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Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882.

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§. 104. Der Gerichtsdienst.
auch der Beamten disciplinargewalt unterworfen und zwar
nach den für richterliche Beamte geltenden Regeln, soweit nicht
Landesgesetze für sie spezielle Vorschriften enthalten 1). Ebenso
sind die Handelsrichter im Sinne des Strafgesetzbuchs als
Beamte anzusehen; sie fallen unter die im §. 359 desselben ge-
gebene Begriffsbestimmung, während Schöffen und Geschworene
nicht darunter fallen 2). Auch die Vorschrift des Gerichtsverf.Ges.
§. 34 Ziff. 5 findet auf sie Anwendung 3).

3. Dagegen ist der Staatsdienst der Handelsrichter kein be-
rufsmäßiger
; sie führen das Amt als Ehrenamt, das heißt
unentgeldlich 4); es finden daher auch die Regeln über Be-
förderung, Versetzung an eine andere Stelle oder in den Ruhe-
stand auf sie keine Anwendung; namentlich gilt für sie nicht das
landesgesetzliche Verbot des Gewerbebetriebes oder des Eintritts
in den Vorstand oder Aufsichtsrath eines Aktienvereins oder einer
Erwerbsgesellschaft.

4. Die Regeln über die Befähigung zum Richteramt gelten
für Handelsrichter nicht 5); dagegen ist die Befähigung zu diesem
Amt an folgende 4 Voraussetzungen geknüpft 6):

a) Reichsangehörigkeit,
b) Vollendung des dreißigsten Lebensjahres,
c) Wohnsitz in dem Bezirke der Kammer für Handelssachen,
d) zum Handelsrichter kann nur ernannt werden, wer als
Kaufmann oder als Vorstand einer Aktiengesellschaft in das
Handelsregister eingetragen oder eingetragen gewesen ist; an
Seeplätzen können Handelsrichter auch aus dem Kreise der
Schifffahrtskundigen ernannt werden 7).

Ausgeschlossen sind außer den Personen, denen aus strafrechtlichen
Gründen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter fehlt,

1) Daher unterliegt auch ihr außeramtliches Verhalten der Discipli-
nargewalt. Vgl. Motive S. 137 (Hahn S. 127.)
2) Vgl. Oppenhof Strafgesetzb. 5. Ausgabe. Note 16. u. 18 zu §. 359.
3) Motive S. 80 (Hahn S. 84).
4) Gerichtsverf.Ges. §. 111.
5) Gerichtsverf.Ges. §. 11.
6) Gerichtsverf.Ges. §. 113 Abs. 1.
7) ebenda §. 114.

§. 104. Der Gerichtsdienſt.
auch der Beamten disciplinargewalt unterworfen und zwar
nach den für richterliche Beamte geltenden Regeln, ſoweit nicht
Landesgeſetze für ſie ſpezielle Vorſchriften enthalten 1). Ebenſo
ſind die Handelsrichter im Sinne des Strafgeſetzbuchs als
Beamte anzuſehen; ſie fallen unter die im §. 359 deſſelben ge-
gebene Begriffsbeſtimmung, während Schöffen und Geſchworene
nicht darunter fallen 2). Auch die Vorſchrift des Gerichtsverf.Geſ.
§. 34 Ziff. 5 findet auf ſie Anwendung 3).

3. Dagegen iſt der Staatsdienſt der Handelsrichter kein be-
rufsmäßiger
; ſie führen das Amt als Ehrenamt, das heißt
unentgeldlich 4); es finden daher auch die Regeln über Be-
förderung, Verſetzung an eine andere Stelle oder in den Ruhe-
ſtand auf ſie keine Anwendung; namentlich gilt für ſie nicht das
landesgeſetzliche Verbot des Gewerbebetriebes oder des Eintritts
in den Vorſtand oder Aufſichtsrath eines Aktienvereins oder einer
Erwerbsgeſellſchaft.

