Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
Ursachen und Wirkungen.
§. 607.

Wir können die Erklärung des Blitzes zum Bey-
spiele nehmen, wie leicht solche Analogien fehlschla-
gen können. Anfangs wußte man keine andere Aehn-
lichkeit, wie der Blitz einschlagen könnte, als daß
man sich den Jupiter vorstellte, welcher die Donner-
keule werfen
mußte, und höchstens konnte man ur-
theilen, daß sie schweflicht seyn. Nach der Erfin-
dung des Pulvers hatte man für Blitz und Knall
eine neue Art von Aehnlichkeit; und verschiedene chy-
mische Materien, die sich theils bey der Vermi-
schung, theils auch in freyer Luft, von selbst entzün-
deten,
gaben ebenfalls Anlaß, solche Vermischun-
gen
in der Luft selbst zu setzen. Die Electricität gab
endlich neue Analogien an, da man durch bloßes Rei-
ben Licht und Knall hervorbringen, und bey dem
Ungewitter die Körper ohne das Reiben electrisch ma-
chen konnte. Bey allem diesem wurde die Aehnlich-
keit stufenweise größer, doch nicht so, daß sie nicht
größer werden könnte. Denn wenn auch schweflichte
und andere chymische Materien in der Luft sind, und
etwas electrisches sich gleichfalls mit einfindet, so
kann es dennoch seyn, daß ersteres nur Materialen,
letzteres aber nur Wirkungen sind, die sich mit ein-
finden, und sämmtlich durch eine noch unbekannte
Ursache nur rege gemacht werden. Die Natur hat
ohnehin Mechanismos und chymische Processe, die die
Kunst nicht erreichet, weil man weder alle feinere
Materien und Kräfte der Natur kennet, noch sie zu
seiner Disposition hat, (§. 214.).

§. 608.

Jn allen solchen Fällen muß man genau untersu-
chen, wie weit man mit solchen Analogien reichet.

So
P 2
Urſachen und Wirkungen.
§. 607.

Wir koͤnnen die Erklaͤrung des Blitzes zum Bey-
ſpiele nehmen, wie leicht ſolche Analogien fehlſchla-
gen koͤnnen. Anfangs wußte man keine andere Aehn-
lichkeit, wie der Blitz einſchlagen koͤnnte, als daß
man ſich den Jupiter vorſtellte, welcher die Donner-
keule werfen
mußte, und hoͤchſtens konnte man ur-
theilen, daß ſie ſchweflicht ſeyn. Nach der Erfin-
dung des Pulvers hatte man fuͤr Blitz und Knall
eine neue Art von Aehnlichkeit; und verſchiedene chy-
miſche Materien, die ſich theils bey der Vermi-
ſchung, theils auch in freyer Luft, von ſelbſt entzuͤn-
deten,
gaben ebenfalls Anlaß, ſolche Vermiſchun-
gen
in der Luft ſelbſt zu ſetzen. Die Electricitaͤt gab
endlich neue Analogien an, da man durch bloßes Rei-
ben Licht und Knall hervorbringen, und bey dem
Ungewitter die Koͤrper ohne das Reiben electriſch ma-
chen konnte. Bey allem dieſem wurde die Aehnlich-
keit ſtufenweiſe groͤßer, doch nicht ſo, daß ſie nicht
groͤßer werden koͤnnte. Denn wenn auch ſchweflichte
und andere chymiſche Materien in der Luft ſind, und
etwas electriſches ſich gleichfalls mit einfindet, ſo
kann es dennoch ſeyn, daß erſteres nur Materialen,
letzteres aber nur Wirkungen ſind, die ſich mit ein-
finden, und ſaͤmmtlich durch eine noch unbekannte
Urſache nur rege gemacht werden. Die Natur hat
ohnehin Mechanismos und chymiſche Proceſſe, die die
Kunſt nicht erreichet, weil man weder alle feinere
Materien und Kraͤfte der Natur kennet, noch ſie zu
ſeiner Diſpoſition hat, (§. 214.).

§. 608.

Jn allen ſolchen Faͤllen muß man genau unterſu-
chen, wie weit man mit ſolchen Analogien reichet.

