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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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und Forderungen der Grundlehre.
tem Soliden ausgefüllet seyn könne etc. Diese Un-
tersuchung hat einen Einfluß in die Frage vom lee-
ren Raume, und überdieß auch hängt die Bestim-
mung der bewegenden Kräfte davon ab, weil diese
sich nach der Dichtigkeit richten.

§. 92.

Das Wort Solidität ist bereits auf verschiedene
Arten metaphorisch und transcendent gemacht. Da
das Solide einen Raum ausfüllet, so versteht man
in der Geometrie dadurch einen körperlichen Raum,
und die Redensart, die Solidität finden: Will
darinn nichts anders sagen, als die Größe des kör-
perlichen Raumes finden. Denn in der Geometrie
sind Raum, Körper, Solidität schlechthin ideale
Begriffe.

§. 93.

Sodann versteht man durch Solidität so viel, als
Festigkeit, und dieser Begriff ist von der Undurch-
dringbarkeit
der Materie oder des Soliden herge-
nommen. Man dehnet ihn auch auf den Fall aus, wo
die Theile des Soliden feste zusammen hängen, wie bey
den harten Körpern. Und in so ferne transferirt man
den Begriff von der Sache in die Vorstellung der-
selben, welche man nicht weiter trennen soll, als die
Theile des festen Körpers können getrennet werden.
Dadurch wird nun der Begriff der Solidität tran-
scendent, und man nennet die Erkenntniß solid, so
fern sie nicht bloß erträumet, sondern real, wissen-
schaftlich und gründlich ist, und so fern die Nothwen-
digkeit der Schlüsse und Folgen darinn durchgängig
vorkömmt. Da wir ohnehin auch den Begriffen
Ausdehnung, Ort und Abstand zueignen, so ist kein
Zweifel, daß sich das Tertium Comparationis dabey

noch
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und Forderungen der Grundlehre.
tem Soliden ausgefuͤllet ſeyn koͤnne ꝛc. Dieſe Un-
terſuchung hat einen Einfluß in die Frage vom lee-
ren Raume, und uͤberdieß auch haͤngt die Beſtim-
mung der bewegenden Kraͤfte davon ab, weil dieſe
ſich nach der Dichtigkeit richten.

§. 92.

Das Wort Soliditaͤt iſt bereits auf verſchiedene
Arten metaphoriſch und tranſcendent gemacht. Da
das Solide einen Raum ausfuͤllet, ſo verſteht man
in der Geometrie dadurch einen koͤrperlichen Raum,
und die Redensart, die Soliditaͤt finden: Will
darinn nichts anders ſagen, als die Groͤße des koͤr-
perlichen Raumes finden. Denn in der Geometrie
ſind Raum, Koͤrper, Soliditaͤt ſchlechthin ideale
Begriffe.

§. 93.

Sodann verſteht man durch Soliditaͤt ſo viel, als
Feſtigkeit, und dieſer Begriff iſt von der Undurch-
dringbarkeit
der Materie oder des Soliden herge-
nommen. Man dehnet ihn auch auf den Fall aus, wo
die Theile des Soliden feſte zuſammen haͤngen, wie bey
den harten Koͤrpern. Und in ſo ferne transferirt man
den Begriff von der Sache in die Vorſtellung der-
ſelben, welche man nicht weiter trennen ſoll, als die
Theile des feſten Koͤrpers koͤnnen getrennet werden.
Dadurch wird nun der Begriff der Soliditaͤt tran-
ſcendent, und man nennet die Erkenntniß ſolid, ſo
fern ſie nicht bloß ertraͤumet, ſondern real, wiſſen-
ſchaftlich und gruͤndlich iſt, und ſo fern die Nothwen-
digkeit der Schluͤſſe und Folgen darinn durchgaͤngig
vorkoͤmmt. Da wir ohnehin auch den Begriffen
Ausdehnung, Ort und Abſtand zueignen, ſo iſt kein
Zweifel, daß ſich das Tertium Comparationis dabey

noch
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[71/0107] und Forderungen der Grundlehre. tem Soliden ausgefuͤllet ſeyn koͤnne ꝛc. Dieſe Un- terſuchung hat einen Einfluß in die Frage vom lee- ren Raume, und uͤberdieß auch haͤngt die Beſtim- mung der bewegenden Kraͤfte davon ab, weil dieſe ſich nach der Dichtigkeit richten. §. 92. Das Wort Soliditaͤt iſt bereits auf verſchiedene Arten metaphoriſch und tranſcendent gemacht. Da das Solide einen Raum ausfuͤllet, ſo verſteht man in der Geometrie dadurch einen koͤrperlichen Raum, und die Redensart, die Soliditaͤt finden: Will darinn nichts anders ſagen, als die Groͤße des koͤr- perlichen Raumes finden. Denn in der Geometrie ſind Raum, Koͤrper, Soliditaͤt ſchlechthin ideale Begriffe. §. 93. Sodann verſteht man durch Soliditaͤt ſo viel, als Feſtigkeit, und dieſer Begriff iſt von der Undurch- dringbarkeit der Materie oder des Soliden herge- nommen. Man dehnet ihn auch auf den Fall aus, wo die Theile des Soliden feſte zuſammen haͤngen, wie bey den harten Koͤrpern. Und in ſo ferne transferirt man den Begriff von der Sache in die Vorſtellung der- ſelben, welche man nicht weiter trennen ſoll, als die Theile des feſten Koͤrpers koͤnnen getrennet werden. Dadurch wird nun der Begriff der Soliditaͤt tran- ſcendent, und man nennet die Erkenntniß ſolid, ſo fern ſie nicht bloß ertraͤumet, ſondern real, wiſſen- ſchaftlich und gruͤndlich iſt, und ſo fern die Nothwen- digkeit der Schluͤſſe und Folgen darinn durchgaͤngig vorkoͤmmt. Da wir ohnehin auch den Begriffen Ausdehnung, Ort und Abſtand zueignen, ſo iſt kein Zweifel, daß ſich das Tertium Comparationis dabey noch E 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/107>, abgerufen am 25.04.2024.