4. Die Regeln über die Befähigung zum Richteramt gelten
für Handelsrichter nicht 5); dagegen iſt die Befähigung zu dieſem
Amt an folgende 4 Vorausſetzungen geknüpft 6):

a) Reichsangehörigkeit,
b) Vollendung des dreißigſten Lebensjahres,
c) Wohnſitz in dem Bezirke der Kammer für Handelsſachen,
d) zum Handelsrichter kann nur ernannt werden, wer als
Kaufmann oder als Vorſtand einer Aktiengeſellſchaft in das
Handelsregiſter eingetragen oder eingetragen geweſen iſt; an
Seeplätzen können Handelsrichter auch aus dem Kreiſe der
Schifffahrtskundigen ernannt werden 7).

Ausgeſchloſſen ſind außer den Perſonen, denen aus ſtrafrechtlichen
Gründen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter fehlt,

1) Daher unterliegt auch ihr außeramtliches Verhalten der Discipli-
nargewalt. Vgl. Motive S. 137 (Hahn S. 127.)
2) Vgl. Oppenhof Strafgeſetzb. 5. Ausgabe. Note 16. u. 18 zu §. 359.
3) Motive S. 80 (Hahn S. 84).
4) Gerichtsverf.Geſ. §. 111.
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[153/0163] §. 104. Der Gerichtsdienſt. auch der Beamten disciplinargewalt unterworfen und zwar nach den für richterliche Beamte geltenden Regeln, ſoweit nicht Landesgeſetze für ſie ſpezielle Vorſchriften enthalten 1). Ebenſo ſind die Handelsrichter im Sinne des Strafgeſetzbuchs als Beamte anzuſehen; ſie fallen unter die im §. 359 deſſelben ge- gebene Begriffsbeſtimmung, während Schöffen und Geſchworene nicht darunter fallen 2). Auch die Vorſchrift des Gerichtsverf.Geſ. §. 34 Ziff. 5 findet auf ſie Anwendung 3). 3. Dagegen iſt der Staatsdienſt der Handelsrichter kein be- rufsmäßiger; ſie führen das Amt als Ehrenamt, das heißt unentgeldlich 4); es finden daher auch die Regeln über Be- förderung, Verſetzung an eine andere Stelle oder in den Ruhe- ſtand auf ſie keine Anwendung; namentlich gilt für ſie nicht das landesgeſetzliche Verbot des Gewerbebetriebes oder des Eintritts in den Vorſtand oder Aufſichtsrath eines Aktienvereins oder einer Erwerbsgeſellſchaft. 4. Die Regeln über die Befähigung zum Richteramt gelten für Handelsrichter nicht 5); dagegen iſt die Befähigung zu dieſem Amt an folgende 4 Vorausſetzungen geknüpft 6): a) Reichsangehörigkeit, b) Vollendung des dreißigſten Lebensjahres, c) Wohnſitz in dem Bezirke der Kammer für Handelsſachen, d) zum Handelsrichter kann nur ernannt werden, wer als Kaufmann oder als Vorſtand einer Aktiengeſellſchaft in das Handelsregiſter eingetragen oder eingetragen geweſen iſt; an Seeplätzen können Handelsrichter auch aus dem Kreiſe der Schifffahrtskundigen ernannt werden 7). Ausgeſchloſſen ſind außer den Perſonen, denen aus ſtrafrechtlichen Gründen die Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter fehlt, 1) Daher unterliegt auch ihr außeramtliches Verhalten der Discipli- nargewalt. Vgl. Motive S. 137 (Hahn S. 127.) 2) Vgl. Oppenhof Strafgeſetzb. 5. Ausgabe. Note 16. u. 18 zu §. 359. 3) Motive S. 80 (Hahn S. 84). 4) Gerichtsverf.Geſ. §. 111. 5) Gerichtsverf.Geſ. §. 11. 6) Gerichtsverf.Geſ. §. 113 Abſ. 1. 7) ebenda §. 114.

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Zitationshilfe: Laband, Paul: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Bd. 3, Abt. 2. Freiburg (Breisgau) u. a., 1882, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laband_staatsrecht0302_1882/163>, abgerufen am 19.04.2024.