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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Die Kraft.
werden. Wir werden demnach nicht eine Theorie
davon angeben, die sich auf alle drey Arten der Kräfte
erstrecke, sondern aus den anfangs (§. 29. 39.) an-
gezeigten Gründen eben der Ordnung folgen, nach
welcher wir zu solchen Begriffen, Vergleichungen und
ihren Benennungen gelangen, weil auf diese Art die
Unbestimmtheit und Vieldeutigkeit in der Sprache
am sichersten vermieden wird. Diese Ordnung wird
zugleich die Folge nach sich ziehen, daß wir die von
jedem dieser Arten der Kräfte herrührende Verhält-
nisse, Verbindungen und Zusammenhang der Dinge
besonders werden anzeigen, und die Theorie davon,
eben dadurch, daß sie specialer und umständlicher
wird, brauchbarer machen können.

§. 374.

Den Ursprung des Begriffes der Kraft, welcher
an sich einfach ist, haben wir bereits oben (§. 97.)
angezeiget. Wir empfinden nämlich, daß wir eine
Kraft anwenden müssen, um eine Last zu heben,
um einen Körper in Bewegung zu setzen, um einen
bewegten Körper aufzuhalten, und bey allem diesem
empfinden wir auch die verschiedenen Stufen oder
Grade der Kraft. Wir empfinden ferner, daß wir
bey lange anhaltendem Gebrauche unserer Kräfte
müde werden, daß wir ausruhen und neue Kräfte
sammlen
müssen. Ferner bemerken wir, daß wir
einen Körper vermittelst eines andern aufhalten, oder
auch in Bewegung setzen können, und daß ein Kör-
per, den wir in Bewegung gesetzt haben, einen an-
dern Körper ebenfalls in Bewegung setzen kann. Auf
diese Art werden wir unvermerkt verleitet, zu schlies-
sen, daß wir durch den Gebrauch unserer Kräfte die-
selbe verlieren, daß sie in die Körper, und aus einem

Körper
A 2

Die Kraft.
werden. Wir werden demnach nicht eine Theorie
davon angeben, die ſich auf alle drey Arten der Kraͤfte
erſtrecke, ſondern aus den anfangs (§. 29. 39.) an-
gezeigten Gruͤnden eben der Ordnung folgen, nach
welcher wir zu ſolchen Begriffen, Vergleichungen und
ihren Benennungen gelangen, weil auf dieſe Art die
Unbeſtimmtheit und Vieldeutigkeit in der Sprache
am ſicherſten vermieden wird. Dieſe Ordnung wird
zugleich die Folge nach ſich ziehen, daß wir die von
jedem dieſer Arten der Kraͤfte herruͤhrende Verhaͤlt-
niſſe, Verbindungen und Zuſammenhang der Dinge
beſonders werden anzeigen, und die Theorie davon,
eben dadurch, daß ſie ſpecialer und umſtaͤndlicher
wird, brauchbarer machen koͤnnen.

§. 374.

Den Urſprung des Begriffes der Kraft, welcher
an ſich einfach iſt, haben wir bereits oben (§. 97.)
angezeiget. Wir empfinden naͤmlich, daß wir eine
Kraft anwenden muͤſſen, um eine Laſt zu heben,
um einen Koͤrper in Bewegung zu ſetzen, um einen
bewegten Koͤrper aufzuhalten, und bey allem dieſem
empfinden wir auch die verſchiedenen Stufen oder
Grade der Kraft. Wir empfinden ferner, daß wir
bey lange anhaltendem Gebrauche unſerer Kraͤfte
muͤde werden, daß wir ausruhen und neue Kraͤfte
ſammlen
muͤſſen. Ferner bemerken wir, daß wir
einen Koͤrper vermittelſt eines andern aufhalten, oder
auch in Bewegung ſetzen koͤnnen, und daß ein Koͤr-
per, den wir in Bewegung geſetzt haben, einen an-
dern Koͤrper ebenfalls in Bewegung ſetzen kann. Auf
dieſe Art werden wir unvermerkt verleitet, zu ſchlieſ-
ſen, daß wir durch den Gebrauch unſerer Kraͤfte die-
ſelbe verlieren, daß ſie in die Koͤrper, und aus einem

Koͤrper
A 2
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[3/0011] Die Kraft. werden. Wir werden demnach nicht eine Theorie davon angeben, die ſich auf alle drey Arten der Kraͤfte erſtrecke, ſondern aus den anfangs (§. 29. 39.) an- gezeigten Gruͤnden eben der Ordnung folgen, nach welcher wir zu ſolchen Begriffen, Vergleichungen und ihren Benennungen gelangen, weil auf dieſe Art die Unbeſtimmtheit und Vieldeutigkeit in der Sprache am ſicherſten vermieden wird. Dieſe Ordnung wird zugleich die Folge nach ſich ziehen, daß wir die von jedem dieſer Arten der Kraͤfte herruͤhrende Verhaͤlt- niſſe, Verbindungen und Zuſammenhang der Dinge beſonders werden anzeigen, und die Theorie davon, eben dadurch, daß ſie ſpecialer und umſtaͤndlicher wird, brauchbarer machen koͤnnen. §. 374. Den Urſprung des Begriffes der Kraft, welcher an ſich einfach iſt, haben wir bereits oben (§. 97.) angezeiget. Wir empfinden naͤmlich, daß wir eine Kraft anwenden muͤſſen, um eine Laſt zu heben, um einen Koͤrper in Bewegung zu ſetzen, um einen bewegten Koͤrper aufzuhalten, und bey allem dieſem empfinden wir auch die verſchiedenen Stufen oder Grade der Kraft. Wir empfinden ferner, daß wir bey lange anhaltendem Gebrauche unſerer Kraͤfte muͤde werden, daß wir ausruhen und neue Kraͤfte ſammlen muͤſſen. Ferner bemerken wir, daß wir einen Koͤrper vermittelſt eines andern aufhalten, oder auch in Bewegung ſetzen koͤnnen, und daß ein Koͤr- per, den wir in Bewegung geſetzt haben, einen an- dern Koͤrper ebenfalls in Bewegung ſetzen kann. Auf dieſe Art werden wir unvermerkt verleitet, zu ſchlieſ- ſen, daß wir durch den Gebrauch unſerer Kraͤfte die- ſelbe verlieren, daß ſie in die Koͤrper, und aus einem Koͤrper A 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/11>, abgerufen am 28.03.2024.