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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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und Forderungen der Jdentität.
in individualen Fällen kein unmittelbares Bild
zum Gegenstande haben, sondern die Bilder
der Dinge mitgenommen werden müssen, zwi-
schen welchen das Verhältniß statt findet.

Das nothwendige Wegbleiben jeder individualen Bil-
der bey den abstracten Begriffen, wenn sie anders
rein seyn sollen, mag allem Ansehen nach den Ari-
stoteles,
oder auch einen seiner Vorgänger, bewo-
gen haben, die Metaphysic mit diesem Namen zu
benennen. Nach unserer Art zu abstracten Begrif-
fen zu gelangen, verdienet sie diesen Namen noch
aus einem andern Grunde. Denn da unsere Er-
känntniß, und selbst auch die Sprache bey den Sin-
nen und sinnlichen individualen Bildern anfängt, so
gehen diese nothwendig vor. Demnach mag man
durch meta entweder trans oder post verstehen, so ist
diese Benennung richtig getroffen.

§. 154.

Bey den erst angeführten Verhältnißbegriffen,
einerley, ähnlich, gleich etc. kömmt eben so, wie
bey jeden abstracten Verhältnissen, noch ein Umstand
vor, der sie von dem individualen am meisten ent-
fernet, und dieses ist, die so gar große Mannich-
faltigkeit der Fälle, wobey diese Begriffe vor-
kommen.
Da diese Mannichfaltigkeit durchaus
uneingeschränkt ist (§. 124.), so haben wir die An-
wendbarkeit dieser Begriffe unter die Postulata gerech-
net, (§. 142. Postul. 4.). Diese Mannichfaltigkeit
aber verwirret die Einbildungskraft bey dem symbo-
lischen und transcendenten Vortrage der Lehre von
der Jdentität, weil sie sich nicht zugleich Bilder von
allen Arten der Fälle vorstellen kann, und auch nicht
sogleich alle diese Arten abzählet oder sich deren er-

innert.

und Forderungen der Jdentitaͤt.
in individualen Faͤllen kein unmittelbares Bild
zum Gegenſtande haben, ſondern die Bilder
der Dinge mitgenommen werden muͤſſen, zwi-
ſchen welchen das Verhaͤltniß ſtatt findet.

Das nothwendige Wegbleiben jeder individualen Bil-
der bey den abſtracten Begriffen, wenn ſie anders
rein ſeyn ſollen, mag allem Anſehen nach den Ari-
ſtoteles,
oder auch einen ſeiner Vorgaͤnger, bewo-
gen haben, die Metaphyſic mit dieſem Namen zu
benennen. Nach unſerer Art zu abſtracten Begrif-
fen zu gelangen, verdienet ſie dieſen Namen noch
aus einem andern Grunde. Denn da unſere Er-
kaͤnntniß, und ſelbſt auch die Sprache bey den Sin-
nen und ſinnlichen individualen Bildern anfaͤngt, ſo
gehen dieſe nothwendig vor. Demnach mag man
durch μετα entweder trans oder poſt verſtehen, ſo iſt
dieſe Benennung richtig getroffen.

§. 154.

Bey den erſt angefuͤhrten Verhaͤltnißbegriffen,
einerley, aͤhnlich, gleich ꝛc. koͤmmt eben ſo, wie
bey jeden abſtracten Verhaͤltniſſen, noch ein Umſtand
vor, der ſie von dem individualen am meiſten ent-
fernet, und dieſes iſt, die ſo gar große Mannich-
faltigkeit der Faͤlle, wobey dieſe Begriffe vor-
kommen.
Da dieſe Mannichfaltigkeit durchaus
uneingeſchraͤnkt iſt (§. 124.), ſo haben wir die An-
wendbarkeit dieſer Begriffe unter die Poſtulata gerech-
net, (§. 142. Poſtul. 4.). Dieſe Mannichfaltigkeit
aber verwirret die Einbildungskraft bey dem ſymbo-
liſchen und tranſcendenten Vortrage der Lehre von
der Jdentitaͤt, weil ſie ſich nicht zugleich Bilder von
allen Arten der Faͤlle vorſtellen kann, und auch nicht
ſogleich alle dieſe Arten abzaͤhlet oder ſich deren er-

innert.
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[111/0147] und Forderungen der Jdentitaͤt. in individualen Faͤllen kein unmittelbares Bild zum Gegenſtande haben, ſondern die Bilder der Dinge mitgenommen werden muͤſſen, zwi- ſchen welchen das Verhaͤltniß ſtatt findet. Das nothwendige Wegbleiben jeder individualen Bil- der bey den abſtracten Begriffen, wenn ſie anders rein ſeyn ſollen, mag allem Anſehen nach den Ari- ſtoteles, oder auch einen ſeiner Vorgaͤnger, bewo- gen haben, die Metaphyſic mit dieſem Namen zu benennen. Nach unſerer Art zu abſtracten Begrif- fen zu gelangen, verdienet ſie dieſen Namen noch aus einem andern Grunde. Denn da unſere Er- kaͤnntniß, und ſelbſt auch die Sprache bey den Sin- nen und ſinnlichen individualen Bildern anfaͤngt, ſo gehen dieſe nothwendig vor. Demnach mag man durch μετα entweder trans oder poſt verſtehen, ſo iſt dieſe Benennung richtig getroffen. §. 154. Bey den erſt angefuͤhrten Verhaͤltnißbegriffen, einerley, aͤhnlich, gleich ꝛc. koͤmmt eben ſo, wie bey jeden abſtracten Verhaͤltniſſen, noch ein Umſtand vor, der ſie von dem individualen am meiſten ent- fernet, und dieſes iſt, die ſo gar große Mannich- faltigkeit der Faͤlle, wobey dieſe Begriffe vor- kommen. Da dieſe Mannichfaltigkeit durchaus uneingeſchraͤnkt iſt (§. 124.), ſo haben wir die An- wendbarkeit dieſer Begriffe unter die Poſtulata gerech- net, (§. 142. Poſtul. 4.). Dieſe Mannichfaltigkeit aber verwirret die Einbildungskraft bey dem ſymbo- liſchen und tranſcendenten Vortrage der Lehre von der Jdentitaͤt, weil ſie ſich nicht zugleich Bilder von allen Arten der Faͤlle vorſtellen kann, und auch nicht ſogleich alle dieſe Arten abzaͤhlet oder ſich deren er- innert.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/147>, abgerufen am 23.04.2024.