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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771.

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Das Volle und das Durchgängige.
und eine macht an der andern eine Ausnahm, wenn
in einerley Theilen der Sache nicht alle zugleich statt
haben können, so sehr auch jede für sich anwendbar
wäre. Wenn von den Regeln eine sich unmittelbar
auf ein Postulatum gründet, so ist sie unbedingt an-
wendbar. Hingegen kann sie durch andere einge-
schränket werden, und in so ferne giebt es bereits un-
ter den ersten Grundsätzen solche, welche der an sich
unbedingten Anwendung der Forderungen, wenn
mehrere zusammen genommen werden, oder der Zu-
sammensetzung einfacher Möglichkeiten Schranken
setzen, (§. 105.).

§. 360.

Man hat sich daher um desto weniger zu verwun-
dern, wenn in zusammengesetzten Vollkommenheiten
Einschränkungen vorkommen, weil das Maximum,
so dabey statt haben muß, alle Theile und ihre Ver-
hältnisse auf bestimmte Zahlen setzet, und eben da-
durch eigentlich zum Maximo wird, daß die Ver-
größerung und Verbesserung der einen Theile die
Vergrößerung und Verbesserung der andern bestim-
met und einschränket, (§. 385.). Zuweilen fällt auch
in einer an sich vollkommenen Sache der Grund von
solchen Einschränkungen nicht so leicht in die Augen,
besonders, wo die Sache mit mehrern andern
in Verbindung steht,
und eben dadurch bestimmte
Schranken erhält. Jn diesen Fällen haben die Aus-
nahmen, die man daran wahrnimmt, den Schein
eines Fehlers oder Mangels. Wir können die wirk-
liche Welt zum Beyspiel nehmen. Jm Ganzen ist
sie ein Indiuiduum, welches, weil es existirt, die
Möglichkeit zu existiren, fort zu dauern, und folglich
im Beharrungsstande zu bleiben, nothwendig vor-

aus

Das Volle und das Durchgaͤngige.
und eine macht an der andern eine Ausnahm, wenn
in einerley Theilen der Sache nicht alle zugleich ſtatt
haben koͤnnen, ſo ſehr auch jede fuͤr ſich anwendbar
waͤre. Wenn von den Regeln eine ſich unmittelbar
auf ein Poſtulatum gruͤndet, ſo iſt ſie unbedingt an-
wendbar. Hingegen kann ſie durch andere einge-
ſchraͤnket werden, und in ſo ferne giebt es bereits un-
ter den erſten Grundſaͤtzen ſolche, welche der an ſich
unbedingten Anwendung der Forderungen, wenn
mehrere zuſammen genommen werden, oder der Zu-
ſammenſetzung einfacher Moͤglichkeiten Schranken
ſetzen, (§. 105.).

§. 360.

Man hat ſich daher um deſto weniger zu verwun-
dern, wenn in zuſammengeſetzten Vollkommenheiten
Einſchraͤnkungen vorkommen, weil das Maximum,
ſo dabey ſtatt haben muß, alle Theile und ihre Ver-
haͤltniſſe auf beſtimmte Zahlen ſetzet, und eben da-
durch eigentlich zum Maximo wird, daß die Ver-
groͤßerung und Verbeſſerung der einen Theile die
Vergroͤßerung und Verbeſſerung der andern beſtim-
met und einſchraͤnket, (§. 385.). Zuweilen faͤllt auch
in einer an ſich vollkommenen Sache der Grund von
ſolchen Einſchraͤnkungen nicht ſo leicht in die Augen,
beſonders, wo die Sache mit mehrern andern
in Verbindung ſteht,
und eben dadurch beſtimmte
Schranken erhaͤlt. Jn dieſen Faͤllen haben die Aus-
nahmen, die man daran wahrnimmt, den Schein
eines Fehlers oder Mangels. Wir koͤnnen die wirk-
liche Welt zum Beyſpiel nehmen. Jm Ganzen iſt
ſie ein Indiuiduum, welches, weil es exiſtirt, die
Moͤglichkeit zu exiſtiren, fort zu dauern, und folglich
im Beharrungsſtande zu bleiben, nothwendig vor-

aus
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[351/0387] Das Volle und das Durchgaͤngige. und eine macht an der andern eine Ausnahm, wenn in einerley Theilen der Sache nicht alle zugleich ſtatt haben koͤnnen, ſo ſehr auch jede fuͤr ſich anwendbar waͤre. Wenn von den Regeln eine ſich unmittelbar auf ein Poſtulatum gruͤndet, ſo iſt ſie unbedingt an- wendbar. Hingegen kann ſie durch andere einge- ſchraͤnket werden, und in ſo ferne giebt es bereits un- ter den erſten Grundſaͤtzen ſolche, welche der an ſich unbedingten Anwendung der Forderungen, wenn mehrere zuſammen genommen werden, oder der Zu- ſammenſetzung einfacher Moͤglichkeiten Schranken ſetzen, (§. 105.). §. 360. Man hat ſich daher um deſto weniger zu verwun- dern, wenn in zuſammengeſetzten Vollkommenheiten Einſchraͤnkungen vorkommen, weil das Maximum, ſo dabey ſtatt haben muß, alle Theile und ihre Ver- haͤltniſſe auf beſtimmte Zahlen ſetzet, und eben da- durch eigentlich zum Maximo wird, daß die Ver- groͤßerung und Verbeſſerung der einen Theile die Vergroͤßerung und Verbeſſerung der andern beſtim- met und einſchraͤnket, (§. 385.). Zuweilen faͤllt auch in einer an ſich vollkommenen Sache der Grund von ſolchen Einſchraͤnkungen nicht ſo leicht in die Augen, beſonders, wo die Sache mit mehrern andern in Verbindung ſteht, und eben dadurch beſtimmte Schranken erhaͤlt. Jn dieſen Faͤllen haben die Aus- nahmen, die man daran wahrnimmt, den Schein eines Fehlers oder Mangels. Wir koͤnnen die wirk- liche Welt zum Beyſpiel nehmen. Jm Ganzen iſt ſie ein Indiuiduum, welches, weil es exiſtirt, die Moͤglichkeit zu exiſtiren, fort zu dauern, und folglich im Beharrungsſtande zu bleiben, nothwendig vor- aus

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 1. Riga, 1771, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic01_1771/387>, abgerufen am 25.04.2024.