Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite
XIX. Hauptstück.
Neunzehentes Hauptstück.
Ursachen und Wirkungen.
§. 584.

Die Theorie der Ursachen und Wirkungen, und
die damit in enger Verbindung stehende Theo-
rie der Mittel und Absichten (§. 427. 428.) macht einen
der vornehmsten Theile von der allgemeinen Theorie
der Kräfte aus, weil die Kräfte, so fern sie sich äus-
sern, als Ursachen oder als wirkende Ursachen
angesehen werden müssen, und weil sie die eigentliche
Quelle jeder Wirkungen sind. Das Wort Ursache
hat überhaupt und dem Sprachgebrauche nach, etwas
Vieldeutiges, und wird sehr oft mit dem Worte
Grund, nach allen seinen Bedeutungen (§. 487. 489.)
verwechselt. Der Ableitung nach, bedeutet Ursache
so viel, als die erste Sache, oder diejenige Sache,
die den ersten Anfang macht, und so wird das Ab-
leitungstheilchen Ur auch in den Wörten Ursprung,
Urstoff, Urbild, Urheber
etc. gebraucht, da es
ungefähr so viel, als das griechische Azkhe bedeutet,
welches Aristoteles in die Metaphysic eingeführet
hat, und durch Principium übersetzet worden ist.

§ 585.

Wir werden hier bey dieser Bedeutung bleiben,
und durch Ursache nicht etwann nur das Principium
cognoscendi,
sondern die Sache selbst verstehen, die
das Principium essendi ist oder in sich enthält, so fern
nämlich Kräfte in derselben sind, die ihre Wirkung
äußern. Hiebey müssen wir ferner den bloßen Stand

des
XIX. Hauptſtuͤck.
Neunzehentes Hauptſtuͤck.
Urſachen und Wirkungen.
§. 584.

Die Theorie der Urſachen und Wirkungen, und
die damit in enger Verbindung ſtehende Theo-
rie der Mittel und Abſichten (§. 427. 428.) macht einen
der vornehmſten Theile von der allgemeinen Theorie
der Kraͤfte aus, weil die Kraͤfte, ſo fern ſie ſich aͤuſ-
ſern, als Urſachen oder als wirkende Urſachen
angeſehen werden muͤſſen, und weil ſie die eigentliche
Quelle jeder Wirkungen ſind. Das Wort Urſache
hat uͤberhaupt und dem Sprachgebrauche nach, etwas
Vieldeutiges, und wird ſehr oft mit dem Worte
Grund, nach allen ſeinen Bedeutungen (§. 487. 489.)
verwechſelt. Der Ableitung nach, bedeutet Urſache
ſo viel, als die erſte Sache, oder diejenige Sache,
die den erſten Anfang macht, und ſo wird das Ab-
leitungstheilchen Ur auch in den Woͤrten Urſprung,
Urſtoff, Urbild, Urheber
ꝛc. gebraucht, da es
ungefaͤhr ſo viel, als das griechiſche Αζχη bedeutet,
welches Ariſtoteles in die Metaphyſic eingefuͤhret
hat, und durch Principium uͤberſetzet worden iſt.

§ 585.

Wir werden hier bey dieſer Bedeutung bleiben,
und durch Urſache nicht etwann nur das Principium
cognoſcendi,
ſondern die Sache ſelbſt verſtehen, die
das Principium eſſendi iſt oder in ſich enthaͤlt, ſo fern
naͤmlich Kraͤfte in derſelben ſind, die ihre Wirkung
aͤußern. Hiebey muͤſſen wir ferner den bloßen Stand

