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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Die einfache Gestalt der Größe.
ebenfalls nur eine Linie oder Winkel. Nun kann
man zwar sagen, daß bey den Flächen und Körpern
die Einheit, die man zur Ausmessung derselben an-
nimmt, nothwendig auch eine Fläche oder körperli-
cher Raum seyn müsse. Allein damit ist noch nicht
alles ausgerichtet. Denn die Einheit, die man da-
bey gebraucht, kann unzählig vielerley Gestalten ha-
ben, und es ist dabey gar nicht gleichgültig, welche
man annimmt. So z. E. sollte natürlicher Weise
bey der Ausmessung der Cirkel ein Cirkel, bey der Aus-
messung einer Kugel eine Kugel, und überhaupt bey der
Ausmessung jeder Figur eine ähnliche Figur zur Ein-
heit angenommen werden, und so wäre man mit der
Ausmessung bald fertig. Es giebt auch wirklich
Fälle, wo man dieses thut. Denn so z. E. bestimmt
man in der Artillerie den Diameter einer pfündigen
Kugel, und daraus sind sodann die Diameter von
Kugeln von jedem andern Gewichte bald gefunden,
weil sich die Cubi der Diameter, gerade wie die An-
zahl der Pfunde, und umgekehrt, wie die specifische
Schwere der Materie verhalten, aus welcher die
Kugel besteht. Allein, damit reichet man in der Geo-
metrie nicht aus, weil man dadurch zwar jede Figur
mit ihrer Einheit, aber weder die Figuren noch die
Einheiten unter einander vergleichen kann. Man
hat daher auf allgemeinere Mittel denken müssen, sol-
che Vergleichungen anzustellen, und dadurch würde
die Gestalt der Einheiten, die man durchaus zum
Grunde legen konnte, näher bestimmt.

§. 741.

Dieses ist nun auf eine gedoppelte Art geschehen.
Einmal, da man bey Flächen, deren Seiten gerade
sind, und bey Körpern, deren Fläche aus solchen

Flächen

Die einfache Geſtalt der Groͤße.
ebenfalls nur eine Linie oder Winkel. Nun kann
man zwar ſagen, daß bey den Flaͤchen und Koͤrpern
die Einheit, die man zur Ausmeſſung derſelben an-
nimmt, nothwendig auch eine Flaͤche oder koͤrperli-
cher Raum ſeyn muͤſſe. Allein damit iſt noch nicht
alles ausgerichtet. Denn die Einheit, die man da-
bey gebraucht, kann unzaͤhlig vielerley Geſtalten ha-
ben, und es iſt dabey gar nicht gleichguͤltig, welche
man annimmt. So z. E. ſollte natuͤrlicher Weiſe
bey der Ausmeſſung der Cirkel ein Cirkel, bey der Aus-
meſſung einer Kugel eine Kugel, und uͤberhaupt bey der
Ausmeſſung jeder Figur eine aͤhnliche Figur zur Ein-
heit angenommen werden, und ſo waͤre man mit der
Ausmeſſung bald fertig. Es giebt auch wirklich
Faͤlle, wo man dieſes thut. Denn ſo z. E. beſtimmt
man in der Artillerie den Diameter einer pfuͤndigen
Kugel, und daraus ſind ſodann die Diameter von
Kugeln von jedem andern Gewichte bald gefunden,
weil ſich die Cubi der Diameter, gerade wie die An-
zahl der Pfunde, und umgekehrt, wie die ſpecifiſche
Schwere der Materie verhalten, aus welcher die
Kugel beſteht. Allein, damit reichet man in der Geo-
metrie nicht aus, weil man dadurch zwar jede Figur
mit ihrer Einheit, aber weder die Figuren noch die
Einheiten unter einander vergleichen kann. Man
hat daher auf allgemeinere Mittel denken muͤſſen, ſol-
che Vergleichungen anzuſtellen, und dadurch wuͤrde
die Geſtalt der Einheiten, die man durchaus zum
Grunde legen konnte, naͤher beſtimmt.

§. 741.

Dieſes iſt nun auf eine gedoppelte Art geſchehen.
Einmal, da man bey Flaͤchen, deren Seiten gerade
ſind, und bey Koͤrpern, deren Flaͤche aus ſolchen

Flaͤchen
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[363/0371] Die einfache Geſtalt der Groͤße. ebenfalls nur eine Linie oder Winkel. Nun kann man zwar ſagen, daß bey den Flaͤchen und Koͤrpern die Einheit, die man zur Ausmeſſung derſelben an- nimmt, nothwendig auch eine Flaͤche oder koͤrperli- cher Raum ſeyn muͤſſe. Allein damit iſt noch nicht alles ausgerichtet. Denn die Einheit, die man da- bey gebraucht, kann unzaͤhlig vielerley Geſtalten ha- ben, und es iſt dabey gar nicht gleichguͤltig, welche man annimmt. So z. E. ſollte natuͤrlicher Weiſe bey der Ausmeſſung der Cirkel ein Cirkel, bey der Aus- meſſung einer Kugel eine Kugel, und uͤberhaupt bey der Ausmeſſung jeder Figur eine aͤhnliche Figur zur Ein- heit angenommen werden, und ſo waͤre man mit der Ausmeſſung bald fertig. Es giebt auch wirklich Faͤlle, wo man dieſes thut. Denn ſo z. E. beſtimmt man in der Artillerie den Diameter einer pfuͤndigen Kugel, und daraus ſind ſodann die Diameter von Kugeln von jedem andern Gewichte bald gefunden, weil ſich die Cubi der Diameter, gerade wie die An- zahl der Pfunde, und umgekehrt, wie die ſpecifiſche Schwere der Materie verhalten, aus welcher die Kugel beſteht. Allein, damit reichet man in der Geo- metrie nicht aus, weil man dadurch zwar jede Figur mit ihrer Einheit, aber weder die Figuren noch die Einheiten unter einander vergleichen kann. Man hat daher auf allgemeinere Mittel denken muͤſſen, ſol- che Vergleichungen anzuſtellen, und dadurch wuͤrde die Geſtalt der Einheiten, die man durchaus zum Grunde legen konnte, naͤher beſtimmt. §. 741. Dieſes iſt nun auf eine gedoppelte Art geſchehen. Einmal, da man bey Flaͤchen, deren Seiten gerade ſind, und bey Koͤrpern, deren Flaͤche aus ſolchen Flaͤchen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/371>, abgerufen am 29.03.2024.