Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Zusammenhang.
Theile, und in so fern wird es öfters auch das erste
Grundgesetz
genennet, nach welchem sich jede Theile
richten und bestimmen, und aus welchem die specia-
lern hergeleitet werden, wenn man die besondern Be-
stimmungen mitnimmt, und das Principium darauf
anwendet. Die ganze Theorie fängt dabey an, wenn
sie durchaus a priori seyn soll, ungeachtet wir, nach
unserer Art zur Erkenntniß gelangen, anfangs immer
so weit a posteriori gehen, bis wir das Principium
nicht nur gefunden, sondern vornehmlich uns von des-
selben Allgemeinheit und durchgängigen Anwendbar-
keit versichert haben, (§. 494.). Uebrigens können
wir noch folgende Anmerkung beyfügen, welche von
dem Gebrauche zu reden hergenommen ist. Jn der
Geometrie spricht man nicht von Principiis, sondern
man nennet die Grundsätze dieser Wissenschaft Axio-
mata.
Hingegen hat man bisher in der Metaphysic
nur Principia, die Axiomata aber fast gar nicht auf-
gesucht oder vorgenommen. Der Grund hievon ist,
weil man sich mehr an die Form als an die Materie
der metaphysischen Erkenntniß hielte. Denn in der
That sind die Axiomata von den Principiis, wie die
Materie von der Form oder die Theile des Ob-
jectes
von ihrer Verbindung und Zusammenrich-
tung
verschieden.

§. 497.

Wir werden nun zu den oben (§. 491.) angeführten
dreyen Anfängen der Gründe des Wissens, des Wol-
lens und des Könnens zurück kehren. Der Anfang
des Wissens ist das für sich Gedenkbare, und dem-
nach die einfachen Begriffe und ihre Bestimmungen,
(§. 469.). Diese haben wir in den beyden Tabellen
(§. 157. 158.) dergestalt unter einander verglichen, daß

wir
H 2

Der Zuſammenhang.
Theile, und in ſo fern wird es oͤfters auch das erſte
Grundgeſetz
genennet, nach welchem ſich jede Theile
richten und beſtimmen, und aus welchem die ſpecia-
lern hergeleitet werden, wenn man die beſondern Be-
ſtimmungen mitnimmt, und das Principium darauf
anwendet. Die ganze Theorie faͤngt dabey an, wenn
ſie durchaus a priori ſeyn ſoll, ungeachtet wir, nach
unſerer Art zur Erkenntniß gelangen, anfangs immer
ſo weit a poſteriori gehen, bis wir das Principium
nicht nur gefunden, ſondern vornehmlich uns von deſ-
ſelben Allgemeinheit und durchgaͤngigen Anwendbar-
keit verſichert haben, (§. 494.). Uebrigens koͤnnen
wir noch folgende Anmerkung beyfuͤgen, welche von
dem Gebrauche zu reden hergenommen iſt. Jn der
Geometrie ſpricht man nicht von Principiis, ſondern
man nennet die Grundſaͤtze dieſer Wiſſenſchaft Axio-
mata.
Hingegen hat man bisher in der Metaphyſic
nur Principia, die Axiomata aber faſt gar nicht auf-
geſucht oder vorgenommen. Der Grund hievon iſt,
weil man ſich mehr an die Form als an die Materie
der metaphyſiſchen Erkenntniß hielte. Denn in der
That ſind die Axiomata von den Principiis, wie die
Materie von der Form oder die Theile des Ob-
jectes
von ihrer Verbindung und Zuſammenrich-
tung
verſchieden.

§. 497.

Wir werden nun zu den oben (§. 491.) angefuͤhrten
dreyen Anfaͤngen der Gruͤnde des Wiſſens, des Wol-
lens und des Koͤnnens zuruͤck kehren. Der Anfang
des Wiſſens iſt das fuͤr ſich Gedenkbare, und dem-
nach die einfachen Begriffe und ihre Beſtimmungen,
(§. 469.). Dieſe haben wir in den beyden Tabellen
(§. 157. 158.) dergeſtalt unter einander verglichen, daß

