Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

XVII. Hauptstück.
wurde, antwortete richtig und zuverläßig, (§. 6.).
Man fand ähnliche Antworten, in Absicht auf die Be-
griffe des Schalles, des Geschmackes etc. Darauf hin
aber gieng man weiter, und in dem man vermuthete,
es möchte des Betrugs der Sinne mehr seyn, so zoge
man Solides, Raum, Dauer, Bewegung etc.
das will sagen, so viel in Zweifel, daß die Natur,
welche man dadurch fast ganz läugnete, weder befragt
werden, noch mehr antworten konnte, (Phänomenol.
§. 9. 35.). Dieses heißt nun, meines Erachtens, so
viel, als die Sache durchaus auf das Ungereimte
bringen, weil man die Erfahrung, die doch in den
ersten Fällen der Probierstein bliebe, bey diesem durch-
gängigen Läugnen unbrauchbar machte.

§. 546.

Um nun wiederum zu dem §. 532. zurück zu kehren,
so sehen wir aus dem bisher Gesagten, daß das So-
lide eben dadurch, daß es immer noch getheilt werden
kann, an sich betrachtet, nur verhältnißweise einfach,
dagegen aber auch nicht bis in das unendlich Kleine
getrennet seyn kann, und daß man folglich diejenigen
Theilchen einfach nennen könne, die von den übrigen
getrennet sind, in sich aber eine absolute Continuität
haben, und durch Kräfte ein Ganzes ausmachen,
welches in seinen kleinern Theilen durchaus verbun-
den ist. Diese Kräfte sind demnach das gemeinsame
Band des ganzen Stoffes, und erhalten dasselbe in
seiner Jndividualität, so lange es nicht durch die Ein-
wirkung stärkerer Kräfte getrennet wird, (§. 220.).
Da die Kräfte in der wirklichen Welt bestimmet sind,
so ist es gar wohl möglich, daß es solche einzelne so-
lide Theilchen gebe, die schlechthin bleiben, wie sie
sind, und eben dadurch, wie auch durch den Unter-

schied

XVII. Hauptſtuͤck.
wurde, antwortete richtig und zuverlaͤßig, (§. 6.).
Man fand aͤhnliche Antworten, in Abſicht auf die Be-
griffe des Schalles, des Geſchmackes ꝛc. Darauf hin
aber gieng man weiter, und in dem man vermuthete,
es moͤchte des Betrugs der Sinne mehr ſeyn, ſo zoge
man Solides, Raum, Dauer, Bewegung ꝛc.
das will ſagen, ſo viel in Zweifel, daß die Natur,
welche man dadurch faſt ganz laͤugnete, weder befragt
werden, noch mehr antworten konnte, (Phaͤnomenol.
§. 9. 35.). Dieſes heißt nun, meines Erachtens, ſo
viel, als die Sache durchaus auf das Ungereimte
bringen, weil man die Erfahrung, die doch in den
erſten Faͤllen der Probierſtein bliebe, bey dieſem durch-
gaͤngigen Laͤugnen unbrauchbar machte.

§. 546.

Um nun wiederum zu dem §. 532. zuruͤck zu kehren,
ſo ſehen wir aus dem bisher Geſagten, daß das So-
lide eben dadurch, daß es immer noch getheilt werden
kann, an ſich betrachtet, nur verhaͤltnißweiſe einfach,
dagegen aber auch nicht bis in das unendlich Kleine
getrennet ſeyn kann, und daß man folglich diejenigen
Theilchen einfach nennen koͤnne, die von den uͤbrigen
getrennet ſind, in ſich aber eine abſolute Continuitaͤt
haben, und durch Kraͤfte ein Ganzes ausmachen,
welches in ſeinen kleinern Theilen durchaus verbun-
den iſt. Dieſe Kraͤfte ſind demnach das gemeinſame
Band des ganzen Stoffes, und erhalten daſſelbe in
ſeiner Jndividualitaͤt, ſo lange es nicht durch die Ein-
wirkung ſtaͤrkerer Kraͤfte getrennet wird, (§. 220.).
Da die Kraͤfte in der wirklichen Welt beſtimmet ſind,
ſo iſt es gar wohl moͤglich, daß es ſolche einzelne ſo-
lide Theilchen gebe, die ſchlechthin bleiben, wie ſie
ſind, und eben dadurch, wie auch durch den Unter-

