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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XXVI. Hauptstück.
größere Klarheit und Brauchbarkeit hat. Denn so
z. E. können wir in Gedanken die Theile der Zeit
herum tragen, und wenn wir uns zwo Stunden von
gleicher Länge vorstellen, so stellen wir uns ebenfalls
vor, daß wenn der Anfang von beyden zugleich wäre,
auch das Ende von beyden zugleich seyn würde. Die-
ses Zusammenpassen giebt uns, eben so, wie in der
Geometrie, den absolutesten Begriff von ihrer glei-
chen Länge oder Dauer. Sofern wir der Kraft eine
Ausdehnung und Dauer geben, läßt sich der Begriff
des Zusammenpassens ebenfalls dabey anwenden.
Jndessen aber vergleichen wir zwo Kräfte ehender mit
der Ausdehnung der Dinge, auf welche sie angewandt
werden können, und in Absicht auf die Kräfte des
Verstandes und des Willens nehmen wir statt der
Ausdehnung die Anzahl der Gegenstände. Hingegen
geht der Begriff vom Zusammenpassen bey den Gra-
den der Jntensität nicht anders an, als wenn wir die
einzeln Aufhäufungen uns als außer einander vorstel-
len. Daher schätzen wir die Gleichheit zwoer Kräfte
der Jntensität nach ehender aus der Gleichheit der Wir-
kung, und sehen, ob diese einerley bleibe, wenn eine
Kraft statt der andern gesetzt wird. Es hat aber der
Begriff des Zusammenpassens bey dem Raume desto
mehrern Gebrauch, weil bey den Figuren Seiten und
Winkel auf einander passen müssen, und weil dieses
Anlässe giebt viele Lehrsätze daher zu leiten, wodurch
man von dem Zusammenpassen einiger Linien und
Winkel auf das Zusammenpassen der übrigen den
Schluß machen kann. Und dieses ist es eben, was in
der Geometrie die Anzahl der gegebenen Stücke ver-
mindert, und zugleich ein Grund mit, warum man
andere Größen auf Linien und Räume reducirt,
(§. 762. 82.).

§. 771.

XXVI. Hauptſtuͤck.
groͤßere Klarheit und Brauchbarkeit hat. Denn ſo
z. E. koͤnnen wir in Gedanken die Theile der Zeit
herum tragen, und wenn wir uns zwo Stunden von
gleicher Laͤnge vorſtellen, ſo ſtellen wir uns ebenfalls
vor, daß wenn der Anfang von beyden zugleich waͤre,
auch das Ende von beyden zugleich ſeyn wuͤrde. Die-
ſes Zuſammenpaſſen giebt uns, eben ſo, wie in der
Geometrie, den abſoluteſten Begriff von ihrer glei-
chen Laͤnge oder Dauer. Sofern wir der Kraft eine
Ausdehnung und Dauer geben, laͤßt ſich der Begriff
des Zuſammenpaſſens ebenfalls dabey anwenden.
Jndeſſen aber vergleichen wir zwo Kraͤfte ehender mit
der Ausdehnung der Dinge, auf welche ſie angewandt
werden koͤnnen, und in Abſicht auf die Kraͤfte des
Verſtandes und des Willens nehmen wir ſtatt der
Ausdehnung die Anzahl der Gegenſtaͤnde. Hingegen
geht der Begriff vom Zuſammenpaſſen bey den Gra-
den der Jntenſitaͤt nicht anders an, als wenn wir die
einzeln Aufhaͤufungen uns als außer einander vorſtel-
len. Daher ſchaͤtzen wir die Gleichheit zwoer Kraͤfte
der Jntenſitaͤt nach ehender aus der Gleichheit der Wir-
kung, und ſehen, ob dieſe einerley bleibe, wenn eine
Kraft ſtatt der andern geſetzt wird. Es hat aber der
Begriff des Zuſammenpaſſens bey dem Raume deſto
mehrern Gebrauch, weil bey den Figuren Seiten und
Winkel auf einander paſſen muͤſſen, und weil dieſes
Anlaͤſſe giebt viele Lehrſaͤtze daher zu leiten, wodurch
man von dem Zuſammenpaſſen einiger Linien und
Winkel auf das Zuſammenpaſſen der uͤbrigen den
Schluß machen kann. Und dieſes iſt es eben, was in
der Geometrie die Anzahl der gegebenen Stuͤcke ver-
mindert, und zugleich ein Grund mit, warum man
andere Groͤßen auf Linien und Raͤume reducirt,
(§. 762. 82.).

§. 771.
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[392/0400] XXVI. Hauptſtuͤck. groͤßere Klarheit und Brauchbarkeit hat. Denn ſo z. E. koͤnnen wir in Gedanken die Theile der Zeit herum tragen, und wenn wir uns zwo Stunden von gleicher Laͤnge vorſtellen, ſo ſtellen wir uns ebenfalls vor, daß wenn der Anfang von beyden zugleich waͤre, auch das Ende von beyden zugleich ſeyn wuͤrde. Die- ſes Zuſammenpaſſen giebt uns, eben ſo, wie in der Geometrie, den abſoluteſten Begriff von ihrer glei- chen Laͤnge oder Dauer. Sofern wir der Kraft eine Ausdehnung und Dauer geben, laͤßt ſich der Begriff des Zuſammenpaſſens ebenfalls dabey anwenden. Jndeſſen aber vergleichen wir zwo Kraͤfte ehender mit der Ausdehnung der Dinge, auf welche ſie angewandt werden koͤnnen, und in Abſicht auf die Kraͤfte des Verſtandes und des Willens nehmen wir ſtatt der Ausdehnung die Anzahl der Gegenſtaͤnde. Hingegen geht der Begriff vom Zuſammenpaſſen bey den Gra- den der Jntenſitaͤt nicht anders an, als wenn wir die einzeln Aufhaͤufungen uns als außer einander vorſtel- len. Daher ſchaͤtzen wir die Gleichheit zwoer Kraͤfte der Jntenſitaͤt nach ehender aus der Gleichheit der Wir- kung, und ſehen, ob dieſe einerley bleibe, wenn eine Kraft ſtatt der andern geſetzt wird. Es hat aber der Begriff des Zuſammenpaſſens bey dem Raume deſto mehrern Gebrauch, weil bey den Figuren Seiten und Winkel auf einander paſſen muͤſſen, und weil dieſes Anlaͤſſe giebt viele Lehrſaͤtze daher zu leiten, wodurch man von dem Zuſammenpaſſen einiger Linien und Winkel auf das Zuſammenpaſſen der uͤbrigen den Schluß machen kann. Und dieſes iſt es eben, was in der Geometrie die Anzahl der gegebenen Stuͤcke ver- mindert, und zugleich ein Grund mit, warum man andere Groͤßen auf Linien und Raͤume reducirt, (§. 762. 82.). §. 771.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/400>, abgerufen am 28.03.2024.