet, "zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen
Truppen zu verwenden, sondern auch alle anderen Truppentheile
des Reichsheeres, welche in ihren Ländergebieten dislozirt sind, zu
requiriren" 3). Dieses Recht ist das nothwendige Correlat zu dem
kaiserlichen Dislokationsrecht. Es findet Anwendung nicht nur bei
Störungen der öffentlichen Ruhe, wenn die Polizeibehörden den
Beistand des Militairs in Anspruch nehmen, sondern auch im
Interesse der Sicherheit in gewöhnlichen Zeitverhältnissen, z. B. zur
Bewachung der Strafanstalten 4). Ueber das Verhältniß dieses
Rechtes zur Verhängung des Kriegszustandes siehe oben S. 47.


1) Mil.-Konv. mit Hessen Art. 9 und Schlußprotok. Art. 2. Mecklen-
burg
Art. 11 u. 12. Baden Art. 6 und Schlußprotok. Art. 3. Olden-
burg
Art. 6 und Schlußprotok. 10. Thüringen und Anhalt Art. 11.
Lippe-Detmold, Schwarzb.-Sondersh., Waldeck (1877) Art 9.
Schaumburg Art. 8.
2) Mil.-Konv. mit Hessen Art. 3 Abs. 6. Mecklenburg (1872) Art. 9.
Baden und Oldenburg Art. 5 Abs. 3. Schwarzburg, Lippe und
Waldeck (1877) Art. 7 Abs. 3. Schaumburg Art. 6. Lübeck und Ham-
burg
§. 4 c. Bremen §. 6.
3) R.V. Art. 66 Abs. 3.
4) Nähere Anordnungen sind enthalten in den Militair-Konventionen mit
Hessen Art. 13. Baden Art. 13. Oldenburg Art. 16. Waldeck
Art. 7 Abs. 4. Lübeck §. 4 letzt. Abs. und §. 6. Hamburg §. 5 und 7.
Bremen §. 10--12. -- Auf Bayern findet Art. 66 der R.V. keine An-
wendung; sollten daher einmal nichtbayerische Truppen vorübergehend in baye-
rischem Gebiete dislozirt sein, so sind die bayerischen Behörden nicht befugt,
diese Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren, und ebensowenig im um-
gekehrten Falle Behörden anderer Bundesstaaten die bayerischen Truppen.
§. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten.

3. Die Bundesfürſten haben das Recht, Offiziere à la suite
zu ernennen, deren etwaige Beſoldung und dereinſtige Penſioni-
rung nicht aus Reichsmitteln erfolgt; ſie ſind ferner befugt zur
Auswahl (beziehentl. zum Wechſel) der Adjutanten, welche ihnen
oder den Prinzen ihres Hauſes zur Verfügung zu ſtellen ſind 1).

4. Die Hoheitszeichen des betreffenden Staates werden
in Wappen und Farben an den dem Militair eingeräumten Lokali-
täten und Garniſons-Einrichtungen beibehalten, ſoweit nicht Bundes-
zeichen und Farben an die Stelle treten 2).

III. Requiſitionsrecht.

Den Bundesfürſten und Senaten iſt verfaſſungsmäßig das
Recht gewährleiſtet, „zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen
Truppen zu verwenden, ſondern auch alle anderen Truppentheile
des Reichsheeres, welche in ihren Ländergebieten dislozirt ſind, zu
requiriren“ 3). Dieſes Recht iſt das nothwendige Correlat zu dem
kaiſerlichen Dislokationsrecht. Es findet Anwendung nicht nur bei
Störungen der öffentlichen Ruhe, wenn die Polizeibehörden den
Beiſtand des Militairs in Anſpruch nehmen, ſondern auch im
Intereſſe der Sicherheit in gewöhnlichen Zeitverhältniſſen, z. B. zur
Bewachung der Strafanſtalten 4). Ueber das Verhältniß dieſes
Rechtes zur Verhängung des Kriegszuſtandes ſiehe oben S. 47.


