Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Hauptstück. Grundsätze
sam local zu machen (§. 81.). Die Indiuidua setzet
man zu unterst, weil sie gleichsam der Grund oder
das Fundament zu dem Gebäude sind. Zunächst
darüber werden die Arten und über diese die Gat-
tungen
gesetzet. Und da man mit drey Stufen nicht
ausreicht, und die Sprache nicht mehrere Namen
hat, so macht man die Begriffe von Arten und Gat-
tungen relativ, und spricht von höhern Gattungen,
von niedrigern Arten. Die erst betrachtete Art
(§. 129. seqq.) ist demnach schlechthin oder absolute die
unterste, weil sie von den Indiuiduis nur dem Unter-
schiede der Zahl nach verschieden ist. Und die Indiui-
dua,
die nur der Zahl nach verschieden sind, machen
zusammen genommen solche absolute unterste Arten
aus. An sich betrachtet differiren solche Indiuidua in
nichts, als daß es mehrere sind.

§. 133.

Jn Ansehung der Begriffe, so fern sie einerley
oder verschieden sind, haben wir den Unterschied zu
machen, ob man sie an sich betrachtet, und zwar nicht
weiter, als man sie sich klar vorstellet, oder ob sie in
Absicht auf die Sache betrachtet werden, die sie vor-
stellen. Denn so ist es gar wohl möglich, daß man
sich unter verschiedenen Begriffen eine und eben die-
selbe Sache vorstellet, und daher aus dem Unter-
schiede der Begriffe nicht so unbedingt auf den Unter-
schied der Sache einen Schluß machen kann. So
z. E. stelle ich mir eine und eben die Sache vor, wenn
ich einen gleichseitigen, oder wenn ich einen gleich-
winklichten Triangel gedenke. Hingegen kann ein
und eben der Begriff mehrere, aber nur der Zahl
nach verschiedene Dinge vorstellen, und wenn es ein
Begriff einer höhern Gattung ist, so stellet er auch

der

IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze
ſam local zu machen (§. 81.). Die Indiuidua ſetzet
man zu unterſt, weil ſie gleichſam der Grund oder
das Fundament zu dem Gebaͤude ſind. Zunaͤchſt
daruͤber werden die Arten und uͤber dieſe die Gat-
tungen
geſetzet. Und da man mit drey Stufen nicht
ausreicht, und die Sprache nicht mehrere Namen
hat, ſo macht man die Begriffe von Arten und Gat-
tungen relativ, und ſpricht von hoͤhern Gattungen,
von niedrigern Arten. Die erſt betrachtete Art
(§. 129. ſeqq.) iſt demnach ſchlechthin oder abſolute die
unterſte, weil ſie von den Indiuiduis nur dem Unter-
ſchiede der Zahl nach verſchieden iſt. Und die Indiui-
dua,
die nur der Zahl nach verſchieden ſind, machen
zuſammen genommen ſolche abſolute unterſte Arten
aus. An ſich betrachtet differiren ſolche Indiuidua in
nichts, als daß es mehrere ſind.

§. 133.

Jn Anſehung der Begriffe, ſo fern ſie einerley
oder verſchieden ſind, haben wir den Unterſchied zu
machen, ob man ſie an ſich betrachtet, und zwar nicht
weiter, als man ſie ſich klar vorſtellet, oder ob ſie in
Abſicht auf die Sache betrachtet werden, die ſie vor-
ſtellen. Denn ſo iſt es gar wohl moͤglich, daß man
ſich unter verſchiedenen Begriffen eine und eben die-
ſelbe Sache vorſtellet, und daher aus dem Unter-
ſchiede der Begriffe nicht ſo unbedingt auf den Unter-
ſchied der Sache einen Schluß machen kann. So
z. E. ſtelle ich mir eine und eben die Sache vor, wenn
ich einen gleichſeitigen, oder wenn ich einen gleich-
winklichten Triangel gedenke. Hingegen kann ein
und eben der Begriff mehrere, aber nur der Zahl
nach verſchiedene Dinge vorſtellen, und wenn es ein
Begriff einer hoͤhern Gattung iſt, ſo ſtellet er auch

