Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

und das Nicht wahr seyn.
nicht mit dabey ist. Da sich nun ohne Solides
und ohne Kräfte nichts Existirendes gedenken läßt,
so ist das Solide nebst den Kräften die Grund-
lage zu der metaphysischen Wahrheit.
Und hin-
wiederum, daferne alles für sich und durchaus
Gedenkbare soll existiren können, so muß sich
auch die von den Kräften herrührende positive
Möglichkeit, und mit dieser die Kräfte selbst
so weit erstrecken, daß sie auf alles gehen, was
nicht
A und Nicht - A zugleich ist, und so weit
haben wir sie auch oben (§. 243.) ausgedehnet. Da-
durch aber werden diese Kräfte, als allem übri-
gen Existirenden vorexistirend angenommen.

Denn wäre dieses nicht, so würde auch alles, was
dadurch zur Wirklichkeit gebracht werden könnte, im
Nichts zurücke bleiben, so sehr es auch Gedenkbar
seyn möchte. Und überhaupt, wenn nichts exi-
stirt, so kann nichts existiren,
weil ohne bereits
existirende Kräfte nichts zur Existenz gebracht wer-
den, so wie auch Nichts von sich selbst zur Existenz
kommen kann.

§. 298.

Wir haben hiebey das Solide, und besonders die
Kräfte, als die Grundlage der metaphysischen Wahr-
heit angegeben, und dieses ist nun auf eine gedop-
pelte Art. Einmal können wir als ein Postulatum
voraussetzen; daß das Solide und die Kräfte
existiren können,
(§. 105.). Und dieses nehmen
wir hier nicht a posteriori, oder schlechthin nur des-
wegen an, weil die wirkliche Welt uns beydes vor
Augen leget. Sondern wir sehen hier das Solide,
die Kraft, die Existenz und das Können als ein-
fache Begriffe an (§. 46. N°. I. III.), und erst ange-

führter

und das Nicht wahr ſeyn.
nicht mit dabey iſt. Da ſich nun ohne Solides
und ohne Kraͤfte nichts Exiſtirendes gedenken laͤßt,
ſo iſt das Solide nebſt den Kraͤften die Grund-
lage zu der metaphyſiſchen Wahrheit.
Und hin-
wiederum, daferne alles fuͤr ſich und durchaus
Gedenkbare ſoll exiſtiren koͤnnen, ſo muß ſich
auch die von den Kraͤften herruͤhrende poſitive
Moͤglichkeit, und mit dieſer die Kraͤfte ſelbſt
ſo weit erſtrecken, daß ſie auf alles gehen, was
nicht
A und NichtA zugleich iſt, und ſo weit
haben wir ſie auch oben (§. 243.) ausgedehnet. Da-
durch aber werden dieſe Kraͤfte, als allem uͤbri-
gen Exiſtirenden vorexiſtirend angenommen.

Denn waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde auch alles, was
dadurch zur Wirklichkeit gebracht werden koͤnnte, im
Nichts zuruͤcke bleiben, ſo ſehr es auch Gedenkbar
ſeyn moͤchte. Und uͤberhaupt, wenn nichts exi-
ſtirt, ſo kann nichts exiſtiren,
weil ohne bereits
exiſtirende Kraͤfte nichts zur Exiſtenz gebracht wer-
den, ſo wie auch Nichts von ſich ſelbſt zur Exiſtenz
kommen kann.

§. 298.

Wir haben hiebey das Solide, und beſonders die
Kraͤfte, als die Grundlage der metaphyſiſchen Wahr-
heit angegeben, und dieſes iſt nun auf eine gedop-
pelte Art. Einmal koͤnnen wir als ein Poſtulatum
vorausſetzen; daß das Solide und die Kraͤfte
exiſtiren koͤnnen,
(§. 105.). Und dieſes nehmen
wir hier nicht a poſteriori, oder ſchlechthin nur des-
wegen an, weil die wirkliche Welt uns beydes vor
Augen leget. Sondern wir ſehen hier das Solide,
die Kraft, die Exiſtenz und das Koͤnnen als ein-
fache Begriffe an (§. 46. N°. I. III.), und erſt ange-