1) Mil.-Konv. mit Heſſen Art. 9 und Schlußprotok. Art. 2. Mecklen-
burg
Art. 11 u. 12. Baden Art. 6 und Schlußprotok. Art. 3. Olden-
burg
Art. 6 und Schlußprotok. 10. Thüringen und Anhalt Art. 11.
Lippe-Detmold, Schwarzb.-Sondersh., Waldeck (1877) Art 9.
Schaumburg Art. 8.
2) Mil.-Konv. mit Heſſen Art. 3 Abſ. 6. Mecklenburg (1872) Art. 9.
Baden und Oldenburg Art. 5 Abſ. 3. Schwarzburg, Lippe und
Waldeck (1877) Art. 7 Abſ. 3. Schaumburg Art. 6. Lübeck und Ham-
burg
§. 4 c. Bremen §. 6.
3) R.V. Art. 66 Abſ. 3.
4) Nähere Anordnungen ſind enthalten in den Militair-Konventionen mit
Heſſen Art. 13. Baden Art. 13. Oldenburg Art. 16. Waldeck
Art. 7 Abſ. 4. Lübeck §. 4 letzt. Abſ. und §. 6. Hamburg §. 5 und 7.
Bremen §. 10—12. — Auf Bayern findet Art. 66 der R.V. keine An-
wendung; ſollten daher einmal nichtbayeriſche Truppen vorübergehend in baye-
riſchem Gebiete dislozirt ſein, ſo ſind die bayeriſchen Behörden nicht befugt,
dieſe Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren, und ebenſowenig im um-
gekehrten Falle Behörden anderer Bundesſtaaten die bayeriſchen Truppen.
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[71/0081] §. 81. Die Militairhoheitsrechte der Einzelſtaaten. 3. Die Bundesfürſten haben das Recht, Offiziere à la suite zu ernennen, deren etwaige Beſoldung und dereinſtige Penſioni- rung nicht aus Reichsmitteln erfolgt; ſie ſind ferner befugt zur Auswahl (beziehentl. zum Wechſel) der Adjutanten, welche ihnen oder den Prinzen ihres Hauſes zur Verfügung zu ſtellen ſind 1). 4. Die Hoheitszeichen des betreffenden Staates werden in Wappen und Farben an den dem Militair eingeräumten Lokali- täten und Garniſons-Einrichtungen beibehalten, ſoweit nicht Bundes- zeichen und Farben an die Stelle treten 2). III. Requiſitionsrecht. Den Bundesfürſten und Senaten iſt verfaſſungsmäßig das Recht gewährleiſtet, „zu polizeilichen Zwecken nicht blos ihre eigenen Truppen zu verwenden, ſondern auch alle anderen Truppentheile des Reichsheeres, welche in ihren Ländergebieten dislozirt ſind, zu requiriren“ 3). Dieſes Recht iſt das nothwendige Correlat zu dem kaiſerlichen Dislokationsrecht. Es findet Anwendung nicht nur bei Störungen der öffentlichen Ruhe, wenn die Polizeibehörden den Beiſtand des Militairs in Anſpruch nehmen, ſondern auch im Intereſſe der Sicherheit in gewöhnlichen Zeitverhältniſſen, z. B. zur Bewachung der Strafanſtalten 4). Ueber das Verhältniß dieſes Rechtes zur Verhängung des Kriegszuſtandes ſiehe oben S. 47. 1) Mil.-Konv. mit Heſſen Art. 9 und Schlußprotok. Art. 2. Mecklen- burg Art. 11 u. 12. Baden Art. 6 und Schlußprotok. Art. 3. Olden- burg Art. 6 und Schlußprotok. 10. Thüringen und Anhalt Art. 11. Lippe-Detmold, Schwarzb.-Sondersh., Waldeck (1877) Art 9. Schaumburg Art. 8. 2) Mil.-Konv. mit Heſſen Art. 3 Abſ. 6. Mecklenburg (1872) Art. 9. Baden und Oldenburg Art. 5 Abſ. 3. Schwarzburg, Lippe und Waldeck (1877) Art. 7 Abſ. 3. Schaumburg Art. 6. Lübeck und Ham- burg §. 4 c. Bremen §. 6. 3) R.V. Art. 66 Abſ. 3. 4) Nähere Anordnungen ſind enthalten in den Militair-Konventionen mit Heſſen Art. 13. Baden Art. 13. Oldenburg Art. 16. Waldeck Art. 7 Abſ. 4. Lübeck §. 4 letzt. Abſ. und §. 6. Hamburg §. 5 und 7. Bremen §. 10—12. — Auf Bayern findet Art. 66 der R.V. keine An- wendung; ſollten daher einmal nichtbayeriſche Truppen vorübergehend in baye- riſchem Gebiete dislozirt ſein, ſo ſind die bayeriſchen Behörden nicht befugt, dieſe Truppen zu polizeilichen Zwecken zu requiriren, und ebenſowenig im um- gekehrten Falle Behörden anderer Bundesſtaaten die bayeriſchen Truppen.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 1. Tübingen, 1880, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0301_1880/81>, abgerufen am 28.03.2024.