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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Die Einheit.
griffen werden könnten, wie es die Wolfianische
Weltweisheit angiebt, welche von jeder Größe den
Satz behauptet: Quantitas dari sed non per se intel-
ligi potest.
Dieser Satz ist aber nur in denen Fällen
wahr, aus welchen man ihn abstrahirt hatte. Denn
so können allerdings die Theile des Raumes, der Zeit,
der Kräfte etc. von 0 an bis so weit man will größer
oder kleiner angenommen werden, und welchen man
immer annimmt, so ist er nicht verständlicher, als
jeder andere, wenn man ihn für sich und ohne einige
Verhältniß zu andern Dingen betrachtet, die in der
Welt eine determinirte Größe haben. Jn Ansehung
solcher Fälle haben wir im vorhergehenden den Aus-
druck gebraucht, daß sie keine bestimmte Einheit
haben, und dieses will nun vermöge der erst gemach-
ten Anmerkung so viel sagen, daß, welche Theile
man immer annimmt, nach demselben zwar die übri-
gen proportionirt werden können, daß aber keiner vor
dem andern voraus etwas kenntlicheres an sich habe.

§. 702.

Dieses sind aber noch lange nicht alle Fälle, wo
von Größen und Einheiten die Rede vorkommen
kann, sondern es giebt deren eine Menge, wo es
Theile giebt, die eine für sich kenntliche Größe haben,
und die eben dadurch am schicklichsten durch Einheiten
vorgestellet werden können. So z. E. wenn man
eine Linie von beliebiger Länge auf einer Fläche um
einen Punct herum drehet, so wird sich allerdings
ohne Mühe zählen lassen, wie vielmal man sie herum-
drehet, und jedesmal, wenn sie wiederum zu der Lage
kömmt, bey welcher man angefangen, wird man eine
Einheit mehr haben, die von gleicher Art und Größe,
und ohne alle Widerrede für sich verständlich ist.

Man
X 3

Die Einheit.
griffen werden koͤnnten, wie es die Wolfianiſche
Weltweisheit angiebt, welche von jeder Groͤße den
Satz behauptet: Quantitas dari ſed non per ſe intel-
ligi poteſt.
Dieſer Satz iſt aber nur in denen Faͤllen
wahr, aus welchen man ihn abſtrahirt hatte. Denn
ſo koͤnnen allerdings die Theile des Raumes, der Zeit,
der Kraͤfte ꝛc. von 0 an bis ſo weit man will groͤßer
oder kleiner angenommen werden, und welchen man
immer annimmt, ſo iſt er nicht verſtaͤndlicher, als
jeder andere, wenn man ihn fuͤr ſich und ohne einige
Verhaͤltniß zu andern Dingen betrachtet, die in der
Welt eine determinirte Groͤße haben. Jn Anſehung
ſolcher Faͤlle haben wir im vorhergehenden den Aus-
druck gebraucht, daß ſie keine beſtimmte Einheit
haben, und dieſes will nun vermoͤge der erſt gemach-
ten Anmerkung ſo viel ſagen, daß, welche Theile
man immer annimmt, nach demſelben zwar die uͤbri-
gen proportionirt werden koͤnnen, daß aber keiner vor
dem andern voraus etwas kenntlicheres an ſich habe.

§. 702.

Dieſes ſind aber noch lange nicht alle Faͤlle, wo
von Groͤßen und Einheiten die Rede vorkommen
kann, ſondern es giebt deren eine Menge, wo es
Theile giebt, die eine fuͤr ſich kenntliche Groͤße haben,
und die eben dadurch am ſchicklichſten durch Einheiten
vorgeſtellet werden koͤnnen. So z. E. wenn man
eine Linie von beliebiger Laͤnge auf einer Flaͤche um
einen Punct herum drehet, ſo wird ſich allerdings
ohne Muͤhe zaͤhlen laſſen, wie vielmal man ſie herum-
drehet, und jedesmal, wenn ſie wiederum zu der Lage
koͤmmt, bey welcher man angefangen, wird man eine
Einheit mehr haben, die von gleicher Art und Groͤße,
und ohne alle Widerrede fuͤr ſich verſtaͤndlich iſt.

Man
X 3
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[325/0333] Die Einheit. griffen werden koͤnnten, wie es die Wolfianiſche Weltweisheit angiebt, welche von jeder Groͤße den Satz behauptet: Quantitas dari ſed non per ſe intel- ligi poteſt. Dieſer Satz iſt aber nur in denen Faͤllen wahr, aus welchen man ihn abſtrahirt hatte. Denn ſo koͤnnen allerdings die Theile des Raumes, der Zeit, der Kraͤfte ꝛc. von 0 an bis ſo weit man will groͤßer oder kleiner angenommen werden, und welchen man immer annimmt, ſo iſt er nicht verſtaͤndlicher, als jeder andere, wenn man ihn fuͤr ſich und ohne einige Verhaͤltniß zu andern Dingen betrachtet, die in der Welt eine determinirte Groͤße haben. Jn Anſehung ſolcher Faͤlle haben wir im vorhergehenden den Aus- druck gebraucht, daß ſie keine beſtimmte Einheit haben, und dieſes will nun vermoͤge der erſt gemach- ten Anmerkung ſo viel ſagen, daß, welche Theile man immer annimmt, nach demſelben zwar die uͤbri- gen proportionirt werden koͤnnen, daß aber keiner vor dem andern voraus etwas kenntlicheres an ſich habe. §. 702. Dieſes ſind aber noch lange nicht alle Faͤlle, wo von Groͤßen und Einheiten die Rede vorkommen kann, ſondern es giebt deren eine Menge, wo es Theile giebt, die eine fuͤr ſich kenntliche Groͤße haben, und die eben dadurch am ſchicklichſten durch Einheiten vorgeſtellet werden koͤnnen. So z. E. wenn man eine Linie von beliebiger Laͤnge auf einer Flaͤche um einen Punct herum drehet, ſo wird ſich allerdings ohne Muͤhe zaͤhlen laſſen, wie vielmal man ſie herum- drehet, und jedesmal, wenn ſie wiederum zu der Lage koͤmmt, bey welcher man angefangen, wird man eine Einheit mehr haben, die von gleicher Art und Groͤße, und ohne alle Widerrede fuͤr ſich verſtaͤndlich iſt. Man X 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 325. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/333>, abgerufen am 29.03.2024.