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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Das Bestimmen.
trifft es nicht so zusammen, daß das Allgemeinste zu-
gleich auch das Einfachste wäre, wenn man anders
das Allgemeine vollständig beybehalten will. Und
überdieß ist das Einfache auf eine ganz andere Art
allgemein. So z. E. ist man in der Metaphysic
durchgehends darinn einig, daß die höchste Gattung,
und folglich der allgemeinste Begriff das Etwas
und das Nichts, das Ding und das Unding sey,
und daß eben daher die Metaphysic, und besonders
die Ontologie dasjenige, was noch allen Dingen ge-
mein bleibt, angeben, und in ein wissenschaftliches
Lehrgebäude bringen müsse. Da nun das Einfache
dem Zusammengesetzten entgegen gesetzt wird, bey-
des aber in Dingen vorkömmt, so rücket man da-
durch den allgemeinen Begriff eines Dinges höher
hinauf, und stellet sich demnach denselben so vor, daß
weder das Einfache noch das Zusammengesetzte,
sondern nur die Möglichkeit das eine oder das
andere
zu seyn, gleichsam als ein Fundamentum di-
visionis
darinn bleibt. Demnach abstrahirt man hie-
bey von dem, was man bey dem vollständigen Auf-
lösen eines Begriffes in seine einfache Merkmale
eigentlich suchet. Daß man von diesen oder jenen
einfachen Merkmalen und ihren specialen Combina-
tionen, Stufen und Verbindungen noch mehr Ab-
strahiren müsse, ist für sich klar. Denn man läßt
sie ganz weg, und behält gewöhnlich auch das Allge-
meine nicht, welches noch darinn ist, (§. 515.). Hin-
gegen werden diese bey dem Auflösen eines Begriffes
beybehalten, wenn man seinen Umfang genau bestimmt
haben will.

§. 518.

Setzen wir nun voraus, der Begriff eines Dinges
soll so abstract bleiben, und die Metaphysic soll an-

geben,
J 4

Das Beſtimmen.
trifft es nicht ſo zuſammen, daß das Allgemeinſte zu-
gleich auch das Einfachſte waͤre, wenn man anders
das Allgemeine vollſtaͤndig beybehalten will. Und
uͤberdieß iſt das Einfache auf eine ganz andere Art
allgemein. So z. E. iſt man in der Metaphyſic
durchgehends darinn einig, daß die hoͤchſte Gattung,
und folglich der allgemeinſte Begriff das Etwas
und das Nichts, das Ding und das Unding ſey,
und daß eben daher die Metaphyſic, und beſonders
die Ontologie dasjenige, was noch allen Dingen ge-
mein bleibt, angeben, und in ein wiſſenſchaftliches
Lehrgebaͤude bringen muͤſſe. Da nun das Einfache
dem Zuſammengeſetzten entgegen geſetzt wird, bey-
des aber in Dingen vorkoͤmmt, ſo ruͤcket man da-
durch den allgemeinen Begriff eines Dinges hoͤher
hinauf, und ſtellet ſich demnach denſelben ſo vor, daß
weder das Einfache noch das Zuſammengeſetzte,
ſondern nur die Moͤglichkeit das eine oder das
andere
zu ſeyn, gleichſam als ein Fundamentum di-
viſionis
darinn bleibt. Demnach abſtrahirt man hie-
bey von dem, was man bey dem vollſtaͤndigen Auf-
loͤſen eines Begriffes in ſeine einfache Merkmale
eigentlich ſuchet. Daß man von dieſen oder jenen
einfachen Merkmalen und ihren ſpecialen Combina-
tionen, Stufen und Verbindungen noch mehr Ab-
ſtrahiren muͤſſe, iſt fuͤr ſich klar. Denn man laͤßt
ſie ganz weg, und behaͤlt gewoͤhnlich auch das Allge-
meine nicht, welches noch darinn iſt, (§. 515.). Hin-
gegen werden dieſe bey dem Aufloͤſen eines Begriffes
beybehalten, wenn man ſeinen Umfang genau beſtimmt
haben will.

§. 518.

Setzen wir nun voraus, der Begriff eines Dinges
ſoll ſo abſtract bleiben, und die Metaphyſic ſoll an-

geben,
J 4
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[135/0143] Das Beſtimmen. trifft es nicht ſo zuſammen, daß das Allgemeinſte zu- gleich auch das Einfachſte waͤre, wenn man anders das Allgemeine vollſtaͤndig beybehalten will. Und uͤberdieß iſt das Einfache auf eine ganz andere Art allgemein. So z. E. iſt man in der Metaphyſic durchgehends darinn einig, daß die hoͤchſte Gattung, und folglich der allgemeinſte Begriff das Etwas und das Nichts, das Ding und das Unding ſey, und daß eben daher die Metaphyſic, und beſonders die Ontologie dasjenige, was noch allen Dingen ge- mein bleibt, angeben, und in ein wiſſenſchaftliches Lehrgebaͤude bringen muͤſſe. Da nun das Einfache dem Zuſammengeſetzten entgegen geſetzt wird, bey- des aber in Dingen vorkoͤmmt, ſo ruͤcket man da- durch den allgemeinen Begriff eines Dinges hoͤher hinauf, und ſtellet ſich demnach denſelben ſo vor, daß weder das Einfache noch das Zuſammengeſetzte, ſondern nur die Moͤglichkeit das eine oder das andere zu ſeyn, gleichſam als ein Fundamentum di- viſionis darinn bleibt. Demnach abſtrahirt man hie- bey von dem, was man bey dem vollſtaͤndigen Auf- loͤſen eines Begriffes in ſeine einfache Merkmale eigentlich ſuchet. Daß man von dieſen oder jenen einfachen Merkmalen und ihren ſpecialen Combina- tionen, Stufen und Verbindungen noch mehr Ab- ſtrahiren muͤſſe, iſt fuͤr ſich klar. Denn man laͤßt ſie ganz weg, und behaͤlt gewoͤhnlich auch das Allge- meine nicht, welches noch darinn iſt, (§. 515.). Hin- gegen werden dieſe bey dem Aufloͤſen eines Begriffes beybehalten, wenn man ſeinen Umfang genau beſtimmt haben will. §. 518. Setzen wir nun voraus, der Begriff eines Dinges ſoll ſo abſtract bleiben, und die Metaphyſic ſoll an- geben, J 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/143>, abgerufen am 29.03.2024.