der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0130" n="94"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck. Grund&#x017F;a&#x0364;tze</hi></fw><lb/>
&#x017F;am <hi rendition="#fr">local</hi> zu machen (§. 81.). Die <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Indiuidua</hi></hi> &#x017F;etzet<lb/>
man zu unter&#x017F;t, weil &#x017F;ie gleich&#x017F;am der <hi rendition="#fr">Grund</hi> oder<lb/>
das <hi rendition="#fr">Fundament</hi> zu dem Geba&#x0364;ude &#x017F;ind. Zuna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
daru&#x0364;ber werden die <hi rendition="#fr">Arten</hi> und u&#x0364;ber die&#x017F;e die <hi rendition="#fr">Gat-<lb/>
tungen</hi> ge&#x017F;etzet. Und da man mit drey Stufen nicht<lb/>
ausreicht, und die Sprache nicht mehrere Namen<lb/>
hat, &#x017F;o macht man die Begriffe von Arten und Gat-<lb/>
tungen relativ, und &#x017F;pricht von <hi rendition="#fr">ho&#x0364;hern Gattungen,</hi><lb/>
von <hi rendition="#fr">niedrigern Arten.</hi> Die er&#x017F;t betrachtete Art<lb/>
(§. 129. <hi rendition="#aq">&#x017F;eqq.</hi>) i&#x017F;t demnach &#x017F;chlechthin oder ab&#x017F;olute die<lb/>
unter&#x017F;te, weil &#x017F;ie von den <hi rendition="#aq">Indiuiduis</hi> nur dem Unter-<lb/>
&#x017F;chiede der Zahl nach ver&#x017F;chieden i&#x017F;t. Und die <hi rendition="#aq">Indiui-<lb/>
dua,</hi> die nur der Zahl nach ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, machen<lb/>
zu&#x017F;ammen genommen &#x017F;olche ab&#x017F;olute unter&#x017F;te Arten<lb/>
aus. An &#x017F;ich betrachtet differiren &#x017F;olche <hi rendition="#aq">Indiuidua</hi> in<lb/>
nichts, als daß es <hi rendition="#fr">mehrere</hi> &#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 133.</head><lb/>
            <p>Jn An&#x017F;ehung der Begriffe, &#x017F;o fern &#x017F;ie einerley<lb/>
oder ver&#x017F;chieden &#x017F;ind, haben wir den Unter&#x017F;chied zu<lb/>
machen, ob man &#x017F;ie an &#x017F;ich betrachtet, und zwar nicht<lb/>
weiter, als man &#x017F;ie &#x017F;ich klar vor&#x017F;tellet, oder ob &#x017F;ie in<lb/>
Ab&#x017F;icht auf die Sache betrachtet werden, die &#x017F;ie vor-<lb/>
&#x017F;tellen. Denn &#x017F;o i&#x017F;t es gar wohl mo&#x0364;glich, daß man<lb/>
&#x017F;ich unter ver&#x017F;chiedenen Begriffen eine und eben die-<lb/>
&#x017F;elbe Sache vor&#x017F;tellet, und daher aus dem Unter-<lb/>
&#x017F;chiede der Begriffe nicht &#x017F;o unbedingt auf den Unter-<lb/>
&#x017F;chied der Sache einen Schluß machen kann. So<lb/>
z. E. &#x017F;telle ich mir eine und eben die Sache vor, wenn<lb/>
ich einen gleich&#x017F;eitigen, oder wenn ich einen gleich-<lb/>
winklichten Triangel gedenke. Hingegen kann ein<lb/>
und eben der Begriff mehrere, aber nur der Zahl<lb/>
nach ver&#x017F;chiedene Dinge vor&#x017F;tellen, und wenn es ein<lb/>
Begriff einer ho&#x0364;hern Gattung i&#x017F;t, &#x017F;o &#x017F;tellet er auch<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0130] IV. Hauptſtuͤck. Grundſaͤtze ſam local zu machen (§. 81.). Die Indiuidua ſetzet man zu unterſt, weil ſie gleichſam der Grund oder das Fundament zu dem Gebaͤude ſind. Zunaͤchſt daruͤber werden die Arten und uͤber dieſe die Gat- tungen geſetzet. Und da man mit drey Stufen nicht ausreicht, und die Sprache nicht mehrere Namen hat, ſo macht man die Begriffe von Arten und Gat- tungen relativ, und ſpricht von hoͤhern Gattungen, von niedrigern Arten. Die erſt betrachtete Art (§. 129. ſeqq.) iſt demnach ſchlechthin oder abſolute die unterſte, weil ſie von den Indiuiduis nur dem Unter- ſchiede der Zahl nach verſchieden iſt. Und die Indiui- dua, die nur der Zahl nach verſchieden ſind, machen zuſammen genommen ſolche abſolute unterſte Arten aus. An ſich betrachtet differiren ſolche Indiuidua in nichts, als daß es mehrere ſind. §. 133. Jn Anſehung der Begriffe, ſo fern ſie einerley oder verſchieden ſind, haben wir den Unterſchied zu machen, ob man ſie an ſich betrachtet, und zwar nicht weiter, als man ſie ſich klar vorſtellet, oder ob ſie in Abſicht auf die Sache betrachtet werden, die ſie vor- ſtellen. Denn ſo iſt es gar wohl moͤglich, daß man ſich unter verſchiedenen Begriffen eine und eben die- ſelbe Sache vorſtellet, und daher aus dem Unter- ſchiede der Begriffe nicht ſo unbedingt auf den Unter- ſchied der Sache einen Schluß machen kann. So z. E. ſtelle ich mir eine und eben die Sache vor, wenn ich einen gleichſeitigen, oder wenn ich einen gleich- winklichten Triangel gedenke. Hingegen kann ein und eben der Begriff mehrere, aber nur der Zahl nach verſchiedene Dinge vorſtellen, und wenn es ein Begriff einer hoͤhern Gattung iſt, ſo ſtellet er auch der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/130
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/130>, abgerufen am 25.04.2024.