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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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V. Hauptstück.
zu finden. Zu diesen Ursachen kömmt etwann auch
noch, daß man Arten zusammen nimmt, die nicht
zusammen gehören, und das Vieldeutige in den Wor-
ten von dem wirklich allgemeinen nicht behörig un-
terscheidet. Wenn aber auch dieses letztere wohl hin-
geht, oder diese Ursache nicht vorkömmt, so machen
doch die drey erstern, daß in den Definitionen nicht
alles ausgedrücket wird, was der Begriff in sich
schleußt. Denn so habe ich an angeführtem Orte
der Dianoiologie bereits angemerket, daß wenn uns
die unter eine Gattung gehörenden Indiuidua recht
bekannt sind, der Begriff, den wir von der Gattung
haben, auch noch bis in den kleinern Theilen uns
gleichsam das Modell, Bild, Formular, oder wie
man es nennen will, von den Indiuiduis vorstellet.
(Dianoiol. §. 111. 112.). Das Allgemeine in den be-
sondern Bestimmungen und Verhältnissen sollte in
der Definition der Gattung noch mit beybehalten
werden, und es könnte geschehen, wenn es genau aus-
gesondert würde, und die Sprache Wörter dazu hätte.

§. 196.

Wenn aber auch dieses immer erhalten werden
könnte, so würden die Begriffe der Gattungen da-
durch zwar weitläuftiger und vollständiger, als sie der-
malen sind; sie würden aber noch nicht weitläuftiger,
als die Begriffe von den besondern Arten und Indiui-
duis,
so darunter gehören, weil diese noch immer eini-
ge Bestimmungen, und zwar der Zahl nach, mehr
haben würden. Dieses würde sie demnach noch im-
mer von den mathematischen allgemeinen Begriffen
und Formeln verschieden machen, als welche zugleich
mit der größern Allgemeinheit weitläuftiger werden,
weil sie sich auf mehrere Fälle ausdehnen. Wir wer-
den den Grund dieses Unterschiedes leicht darinn fin-

den,

V. Hauptſtuͤck.
zu finden. Zu dieſen Urſachen koͤmmt etwann auch
noch, daß man Arten zuſammen nimmt, die nicht
zuſammen gehoͤren, und das Vieldeutige in den Wor-
ten von dem wirklich allgemeinen nicht behoͤrig un-
terſcheidet. Wenn aber auch dieſes letztere wohl hin-
geht, oder dieſe Urſache nicht vorkoͤmmt, ſo machen
doch die drey erſtern, daß in den Definitionen nicht
alles ausgedruͤcket wird, was der Begriff in ſich
ſchleußt. Denn ſo habe ich an angefuͤhrtem Orte
der Dianoiologie bereits angemerket, daß wenn uns
die unter eine Gattung gehoͤrenden Indiuidua recht
bekannt ſind, der Begriff, den wir von der Gattung
haben, auch noch bis in den kleinern Theilen uns
gleichſam das Modell, Bild, Formular, oder wie
man es nennen will, von den Indiuiduis vorſtellet.
(Dianoiol. §. 111. 112.). Das Allgemeine in den be-
ſondern Beſtimmungen und Verhaͤltniſſen ſollte in
der Definition der Gattung noch mit beybehalten
werden, und es koͤnnte geſchehen, wenn es genau aus-
geſondert wuͤrde, und die Sprache Woͤrter dazu haͤtte.

§. 196.

Wenn aber auch dieſes immer erhalten werden
koͤnnte, ſo wuͤrden die Begriffe der Gattungen da-
durch zwar weitlaͤuftiger und vollſtaͤndiger, als ſie der-
malen ſind; ſie wuͤrden aber noch nicht weitlaͤuftiger,
als die Begriffe von den beſondern Arten und Indiui-
duis,
ſo darunter gehoͤren, weil dieſe noch immer eini-
ge Beſtimmungen, und zwar der Zahl nach, mehr
haben wuͤrden. Dieſes wuͤrde ſie demnach noch im-
mer von den mathematiſchen allgemeinen Begriffen
und Formeln verſchieden machen, als welche zugleich
mit der groͤßern Allgemeinheit weitlaͤuftiger werden,
weil ſie ſich auf mehrere Faͤlle ausdehnen. Wir wer-
den den Grund dieſes Unterſchiedes leicht darinn fin-

den,
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[156/0192] V. Hauptſtuͤck. zu finden. Zu dieſen Urſachen koͤmmt etwann auch noch, daß man Arten zuſammen nimmt, die nicht zuſammen gehoͤren, und das Vieldeutige in den Wor- ten von dem wirklich allgemeinen nicht behoͤrig un- terſcheidet. Wenn aber auch dieſes letztere wohl hin- geht, oder dieſe Urſache nicht vorkoͤmmt, ſo machen doch die drey erſtern, daß in den Definitionen nicht alles ausgedruͤcket wird, was der Begriff in ſich ſchleußt. Denn ſo habe ich an angefuͤhrtem Orte der Dianoiologie bereits angemerket, daß wenn uns die unter eine Gattung gehoͤrenden Indiuidua recht bekannt ſind, der Begriff, den wir von der Gattung haben, auch noch bis in den kleinern Theilen uns gleichſam das Modell, Bild, Formular, oder wie man es nennen will, von den Indiuiduis vorſtellet. (Dianoiol. §. 111. 112.). Das Allgemeine in den be- ſondern Beſtimmungen und Verhaͤltniſſen ſollte in der Definition der Gattung noch mit beybehalten werden, und es koͤnnte geſchehen, wenn es genau aus- geſondert wuͤrde, und die Sprache Woͤrter dazu haͤtte. §. 196. Wenn aber auch dieſes immer erhalten werden koͤnnte, ſo wuͤrden die Begriffe der Gattungen da- durch zwar weitlaͤuftiger und vollſtaͤndiger, als ſie der- malen ſind; ſie wuͤrden aber noch nicht weitlaͤuftiger, als die Begriffe von den beſondern Arten und Indiui- duis, ſo darunter gehoͤren, weil dieſe noch immer eini- ge Beſtimmungen, und zwar der Zahl nach, mehr haben wuͤrden. Dieſes wuͤrde ſie demnach noch im- mer von den mathematiſchen allgemeinen Begriffen und Formeln verſchieden machen, als welche zugleich mit der groͤßern Allgemeinheit weitlaͤuftiger werden, weil ſie ſich auf mehrere Faͤlle ausdehnen. Wir wer- den den Grund dieſes Unterſchiedes leicht darinn fin- den,

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/192>, abgerufen am 29.03.2024.