So
P 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0235" n="227"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Ur&#x017F;achen und Wirkungen.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 607.</head><lb/>
            <p>Wir ko&#x0364;nnen die Erkla&#x0364;rung des Blitzes zum Bey-<lb/>
&#x017F;piele nehmen, wie leicht &#x017F;olche Analogien fehl&#x017F;chla-<lb/>
gen ko&#x0364;nnen. Anfangs wußte man keine andere Aehn-<lb/>
lichkeit, wie der Blitz ein&#x017F;chlagen ko&#x0364;nnte, als daß<lb/>
man &#x017F;ich den Jupiter vor&#x017F;tellte, welcher die <hi rendition="#fr">Donner-<lb/>
keule werfen</hi> mußte, und ho&#x0364;ch&#x017F;tens konnte man ur-<lb/>
theilen, daß &#x017F;ie <hi rendition="#fr">&#x017F;chweflicht</hi> &#x017F;eyn. Nach der Erfin-<lb/>
dung des Pulvers hatte man fu&#x0364;r <hi rendition="#fr">Blitz</hi> und <hi rendition="#fr">Knall</hi><lb/>
eine neue Art von Aehnlichkeit; und ver&#x017F;chiedene chy-<lb/>
mi&#x017F;che Materien, die &#x017F;ich theils bey der Vermi-<lb/>
&#x017F;chung, theils auch in freyer Luft, von &#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#fr">entzu&#x0364;n-<lb/>
deten,</hi> gaben ebenfalls Anlaß, &#x017F;olche <hi rendition="#fr">Vermi&#x017F;chun-<lb/>
gen</hi> in der Luft &#x017F;elb&#x017F;t zu &#x017F;etzen. Die Electricita&#x0364;t gab<lb/>
endlich neue Analogien an, da man durch bloßes Rei-<lb/>
ben <hi rendition="#fr">Licht</hi> und <hi rendition="#fr">Knall</hi> hervorbringen, und bey dem<lb/>
Ungewitter die Ko&#x0364;rper ohne das Reiben electri&#x017F;ch ma-<lb/>
chen konnte. Bey allem die&#x017F;em wurde die Aehnlich-<lb/>
keit &#x017F;tufenwei&#x017F;e gro&#x0364;ßer, doch nicht &#x017F;o, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
gro&#x0364;ßer werden ko&#x0364;nnte. Denn wenn auch &#x017F;chweflichte<lb/>
und andere chymi&#x017F;che Materien in der Luft &#x017F;ind, und<lb/>
etwas electri&#x017F;ches &#x017F;ich gleichfalls mit einfindet, &#x017F;o<lb/>
kann es dennoch &#x017F;eyn, daß er&#x017F;teres nur Materialen,<lb/>
letzteres aber nur Wirkungen &#x017F;ind, die &#x017F;ich mit ein-<lb/>
finden, und &#x017F;a&#x0364;mmtlich durch eine noch unbekannte<lb/>
Ur&#x017F;ache nur rege gemacht werden. Die Natur hat<lb/>
ohnehin <hi rendition="#aq">Mechanismos</hi> und chymi&#x017F;che Proce&#x017F;&#x017F;e, die die<lb/>
Kun&#x017F;t nicht erreichet, weil man weder alle feinere<lb/>
Materien und Kra&#x0364;fte der Natur kennet, noch &#x017F;ie zu<lb/>
&#x017F;einer Di&#x017F;po&#x017F;ition hat, (§. 214.).</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 608.</head><lb/>
            <p>Jn allen &#x017F;olchen Fa&#x0364;llen muß man genau unter&#x017F;u-<lb/>
chen, wie weit man mit &#x017F;olchen Analogien reichet.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">P 2</fw><fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0235] Urſachen und Wirkungen. §. 607. Wir koͤnnen die Erklaͤrung des Blitzes zum Bey- ſpiele nehmen, wie leicht ſolche Analogien fehlſchla- gen koͤnnen. Anfangs wußte man keine andere Aehn- lichkeit, wie der Blitz einſchlagen koͤnnte, als daß man ſich den Jupiter vorſtellte, welcher die Donner- keule werfen mußte, und hoͤchſtens konnte man ur- theilen, daß ſie ſchweflicht ſeyn. Nach der Erfin- dung des Pulvers hatte man fuͤr Blitz und Knall eine neue Art von Aehnlichkeit; und verſchiedene chy- miſche Materien, die ſich theils bey der Vermi- ſchung, theils auch in freyer Luft, von ſelbſt entzuͤn- deten, gaben ebenfalls Anlaß, ſolche Vermiſchun- gen in der Luft ſelbſt zu ſetzen. Die Electricitaͤt gab endlich neue Analogien an, da man durch bloßes Rei- ben Licht und Knall hervorbringen, und bey dem Ungewitter die Koͤrper ohne das Reiben electriſch ma- chen konnte. Bey allem dieſem wurde die Aehnlich- keit ſtufenweiſe groͤßer, doch nicht ſo, daß ſie nicht groͤßer werden koͤnnte. Denn wenn auch ſchweflichte und andere chymiſche Materien in der Luft ſind, und etwas electriſches ſich gleichfalls mit einfindet, ſo kann es dennoch ſeyn, daß erſteres nur Materialen, letzteres aber nur Wirkungen ſind, die ſich mit ein- finden, und ſaͤmmtlich durch eine noch unbekannte Urſache nur rege gemacht werden. Die Natur hat ohnehin Mechanismos und chymiſche Proceſſe, die die Kunſt nicht erreichet, weil man weder alle feinere Materien und Kraͤfte der Natur kennet, noch ſie zu ſeiner Diſpoſition hat, (§. 214.). §. 608. Jn allen ſolchen Faͤllen muß man genau unterſu- chen, wie weit man mit ſolchen Analogien reichet. So P 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/235
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/235>, abgerufen am 19.04.2024.