ſchied
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0174" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XVII.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi></fw><lb/>
wurde, antwortete richtig und zuverla&#x0364;ßig, (§. 6.).<lb/>
Man fand a&#x0364;hnliche Antworten, in Ab&#x017F;icht auf die Be-<lb/>
griffe des Schalles, des Ge&#x017F;chmackes &#xA75B;c. Darauf hin<lb/>
aber gieng man weiter, und in dem man vermuthete,<lb/>
es mo&#x0364;chte des Betrugs der Sinne mehr &#x017F;eyn, &#x017F;o zoge<lb/>
man <hi rendition="#fr">Solides, Raum, Dauer, Bewegung</hi> &#xA75B;c.<lb/>
das will &#x017F;agen, &#x017F;o viel in Zweifel, daß die Natur,<lb/>
welche man dadurch fa&#x017F;t ganz la&#x0364;ugnete, weder befragt<lb/>
werden, noch mehr antworten konnte, (Pha&#x0364;nomenol.<lb/>
§. 9. 35.). Die&#x017F;es heißt nun, meines Erachtens, &#x017F;o<lb/>
viel, als die Sache durchaus auf das Ungereimte<lb/>
bringen, weil man die Erfahrung, die doch in den<lb/>
er&#x017F;ten Fa&#x0364;llen der Probier&#x017F;tein bliebe, bey die&#x017F;em durch-<lb/>
ga&#x0364;ngigen La&#x0364;ugnen unbrauchbar machte.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 546.</head><lb/>
            <p>Um nun wiederum zu dem §. 532. zuru&#x0364;ck zu kehren,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;ehen wir aus dem bisher Ge&#x017F;agten, daß das So-<lb/>
lide eben dadurch, daß es immer noch getheilt werden<lb/>
kann, an &#x017F;ich betrachtet, nur verha&#x0364;ltnißwei&#x017F;e einfach,<lb/>
dagegen aber auch nicht bis in das unendlich Kleine<lb/>
getrennet &#x017F;eyn kann, und daß man folglich diejenigen<lb/>
Theilchen einfach nennen ko&#x0364;nne, die von den u&#x0364;brigen<lb/>
getrennet &#x017F;ind, in &#x017F;ich aber eine ab&#x017F;olute Continuita&#x0364;t<lb/>
haben, und durch Kra&#x0364;fte ein Ganzes ausmachen,<lb/>
welches in &#x017F;einen kleinern Theilen durchaus verbun-<lb/>
den i&#x017F;t. Die&#x017F;e Kra&#x0364;fte &#x017F;ind demnach das gemein&#x017F;ame<lb/>
Band des ganzen Stoffes, und erhalten da&#x017F;&#x017F;elbe in<lb/>
&#x017F;einer Jndividualita&#x0364;t, &#x017F;o lange es nicht durch die Ein-<lb/>
wirkung &#x017F;ta&#x0364;rkerer Kra&#x0364;fte getrennet wird, (§. 220.).<lb/>
Da die Kra&#x0364;fte in der wirklichen Welt be&#x017F;timmet &#x017F;ind,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es gar wohl mo&#x0364;glich, daß es &#x017F;olche einzelne &#x017F;o-<lb/>
lide Theilchen gebe, die &#x017F;chlechthin bleiben, wie &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ind, und eben dadurch, wie auch durch den Unter-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;chied</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0174] XVII. Hauptſtuͤck. wurde, antwortete richtig und zuverlaͤßig, (§. 6.). Man fand aͤhnliche Antworten, in Abſicht auf die Be- griffe des Schalles, des Geſchmackes ꝛc. Darauf hin aber gieng man weiter, und in dem man vermuthete, es moͤchte des Betrugs der Sinne mehr ſeyn, ſo zoge man Solides, Raum, Dauer, Bewegung ꝛc. das will ſagen, ſo viel in Zweifel, daß die Natur, welche man dadurch faſt ganz laͤugnete, weder befragt werden, noch mehr antworten konnte, (Phaͤnomenol. §. 9. 35.). Dieſes heißt nun, meines Erachtens, ſo viel, als die Sache durchaus auf das Ungereimte bringen, weil man die Erfahrung, die doch in den erſten Faͤllen der Probierſtein bliebe, bey dieſem durch- gaͤngigen Laͤugnen unbrauchbar machte. §. 546. Um nun wiederum zu dem §. 532. zuruͤck zu kehren, ſo ſehen wir aus dem bisher Geſagten, daß das So- lide eben dadurch, daß es immer noch getheilt werden kann, an ſich betrachtet, nur verhaͤltnißweiſe einfach, dagegen aber auch nicht bis in das unendlich Kleine getrennet ſeyn kann, und daß man folglich diejenigen Theilchen einfach nennen koͤnne, die von den uͤbrigen getrennet ſind, in ſich aber eine abſolute Continuitaͤt haben, und durch Kraͤfte ein Ganzes ausmachen, welches in ſeinen kleinern Theilen durchaus verbun- den iſt. Dieſe Kraͤfte ſind demnach das gemeinſame Band des ganzen Stoffes, und erhalten daſſelbe in ſeiner Jndividualitaͤt, ſo lange es nicht durch die Ein- wirkung ſtaͤrkerer Kraͤfte getrennet wird, (§. 220.). Da die Kraͤfte in der wirklichen Welt beſtimmet ſind, ſo iſt es gar wohl moͤglich, daß es ſolche einzelne ſo- lide Theilchen gebe, die ſchlechthin bleiben, wie ſie ſind, und eben dadurch, wie auch durch den Unter- ſchied

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/174
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/174>, abgerufen am 19.04.2024.