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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XXVII. Hauptstück.
nur bey jeden einzeln Veränderungen, ob sie erheb-
licher und bemerkbarer sind, und sich theils in der
Sache, theils in den Folgen weiter ausbreiten. Die-
ses letztere betrifft aber nicht die bloße Vergleichung
der Sache vor und nach der Veränderung, sondern
den Grad der Wichtigkeit derselben, und bezieht sich
daher zugleich auch auf die Verhältniß, in welcher
die Sache mit andern steht. Dabey kommen sodann
Abzählungen, Continuitäten, Einheiten und Maaß-
stäbe von ganz anderer Art vor.

§. 803.

Wir können nun noch ferner anmerken, daß die
Fälle, wobey Continuitäten vorkommen, von denen,
wobey bloße Abzählungen müssen vorgenommen wer-
den, nicht immer leicht zu unterscheiden sind, und
daß man hinwiederum auch da, wo sie unterschieden
werden können, dieselben in Absicht auf die Rechnung
und Construction, jedoch unter gewissen Bedingun-
gen verwechseln kann. Man sieht überhaupt leicht,
daß wir die Continuitäten von den Abzählungen so
unterscheiden, daß bey den letztern sowohl die Menge,
als die Verhältnisse zwischen beyden immer durch
ganze Zahlen vorgestellet werden können, da hingegen
die Continuitäten, wie Linien sind, wovon Theile ge-
nommen werden können, deren Verhältniß zu einander
nicht durch ganze Zahlen können angegeben werden.
Dieses vorausgesetzt, so können wir die Verwechs-
lung von beyden durch das Beyspiel der Todtenlisten
erläutern. Die Zeit, welche das Alter der Men-
schen ausmißt, hat allerdings eine absolute Continui-
tät, und man kann auch nicht sagen, daß die Mög-
lichkeit zu sterben bey allen Menschen auf gewisse Au-
genblicke gesetzt sey, so daß andere Augenblicke da-

von

XXVII. Hauptſtuͤck.
nur bey jeden einzeln Veraͤnderungen, ob ſie erheb-
licher und bemerkbarer ſind, und ſich theils in der
Sache, theils in den Folgen weiter ausbreiten. Die-
ſes letztere betrifft aber nicht die bloße Vergleichung
der Sache vor und nach der Veraͤnderung, ſondern
den Grad der Wichtigkeit derſelben, und bezieht ſich
daher zugleich auch auf die Verhaͤltniß, in welcher
die Sache mit andern ſteht. Dabey kommen ſodann
Abzaͤhlungen, Continuitaͤten, Einheiten und Maaß-
ſtaͤbe von ganz anderer Art vor.

§. 803.

Wir koͤnnen nun noch ferner anmerken, daß die
Faͤlle, wobey Continuitaͤten vorkommen, von denen,
wobey bloße Abzaͤhlungen muͤſſen vorgenommen wer-
den, nicht immer leicht zu unterſcheiden ſind, und
daß man hinwiederum auch da, wo ſie unterſchieden
werden koͤnnen, dieſelben in Abſicht auf die Rechnung
und Conſtruction, jedoch unter gewiſſen Bedingun-
gen verwechſeln kann. Man ſieht uͤberhaupt leicht,
daß wir die Continuitaͤten von den Abzaͤhlungen ſo
unterſcheiden, daß bey den letztern ſowohl die Menge,
als die Verhaͤltniſſe zwiſchen beyden immer durch
ganze Zahlen vorgeſtellet werden koͤnnen, da hingegen
die Continuitaͤten, wie Linien ſind, wovon Theile ge-
nommen werden koͤnnen, deren Verhaͤltniß zu einander
nicht durch ganze Zahlen koͤnnen angegeben werden.
Dieſes vorausgeſetzt, ſo koͤnnen wir die Verwechs-
lung von beyden durch das Beyſpiel der Todtenliſten
erlaͤutern. Die Zeit, welche das Alter der Men-
ſchen ausmißt, hat allerdings eine abſolute Continui-
taͤt, und man kann auch nicht ſagen, daß die Moͤg-
lichkeit zu ſterben bey allen Menſchen auf gewiſſe Au-
genblicke geſetzt ſey, ſo daß andere Augenblicke da-

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[428/0436] XXVII. Hauptſtuͤck. nur bey jeden einzeln Veraͤnderungen, ob ſie erheb- licher und bemerkbarer ſind, und ſich theils in der Sache, theils in den Folgen weiter ausbreiten. Die- ſes letztere betrifft aber nicht die bloße Vergleichung der Sache vor und nach der Veraͤnderung, ſondern den Grad der Wichtigkeit derſelben, und bezieht ſich daher zugleich auch auf die Verhaͤltniß, in welcher die Sache mit andern ſteht. Dabey kommen ſodann Abzaͤhlungen, Continuitaͤten, Einheiten und Maaß- ſtaͤbe von ganz anderer Art vor. §. 803. Wir koͤnnen nun noch ferner anmerken, daß die Faͤlle, wobey Continuitaͤten vorkommen, von denen, wobey bloße Abzaͤhlungen muͤſſen vorgenommen wer- den, nicht immer leicht zu unterſcheiden ſind, und daß man hinwiederum auch da, wo ſie unterſchieden werden koͤnnen, dieſelben in Abſicht auf die Rechnung und Conſtruction, jedoch unter gewiſſen Bedingun- gen verwechſeln kann. Man ſieht uͤberhaupt leicht, daß wir die Continuitaͤten von den Abzaͤhlungen ſo unterſcheiden, daß bey den letztern ſowohl die Menge, als die Verhaͤltniſſe zwiſchen beyden immer durch ganze Zahlen vorgeſtellet werden koͤnnen, da hingegen die Continuitaͤten, wie Linien ſind, wovon Theile ge- nommen werden koͤnnen, deren Verhaͤltniß zu einander nicht durch ganze Zahlen koͤnnen angegeben werden. Dieſes vorausgeſetzt, ſo koͤnnen wir die Verwechs- lung von beyden durch das Beyſpiel der Todtenliſten erlaͤutern. Die Zeit, welche das Alter der Men- ſchen ausmißt, hat allerdings eine abſolute Continui- taͤt, und man kann auch nicht ſagen, daß die Moͤg- lichkeit zu ſterben bey allen Menſchen auf gewiſſe Au- genblicke geſetzt ſey, ſo daß andere Augenblicke da- von

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/436>, abgerufen am 28.03.2024.