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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Zusatz zum neunzehnten Hauptstücke.
gehöret ebenfalls hieher. Denn die Anordnung und
überhaupt die ganze Form des Vortrages ergiebt sich
erst dann besser und leichter, wenn man das, so man
vortragen will, bereits gesammlet und vor Augen hat,
zumal, wo die ganze Sache noch erst aus einander
gelesen, berichtiget und in Zusammenhang gebracht
werden muß. Dann erst zeiget es sich genauer und
umständlicher, welcher Formen die Sache fähig ist,
und zu welchen speciellern Absichten sie theils unmit-
telbar, theils in andern Verbindungen dienen kann.
Wenn man z. E. die Ontologie höchstens nur als
ein philosophisches Wörterbuch wollte gelten
lassen, so glaubte man, daß sie noch zu keiner andern
Absicht eingerichtet sey, als daß man die Bedeu-
tung
einer gewissen Anzahl abstracter und theils bar-
barischer Wörter daraus lernen könne. Von den
dadurch angezeigten Begriffen und Dingen selbst,
von den Absichten, wohin sie dienen können etc. muß
also in einigen solcher Ontologien wenig oder gar
nichts zu finden gewesen seyn.

XXVIII.

Das, was man die rechte Form heißt, kann in
besondern Fällen die Uebereinstimmung mit der über-
haupt vorgeschriebenen Form
bedeuten. Man
muß aber auch bey dieser voraus setzen, daß sie recht
oder richtig vorgeschrieben, und demnach der Sa-
che
und der Absicht gemäß sey. Soll aber etwas
in der rechten Form geschehen, so bezieht sich
dieses auf die Anordnung des Verfahrens. Die
Form, so die Sache erhalten soll, entsteht nicht
sprungsweise, sondern gewöhnlich muß die Sache
durch mehrere Formen durchgeführet und stufenweise
mehr ausgebildet, zusammengeordnet, in Verbin-

dung

Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke.
gehoͤret ebenfalls hieher. Denn die Anordnung und
uͤberhaupt die ganze Form des Vortrages ergiebt ſich
erſt dann beſſer und leichter, wenn man das, ſo man
vortragen will, bereits geſammlet und vor Augen hat,
zumal, wo die ganze Sache noch erſt aus einander
geleſen, berichtiget und in Zuſammenhang gebracht
werden muß. Dann erſt zeiget es ſich genauer und
umſtaͤndlicher, welcher Formen die Sache faͤhig iſt,
und zu welchen ſpeciellern Abſichten ſie theils unmit-
telbar, theils in andern Verbindungen dienen kann.
Wenn man z. E. die Ontologie hoͤchſtens nur als
ein philoſophiſches Woͤrterbuch wollte gelten
laſſen, ſo glaubte man, daß ſie noch zu keiner andern
Abſicht eingerichtet ſey, als daß man die Bedeu-
tung
einer gewiſſen Anzahl abſtracter und theils bar-
bariſcher Woͤrter daraus lernen koͤnne. Von den
dadurch angezeigten Begriffen und Dingen ſelbſt,
von den Abſichten, wohin ſie dienen koͤnnen ꝛc. muß
alſo in einigen ſolcher Ontologien wenig oder gar
nichts zu finden geweſen ſeyn.

XXVIII.

Das, was man die rechte Form heißt, kann in
beſondern Faͤllen die Uebereinſtimmung mit der uͤber-
haupt vorgeſchriebenen Form
bedeuten. Man
muß aber auch bey dieſer voraus ſetzen, daß ſie recht
oder richtig vorgeſchrieben, und demnach der Sa-
che
und der Abſicht gemaͤß ſey. Soll aber etwas
in der rechten Form geſchehen, ſo bezieht ſich
dieſes auf die Anordnung des Verfahrens. Die
Form, ſo die Sache erhalten ſoll, entſteht nicht
ſprungsweiſe, ſondern gewoͤhnlich muß die Sache
durch mehrere Formen durchgefuͤhret und ſtufenweiſe
mehr ausgebildet, zuſammengeordnet, in Verbin-

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[252/0260] Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke. gehoͤret ebenfalls hieher. Denn die Anordnung und uͤberhaupt die ganze Form des Vortrages ergiebt ſich erſt dann beſſer und leichter, wenn man das, ſo man vortragen will, bereits geſammlet und vor Augen hat, zumal, wo die ganze Sache noch erſt aus einander geleſen, berichtiget und in Zuſammenhang gebracht werden muß. Dann erſt zeiget es ſich genauer und umſtaͤndlicher, welcher Formen die Sache faͤhig iſt, und zu welchen ſpeciellern Abſichten ſie theils unmit- telbar, theils in andern Verbindungen dienen kann. Wenn man z. E. die Ontologie hoͤchſtens nur als ein philoſophiſches Woͤrterbuch wollte gelten laſſen, ſo glaubte man, daß ſie noch zu keiner andern Abſicht eingerichtet ſey, als daß man die Bedeu- tung einer gewiſſen Anzahl abſtracter und theils bar- bariſcher Woͤrter daraus lernen koͤnne. Von den dadurch angezeigten Begriffen und Dingen ſelbſt, von den Abſichten, wohin ſie dienen koͤnnen ꝛc. muß alſo in einigen ſolcher Ontologien wenig oder gar nichts zu finden geweſen ſeyn. XXVIII. Das, was man die rechte Form heißt, kann in beſondern Faͤllen die Uebereinſtimmung mit der uͤber- haupt vorgeſchriebenen Form bedeuten. Man muß aber auch bey dieſer voraus ſetzen, daß ſie recht oder richtig vorgeſchrieben, und demnach der Sa- che und der Abſicht gemaͤß ſey. Soll aber etwas in der rechten Form geſchehen, ſo bezieht ſich dieſes auf die Anordnung des Verfahrens. Die Form, ſo die Sache erhalten ſoll, entſteht nicht ſprungsweiſe, ſondern gewoͤhnlich muß die Sache durch mehrere Formen durchgefuͤhret und ſtufenweiſe mehr ausgebildet, zuſammengeordnet, in Verbin- dung

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/260>, abgerufen am 29.03.2024.