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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Zusatz zum neunzehnten Hauptstücke.
Regierungsform, so fern diese durch die Absicht
und durch das derselben angemessene System der
Handlungen
bestimmt wird. Bey diesen Hand-
lungen müssen ferner besonders diejenigen, die die
ganze Einrichtung, ganze Theile derselben, und die
Anordnung der übrigen Handlungen betreffen, eine
dazu eingerichtete Form haben. Diese Form ist
immer so einzurichten, daß dadurch Unordnung ver-
mieden, Zeit und Ort beobachtet, und die übrigen
Handlungen zu ihrem Ziele gelenket werden. Oefters
erhalten sie auch wegen ihrer Wichtigkeit und um
desto authentischer zu seyn, durch Cerimonien und äu-
ßerliches Gepränge ein desto feyerlicheres Ansehen.
Aehnliche Gründe finden sich auch in Proceßsachen,
wo die Anordnung des ganzen Verfahrens, das will
sagen, die Form so vorgeschrieben und bestimmet
wird, daß, wenn man dieselbe behörig beobachtet,
der Proceß am zuverläßigsten zu Ende gebracht, und
Unrecht vermieden wird.

XVII.

Hiebey wird nun die ächte und zweckmäßigste Form,
so viel möglich, auf das Allgemeinste bestimmet, da-
mit sie auch in schwerern und verwickeltern Fällen
noch anwendbar bleibe. Dieses macht sie aber weit-
läuftig, und für gewisse Fälle, die viel einfacher sind
und weniger Bedenken verursachen, langwierig. Es
kömmt daher bey contrahirenden Parteyen oft schlecht-
hin nur auf den Grad der Redlichkeit und des Zu-
trauens an, um einen Contract eher zu Ende zu brin-
gen, als er mit Beybehaltung aller Formalien würde
geschlossen werden. Dafern aber nicht alles liquid ist,
und die Sache sich in die Länge ziehen kann, so ist
es unstreitig das Rathsamste, wenn man sich nur

Schritt
Q 2

Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke.
Regierungsform, ſo fern dieſe durch die Abſicht
und durch das derſelben angemeſſene Syſtem der
Handlungen
beſtimmt wird. Bey dieſen Hand-
lungen muͤſſen ferner beſonders diejenigen, die die
ganze Einrichtung, ganze Theile derſelben, und die
Anordnung der uͤbrigen Handlungen betreffen, eine
dazu eingerichtete Form haben. Dieſe Form iſt
immer ſo einzurichten, daß dadurch Unordnung ver-
mieden, Zeit und Ort beobachtet, und die uͤbrigen
Handlungen zu ihrem Ziele gelenket werden. Oefters
erhalten ſie auch wegen ihrer Wichtigkeit und um
deſto authentiſcher zu ſeyn, durch Cerimonien und aͤu-
ßerliches Gepraͤnge ein deſto feyerlicheres Anſehen.
Aehnliche Gruͤnde finden ſich auch in Proceßſachen,
wo die Anordnung des ganzen Verfahrens, das will
ſagen, die Form ſo vorgeſchrieben und beſtimmet
wird, daß, wenn man dieſelbe behoͤrig beobachtet,
der Proceß am zuverlaͤßigſten zu Ende gebracht, und
Unrecht vermieden wird.

XVII.

Hiebey wird nun die aͤchte und zweckmaͤßigſte Form,
ſo viel moͤglich, auf das Allgemeinſte beſtimmet, da-
mit ſie auch in ſchwerern und verwickeltern Faͤllen
noch anwendbar bleibe. Dieſes macht ſie aber weit-
laͤuftig, und fuͤr gewiſſe Faͤlle, die viel einfacher ſind
und weniger Bedenken verurſachen, langwierig. Es
koͤmmt daher bey contrahirenden Parteyen oft ſchlecht-
hin nur auf den Grad der Redlichkeit und des Zu-
trauens an, um einen Contract eher zu Ende zu brin-
gen, als er mit Beybehaltung aller Formalien wuͤrde
geſchloſſen werden. Dafern aber nicht alles liquid iſt,
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Schritt
Q 2
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[243/0251] Zuſatz zum neunzehnten Hauptſtuͤcke. Regierungsform, ſo fern dieſe durch die Abſicht und durch das derſelben angemeſſene Syſtem der Handlungen beſtimmt wird. Bey dieſen Hand- lungen muͤſſen ferner beſonders diejenigen, die die ganze Einrichtung, ganze Theile derſelben, und die Anordnung der uͤbrigen Handlungen betreffen, eine dazu eingerichtete Form haben. Dieſe Form iſt immer ſo einzurichten, daß dadurch Unordnung ver- mieden, Zeit und Ort beobachtet, und die uͤbrigen Handlungen zu ihrem Ziele gelenket werden. Oefters erhalten ſie auch wegen ihrer Wichtigkeit und um deſto authentiſcher zu ſeyn, durch Cerimonien und aͤu- ßerliches Gepraͤnge ein deſto feyerlicheres Anſehen. Aehnliche Gruͤnde finden ſich auch in Proceßſachen, wo die Anordnung des ganzen Verfahrens, das will ſagen, die Form ſo vorgeſchrieben und beſtimmet wird, daß, wenn man dieſelbe behoͤrig beobachtet, der Proceß am zuverlaͤßigſten zu Ende gebracht, und Unrecht vermieden wird. XVII. Hiebey wird nun die aͤchte und zweckmaͤßigſte Form, ſo viel moͤglich, auf das Allgemeinſte beſtimmet, da- mit ſie auch in ſchwerern und verwickeltern Faͤllen noch anwendbar bleibe. Dieſes macht ſie aber weit- laͤuftig, und fuͤr gewiſſe Faͤlle, die viel einfacher ſind und weniger Bedenken verurſachen, langwierig. Es koͤmmt daher bey contrahirenden Parteyen oft ſchlecht- hin nur auf den Grad der Redlichkeit und des Zu- trauens an, um einen Contract eher zu Ende zu brin- gen, als er mit Beybehaltung aller Formalien wuͤrde geſchloſſen werden. Dafern aber nicht alles liquid iſt, und die Sache ſich in die Laͤnge ziehen kann, ſo iſt es unſtreitig das Rathſamſte, wenn man ſich nur Schritt Q 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/251>, abgerufen am 25.04.2024.