fuͤhrter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0323" n="287"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">und das Nicht wahr &#x017F;eyn.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">nicht mit dabey i&#x017F;t.</hi> Da &#x017F;ich nun ohne <hi rendition="#fr">Solides</hi><lb/>
und ohne <hi rendition="#fr">Kra&#x0364;fte</hi> nichts Exi&#x017F;tirendes gedenken la&#x0364;ßt,<lb/><hi rendition="#fr">&#x017F;o i&#x017F;t das Solide neb&#x017F;t den Kra&#x0364;ften die Grund-<lb/>
lage zu der metaphy&#x017F;i&#x017F;chen Wahrheit.</hi> Und hin-<lb/>
wiederum, <hi rendition="#fr">daferne alles fu&#x0364;r &#x017F;ich und durchaus<lb/>
Gedenkbare &#x017F;oll exi&#x017F;tiren ko&#x0364;nnen, &#x017F;o muß &#x017F;ich<lb/>
auch die von den Kra&#x0364;ften herru&#x0364;hrende po&#x017F;itive<lb/>
Mo&#x0364;glichkeit, und mit die&#x017F;er die Kra&#x0364;fte &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o weit er&#x017F;trecken, daß &#x017F;ie auf alles gehen, was<lb/>
nicht</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">und Nicht</hi> &#x2012; <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">A</hi></hi> <hi rendition="#fr">zugleich i&#x017F;t,</hi> und &#x017F;o weit<lb/>
haben wir &#x017F;ie auch oben (§. 243.) ausgedehnet. Da-<lb/>
durch aber <hi rendition="#fr">werden die&#x017F;e Kra&#x0364;fte, als allem u&#x0364;bri-<lb/>
gen Exi&#x017F;tirenden vorexi&#x017F;tirend angenommen.</hi><lb/>
Denn wa&#x0364;re die&#x017F;es nicht, &#x017F;o wu&#x0364;rde auch alles, was<lb/>
dadurch zur Wirklichkeit gebracht werden ko&#x0364;nnte, im<lb/>
Nichts zuru&#x0364;cke bleiben, &#x017F;o &#x017F;ehr es auch Gedenkbar<lb/>
&#x017F;eyn mo&#x0364;chte. Und u&#x0364;berhaupt, <hi rendition="#fr">wenn nichts exi-<lb/>
&#x017F;tirt, &#x017F;o kann nichts exi&#x017F;tiren,</hi> weil ohne bereits<lb/>
exi&#x017F;tirende Kra&#x0364;fte nichts zur Exi&#x017F;tenz gebracht wer-<lb/>
den, &#x017F;o wie auch Nichts von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zur Exi&#x017F;tenz<lb/>
kommen kann.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 298.</head><lb/>
            <p>Wir haben hiebey das <hi rendition="#fr">Solide,</hi> und be&#x017F;onders die<lb/><hi rendition="#fr">Kra&#x0364;fte,</hi> als die Grundlage der metaphy&#x017F;i&#x017F;chen Wahr-<lb/>
heit angegeben, und die&#x017F;es i&#x017F;t nun auf eine gedop-<lb/>
pelte Art. Einmal ko&#x0364;nnen wir als ein <hi rendition="#aq">Po&#x017F;tulatum</hi><lb/>
voraus&#x017F;etzen; <hi rendition="#fr">daß das Solide und die Kra&#x0364;fte<lb/>
exi&#x017F;tiren ko&#x0364;nnen,</hi> (§. 105.). Und die&#x017F;es nehmen<lb/>
wir hier nicht <hi rendition="#aq">a po&#x017F;teriori,</hi> oder &#x017F;chlechthin nur des-<lb/>
wegen an, weil die wirkliche Welt uns beydes vor<lb/>
Augen leget. Sondern wir &#x017F;ehen hier das <hi rendition="#fr">Solide,</hi><lb/>
die <hi rendition="#fr">Kraft,</hi> die Exi&#x017F;tenz und das <hi rendition="#fr">Ko&#x0364;nnen</hi> als ein-<lb/>
fache Begriffe an (§. 46. <hi rendition="#aq">N°. I. III.</hi>), und er&#x017F;t ange-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">fu&#x0364;hrter</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[287/0323] und das Nicht wahr ſeyn. nicht mit dabey iſt. Da ſich nun ohne Solides und ohne Kraͤfte nichts Exiſtirendes gedenken laͤßt, ſo iſt das Solide nebſt den Kraͤften die Grund- lage zu der metaphyſiſchen Wahrheit. Und hin- wiederum, daferne alles fuͤr ſich und durchaus Gedenkbare ſoll exiſtiren koͤnnen, ſo muß ſich auch die von den Kraͤften herruͤhrende poſitive Moͤglichkeit, und mit dieſer die Kraͤfte ſelbſt ſo weit erſtrecken, daß ſie auf alles gehen, was nicht A und Nicht ‒ A zugleich iſt, und ſo weit haben wir ſie auch oben (§. 243.) ausgedehnet. Da- durch aber werden dieſe Kraͤfte, als allem uͤbri- gen Exiſtirenden vorexiſtirend angenommen. Denn waͤre dieſes nicht, ſo wuͤrde auch alles, was dadurch zur Wirklichkeit gebracht werden koͤnnte, im Nichts zuruͤcke bleiben, ſo ſehr es auch Gedenkbar ſeyn moͤchte. Und uͤberhaupt, wenn nichts exi- ſtirt, ſo kann nichts exiſtiren, weil ohne bereits exiſtirende Kraͤfte nichts zur Exiſtenz gebracht wer- den, ſo wie auch Nichts von ſich ſelbſt zur Exiſtenz kommen kann. §. 298. Wir haben hiebey das Solide, und beſonders die Kraͤfte, als die Grundlage der metaphyſiſchen Wahr- heit angegeben, und dieſes iſt nun auf eine gedop- pelte Art. Einmal koͤnnen wir als ein Poſtulatum vorausſetzen; daß das Solide und die Kraͤfte exiſtiren koͤnnen, (§. 105.). Und dieſes nehmen wir hier nicht a poſteriori, oder ſchlechthin nur des- wegen an, weil die wirkliche Welt uns beydes vor Augen leget. Sondern wir ſehen hier das Solide, die Kraft, die Exiſtenz und das Koͤnnen als ein- fache Begriffe an (§. 46. N°. I. III.), und erſt ange- fuͤhrter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/323
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/323>, abgerufen am 16.04.2024.