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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Der Maaßstab.
den bleiben, hingegen dünstet der Weingeist aus, und
seine Masse nimmt ab. Man stelle nun die Grade
der Wärme durch Abscissen, die Grade der Ausdeh-
nung durch Ordinaten einer Linie vor, so wird diese
Linie nicht nur krumm seyn, sondern, da wo der
Weingeist entfriert, ein Maximum, einen Wen-
dungspunct und ein Minimum haben, und das an-
dere Maximum wird bey dem Grade des siedenden
Weingeistes seyn. Statt alles dessen würde die Linie
gerade seyn, wenn die Ausdehnung in einfacher Ver-
hältniß der Wärme wäre. Will man nun zu der erst
bemeldeten krummen Linie eine Gleichung finden, so
sieht man leicht, daß man die Kräfte der Wärme,
die Cohäsionskräfte des Weingeistes, die Vermi-
schung der Theilchen desselben mit den Lufttheilchen etc.
in Betrachtung ziehen, das will sagen, das Einfache
und dessen Zusammensetzung stückweise untersuchen
müsse. Dieses wird bey der Untersuchung der Wär-
me und Kälte, die bey Vermischungen entsteht
(§. 775.) ebenfalls nothwendig. Man wird in dem
§. 96. und §. 459. noch andere hieher dienende Bey-
spiele finden.

§. 780.

Sofern wir es bey der Aufsuchung dieses Einfachen
auf die Empfindung und Vorstellung der Sache müs-
sen ankommen lassen, wird allerdings ein feineres Ge-
fühl, eine fertigere Bemerkung aller, und besonders
der einfachern Verschiedenheiten (§. 751. seqq.) eine
geläufigere Kenntniß der Sache und eine Uebung da-
zu erfordert. Da diese Umstände sich nicht so oft bey-
sammen finden, so hat man auch schon lange den Ge-
danken gehabt, als wenn es gewissen Zeiten und Per-
sonen vorbehalten wäre, in einer Sache das Eis zu

brechen,
C c 2

Der Maaßſtab.
den bleiben, hingegen duͤnſtet der Weingeiſt aus, und
ſeine Maſſe nimmt ab. Man ſtelle nun die Grade
der Waͤrme durch Abſciſſen, die Grade der Ausdeh-
nung durch Ordinaten einer Linie vor, ſo wird dieſe
Linie nicht nur krumm ſeyn, ſondern, da wo der
Weingeiſt entfriert, ein Maximum, einen Wen-
dungspunct und ein Minimum haben, und das an-
dere Maximum wird bey dem Grade des ſiedenden
Weingeiſtes ſeyn. Statt alles deſſen wuͤrde die Linie
gerade ſeyn, wenn die Ausdehnung in einfacher Ver-
haͤltniß der Waͤrme waͤre. Will man nun zu der erſt
bemeldeten krummen Linie eine Gleichung finden, ſo
ſieht man leicht, daß man die Kraͤfte der Waͤrme,
die Cohaͤſionskraͤfte des Weingeiſtes, die Vermi-
ſchung der Theilchen deſſelben mit den Lufttheilchen ꝛc.
in Betrachtung ziehen, das will ſagen, das Einfache
und deſſen Zuſammenſetzung ſtuͤckweiſe unterſuchen
muͤſſe. Dieſes wird bey der Unterſuchung der Waͤr-
me und Kaͤlte, die bey Vermiſchungen entſteht
(§. 775.) ebenfalls nothwendig. Man wird in dem
§. 96. und §. 459. noch andere hieher dienende Bey-
ſpiele finden.

§. 780.

Sofern wir es bey der Aufſuchung dieſes Einfachen
auf die Empfindung und Vorſtellung der Sache muͤſ-
ſen ankommen laſſen, wird allerdings ein feineres Ge-
fuͤhl, eine fertigere Bemerkung aller, und beſonders
der einfachern Verſchiedenheiten (§. 751. ſeqq.) eine
gelaͤufigere Kenntniß der Sache und eine Uebung da-
zu erfordert. Da dieſe Umſtaͤnde ſich nicht ſo oft bey-
ſammen finden, ſo hat man auch ſchon lange den Ge-
danken gehabt, als wenn es gewiſſen Zeiten und Per-
ſonen vorbehalten waͤre, in einer Sache das Eis zu

brechen,
C c 2
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[403/0411] Der Maaßſtab. den bleiben, hingegen duͤnſtet der Weingeiſt aus, und ſeine Maſſe nimmt ab. Man ſtelle nun die Grade der Waͤrme durch Abſciſſen, die Grade der Ausdeh- nung durch Ordinaten einer Linie vor, ſo wird dieſe Linie nicht nur krumm ſeyn, ſondern, da wo der Weingeiſt entfriert, ein Maximum, einen Wen- dungspunct und ein Minimum haben, und das an- dere Maximum wird bey dem Grade des ſiedenden Weingeiſtes ſeyn. Statt alles deſſen wuͤrde die Linie gerade ſeyn, wenn die Ausdehnung in einfacher Ver- haͤltniß der Waͤrme waͤre. Will man nun zu der erſt bemeldeten krummen Linie eine Gleichung finden, ſo ſieht man leicht, daß man die Kraͤfte der Waͤrme, die Cohaͤſionskraͤfte des Weingeiſtes, die Vermi- ſchung der Theilchen deſſelben mit den Lufttheilchen ꝛc. in Betrachtung ziehen, das will ſagen, das Einfache und deſſen Zuſammenſetzung ſtuͤckweiſe unterſuchen muͤſſe. Dieſes wird bey der Unterſuchung der Waͤr- me und Kaͤlte, die bey Vermiſchungen entſteht (§. 775.) ebenfalls nothwendig. Man wird in dem §. 96. und §. 459. noch andere hieher dienende Bey- ſpiele finden. §. 780. Sofern wir es bey der Aufſuchung dieſes Einfachen auf die Empfindung und Vorſtellung der Sache muͤſ- ſen ankommen laſſen, wird allerdings ein feineres Ge- fuͤhl, eine fertigere Bemerkung aller, und beſonders der einfachern Verſchiedenheiten (§. 751. ſeqq.) eine gelaͤufigere Kenntniß der Sache und eine Uebung da- zu erfordert. Da dieſe Umſtaͤnde ſich nicht ſo oft bey- ſammen finden, ſo hat man auch ſchon lange den Ge- danken gehabt, als wenn es gewiſſen Zeiten und Per- ſonen vorbehalten waͤre, in einer Sache das Eis zu brechen, C c 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 403. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/411>, abgerufen am 29.03.2024.