des
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0214" n="206"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XIX.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Neunzehentes Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck.<lb/><hi rendition="#g">Ur&#x017F;achen und Wirkungen</hi>.</hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 584.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>ie Theorie der Ur&#x017F;achen und Wirkungen, und<lb/>
die damit in enger Verbindung &#x017F;tehende Theo-<lb/>
rie der Mittel und Ab&#x017F;ichten (§. 427. 428.) macht einen<lb/>
der vornehm&#x017F;ten Theile von der allgemeinen Theorie<lb/>
der Kra&#x0364;fte aus, weil die Kra&#x0364;fte, &#x017F;o fern &#x017F;ie &#x017F;ich a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ern, als <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;achen</hi> oder als <hi rendition="#fr">wirkende Ur&#x017F;achen</hi><lb/>
ange&#x017F;ehen werden mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und weil &#x017F;ie die eigentliche<lb/>
Quelle jeder <hi rendition="#fr">Wirkungen</hi> &#x017F;ind. Das Wort <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ache</hi><lb/>
hat u&#x0364;berhaupt und dem Sprachgebrauche nach, etwas<lb/>
Vieldeutiges, und wird &#x017F;ehr oft mit dem Worte<lb/><hi rendition="#fr">Grund,</hi> nach allen &#x017F;einen Bedeutungen (§. 487. 489.)<lb/>
verwech&#x017F;elt. Der Ableitung nach, bedeutet <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;ache</hi><lb/>
&#x017F;o viel, als die <hi rendition="#fr">er&#x017F;te Sache,</hi> oder diejenige Sache,<lb/>
die den <hi rendition="#fr">er&#x017F;ten Anfang</hi> macht, und &#x017F;o wird das Ab-<lb/>
leitungstheilchen <hi rendition="#fr">Ur</hi> auch in den Wo&#x0364;rten <hi rendition="#fr">Ur&#x017F;prung,<lb/>
Ur&#x017F;toff, Urbild, Urheber</hi> &#xA75B;c. gebraucht, da es<lb/>
ungefa&#x0364;hr &#x017F;o viel, als das griechi&#x017F;che <foreign xml:lang="el">&#x0391;&#x03B6;&#x03C7;&#x03B7;</foreign> bedeutet,<lb/>
welches <hi rendition="#fr">Ari&#x017F;toteles</hi> in die Metaphy&#x017F;ic eingefu&#x0364;hret<lb/>
hat, und durch <hi rendition="#aq">Principium</hi> u&#x0364;ber&#x017F;etzet worden i&#x017F;t.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§ 585.</head><lb/>
            <p>Wir werden hier bey die&#x017F;er Bedeutung bleiben,<lb/>
und durch Ur&#x017F;ache nicht etwann nur das <hi rendition="#aq">Principium<lb/>
cogno&#x017F;cendi,</hi> &#x017F;ondern die Sache &#x017F;elb&#x017F;t ver&#x017F;tehen, die<lb/>
das <hi rendition="#aq">Principium e&#x017F;&#x017F;endi</hi> i&#x017F;t oder in &#x017F;ich entha&#x0364;lt, &#x017F;o fern<lb/>
na&#x0364;mlich Kra&#x0364;fte in der&#x017F;elben &#x017F;ind, die ihre Wirkung<lb/>
a&#x0364;ußern. Hiebey mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir ferner den bloßen <hi rendition="#fr">Stand</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">des</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[206/0214] XIX. Hauptſtuͤck. Neunzehentes Hauptſtuͤck. Urſachen und Wirkungen. §. 584. Die Theorie der Urſachen und Wirkungen, und die damit in enger Verbindung ſtehende Theo- rie der Mittel und Abſichten (§. 427. 428.) macht einen der vornehmſten Theile von der allgemeinen Theorie der Kraͤfte aus, weil die Kraͤfte, ſo fern ſie ſich aͤuſ- ſern, als Urſachen oder als wirkende Urſachen angeſehen werden muͤſſen, und weil ſie die eigentliche Quelle jeder Wirkungen ſind. Das Wort Urſache hat uͤberhaupt und dem Sprachgebrauche nach, etwas Vieldeutiges, und wird ſehr oft mit dem Worte Grund, nach allen ſeinen Bedeutungen (§. 487. 489.) verwechſelt. Der Ableitung nach, bedeutet Urſache ſo viel, als die erſte Sache, oder diejenige Sache, die den erſten Anfang macht, und ſo wird das Ab- leitungstheilchen Ur auch in den Woͤrten Urſprung, Urſtoff, Urbild, Urheber ꝛc. gebraucht, da es ungefaͤhr ſo viel, als das griechiſche Αζχη bedeutet, welches Ariſtoteles in die Metaphyſic eingefuͤhret hat, und durch Principium uͤberſetzet worden iſt. § 585. Wir werden hier bey dieſer Bedeutung bleiben, und durch Urſache nicht etwann nur das Principium cognoſcendi, ſondern die Sache ſelbſt verſtehen, die das Principium eſſendi iſt oder in ſich enthaͤlt, ſo fern naͤmlich Kraͤfte in derſelben ſind, die ihre Wirkung aͤußern. Hiebey muͤſſen wir ferner den bloßen Stand des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/214
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/214>, abgerufen am 29.03.2024.