wir
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0123" n="115"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Zu&#x017F;ammenhang.</hi></fw><lb/><hi rendition="#fr">Theile,</hi> und in &#x017F;o fern wird es o&#x0364;fters auch das <hi rendition="#fr">er&#x017F;te<lb/>
Grundge&#x017F;etz</hi> genennet, nach welchem &#x017F;ich jede Theile<lb/>
richten und be&#x017F;timmen, und aus welchem die &#x017F;pecia-<lb/>
lern hergeleitet werden, wenn man die be&#x017F;ondern Be-<lb/>
&#x017F;timmungen mitnimmt, und das <hi rendition="#aq">Principium</hi> darauf<lb/>
anwendet. Die ganze Theorie fa&#x0364;ngt dabey an, wenn<lb/>
&#x017F;ie durchaus <hi rendition="#aq">a priori</hi> &#x017F;eyn &#x017F;oll, ungeachtet wir, nach<lb/>
un&#x017F;erer Art zur Erkenntniß gelangen, anfangs immer<lb/>
&#x017F;o weit <hi rendition="#aq">a po&#x017F;teriori</hi> gehen, bis wir das <hi rendition="#aq">Principium</hi><lb/>
nicht nur gefunden, &#x017F;ondern vornehmlich uns von de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben Allgemeinheit und durchga&#x0364;ngigen Anwendbar-<lb/>
keit ver&#x017F;ichert haben, (§. 494.). Uebrigens ko&#x0364;nnen<lb/>
wir noch folgende Anmerkung beyfu&#x0364;gen, welche von<lb/>
dem Gebrauche zu reden hergenommen i&#x017F;t. Jn der<lb/>
Geometrie &#x017F;pricht man nicht von <hi rendition="#aq">Principiis,</hi> &#x017F;ondern<lb/>
man nennet die Grund&#x017F;a&#x0364;tze die&#x017F;er Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft <hi rendition="#aq">Axio-<lb/>
mata.</hi> Hingegen hat man bisher in der Metaphy&#x017F;ic<lb/>
nur <hi rendition="#aq">Principia,</hi> die <hi rendition="#aq">Axiomata</hi> aber fa&#x017F;t gar nicht auf-<lb/>
ge&#x017F;ucht oder vorgenommen. Der Grund hievon i&#x017F;t,<lb/>
weil man &#x017F;ich mehr an die <hi rendition="#fr">Form</hi> als an die <hi rendition="#fr">Materie</hi><lb/>
der metaphy&#x017F;i&#x017F;chen Erkenntniß hielte. Denn in der<lb/>
That &#x017F;ind die <hi rendition="#aq">Axiomata</hi> von den <hi rendition="#aq">Principiis,</hi> wie die<lb/><hi rendition="#fr">Materie</hi> von der <hi rendition="#fr">Form</hi> oder die <hi rendition="#fr">Theile des Ob-<lb/>
jectes</hi> von ihrer <hi rendition="#fr">Verbindung</hi> und <hi rendition="#fr">Zu&#x017F;ammenrich-<lb/>
tung</hi> ver&#x017F;chieden.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 497.</head><lb/>
            <p>Wir werden nun zu den oben (§. 491.) angefu&#x0364;hrten<lb/>
dreyen Anfa&#x0364;ngen der Gru&#x0364;nde des Wi&#x017F;&#x017F;ens, des Wol-<lb/>
lens und des Ko&#x0364;nnens zuru&#x0364;ck kehren. Der Anfang<lb/>
des Wi&#x017F;&#x017F;ens i&#x017F;t das fu&#x0364;r &#x017F;ich Gedenkbare, und dem-<lb/>
nach die einfachen Begriffe und ihre Be&#x017F;timmungen,<lb/>
(§. 469.). Die&#x017F;e haben wir in den beyden Tabellen<lb/>
(§. 157. 158.) derge&#x017F;talt unter einander verglichen, daß<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">wir</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] Der Zuſammenhang. Theile, und in ſo fern wird es oͤfters auch das erſte Grundgeſetz genennet, nach welchem ſich jede Theile richten und beſtimmen, und aus welchem die ſpecia- lern hergeleitet werden, wenn man die beſondern Be- ſtimmungen mitnimmt, und das Principium darauf anwendet. Die ganze Theorie faͤngt dabey an, wenn ſie durchaus a priori ſeyn ſoll, ungeachtet wir, nach unſerer Art zur Erkenntniß gelangen, anfangs immer ſo weit a poſteriori gehen, bis wir das Principium nicht nur gefunden, ſondern vornehmlich uns von deſ- ſelben Allgemeinheit und durchgaͤngigen Anwendbar- keit verſichert haben, (§. 494.). Uebrigens koͤnnen wir noch folgende Anmerkung beyfuͤgen, welche von dem Gebrauche zu reden hergenommen iſt. Jn der Geometrie ſpricht man nicht von Principiis, ſondern man nennet die Grundſaͤtze dieſer Wiſſenſchaft Axio- mata. Hingegen hat man bisher in der Metaphyſic nur Principia, die Axiomata aber faſt gar nicht auf- geſucht oder vorgenommen. Der Grund hievon iſt, weil man ſich mehr an die Form als an die Materie der metaphyſiſchen Erkenntniß hielte. Denn in der That ſind die Axiomata von den Principiis, wie die Materie von der Form oder die Theile des Ob- jectes von ihrer Verbindung und Zuſammenrich- tung verſchieden. §. 497. Wir werden nun zu den oben (§. 491.) angefuͤhrten dreyen Anfaͤngen der Gruͤnde des Wiſſens, des Wol- lens und des Koͤnnens zuruͤck kehren. Der Anfang des Wiſſens iſt das fuͤr ſich Gedenkbare, und dem- nach die einfachen Begriffe und ihre Beſtimmungen, (§. 469.). Dieſe haben wir in den beyden Tabellen (§. 157. 158.) dergeſtalt unter einander verglichen, daß wir H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/123
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/123>, abgerufen am 20.04.2024.