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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XXVII. Hauptstück.
den könnten. So z. E. zählen wir an einem Trian-
gel drey Seiten und drey Winkel, und sehen sie zu-
sammen als sechs Stücke an. Nun kann man die
drey Seiten besonders, und so auch die drey Winkel
besonders addiren. Fraget man aber nach der Summe
der Seiten und Winkel eines geradelinichten Trian-
gels zugleich, so fraget man etwas ungereimtes, weil
sich Winkel und Seiten nicht addiren lassen. Denn
man kann höchstens nur sagen, daß es sechs Stücke
sind. Wir führen dieses an sich offenbare Beyspiel
an, damit es nicht so unmöglich scheine, wenn etwann
in dem, was ein Philosoph dem Mathematiker aus-
zumessen vorgiebt, bey der genauern Untersuchung,
die letzterer anstellet, solche Antworten zum Vor-
schein kommen, (§. 685.). Denn zum eigentlichen
Zusammenrechnen werden gleichartige Dinge erfor-
dert, deren jedes durch Zahlen vorgestellet werde,
die einerley Einheiten haben, oder sich auf solche re-
duciren lassen, und zum Ausmessen müssen sie eine
Continuität haben, die nach einerley Maaßstab und
Einheit gemessen werden kann.

§. 799.

Die Ungleichartigkeit der Dinge und ihrer Theile,
welche machet, daß sie nicht so schlechthin im Gan-
zen gemessen, sondern etwann nur gezählet und in
ein Verzeichniß gebracht werden können, fällt nun
mehrentheils leicht in die Augen, und verursachet,
daß man dabey diejenigen Absichten und Arten von
Continuitäten aufsuchet, die etwann, jede für sich,
oder einige zusammen genommen, eine Ausmessung
zulassen. Wir haben bereits in dem §. 717. ange-
merket, daß dieses gewöhnlich geschieht, und aus
der erst gemachten Betrachtung erhellet, daß es nicht

wohl

XXVII. Hauptſtuͤck.
den koͤnnten. So z. E. zaͤhlen wir an einem Trian-
gel drey Seiten und drey Winkel, und ſehen ſie zu-
ſammen als ſechs Stuͤcke an. Nun kann man die
drey Seiten beſonders, und ſo auch die drey Winkel
beſonders addiren. Fraget man aber nach der Summe
der Seiten und Winkel eines geradelinichten Trian-
gels zugleich, ſo fraget man etwas ungereimtes, weil
ſich Winkel und Seiten nicht addiren laſſen. Denn
man kann hoͤchſtens nur ſagen, daß es ſechs Stuͤcke
ſind. Wir fuͤhren dieſes an ſich offenbare Beyſpiel
an, damit es nicht ſo unmoͤglich ſcheine, wenn etwann
in dem, was ein Philoſoph dem Mathematiker aus-
zumeſſen vorgiebt, bey der genauern Unterſuchung,
die letzterer anſtellet, ſolche Antworten zum Vor-
ſchein kommen, (§. 685.). Denn zum eigentlichen
Zuſammenrechnen werden gleichartige Dinge erfor-
dert, deren jedes durch Zahlen vorgeſtellet werde,
die einerley Einheiten haben, oder ſich auf ſolche re-
duciren laſſen, und zum Ausmeſſen muͤſſen ſie eine
Continuitaͤt haben, die nach einerley Maaßſtab und
Einheit gemeſſen werden kann.

§. 799.

Die Ungleichartigkeit der Dinge und ihrer Theile,
welche machet, daß ſie nicht ſo ſchlechthin im Gan-
zen gemeſſen, ſondern etwann nur gezaͤhlet und in
ein Verzeichniß gebracht werden koͤnnen, faͤllt nun
mehrentheils leicht in die Augen, und verurſachet,
daß man dabey diejenigen Abſichten und Arten von
Continuitaͤten aufſuchet, die etwann, jede fuͤr ſich,
oder einige zuſammen genommen, eine Ausmeſſung
zulaſſen. Wir haben bereits in dem §. 717. ange-
merket, daß dieſes gewoͤhnlich geſchieht, und aus
der erſt gemachten Betrachtung erhellet, daß es nicht

wohl
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[422/0430] XXVII. Hauptſtuͤck. den koͤnnten. So z. E. zaͤhlen wir an einem Trian- gel drey Seiten und drey Winkel, und ſehen ſie zu- ſammen als ſechs Stuͤcke an. Nun kann man die drey Seiten beſonders, und ſo auch die drey Winkel beſonders addiren. Fraget man aber nach der Summe der Seiten und Winkel eines geradelinichten Trian- gels zugleich, ſo fraget man etwas ungereimtes, weil ſich Winkel und Seiten nicht addiren laſſen. Denn man kann hoͤchſtens nur ſagen, daß es ſechs Stuͤcke ſind. Wir fuͤhren dieſes an ſich offenbare Beyſpiel an, damit es nicht ſo unmoͤglich ſcheine, wenn etwann in dem, was ein Philoſoph dem Mathematiker aus- zumeſſen vorgiebt, bey der genauern Unterſuchung, die letzterer anſtellet, ſolche Antworten zum Vor- ſchein kommen, (§. 685.). Denn zum eigentlichen Zuſammenrechnen werden gleichartige Dinge erfor- dert, deren jedes durch Zahlen vorgeſtellet werde, die einerley Einheiten haben, oder ſich auf ſolche re- duciren laſſen, und zum Ausmeſſen muͤſſen ſie eine Continuitaͤt haben, die nach einerley Maaßſtab und Einheit gemeſſen werden kann. §. 799. Die Ungleichartigkeit der Dinge und ihrer Theile, welche machet, daß ſie nicht ſo ſchlechthin im Gan- zen gemeſſen, ſondern etwann nur gezaͤhlet und in ein Verzeichniß gebracht werden koͤnnen, faͤllt nun mehrentheils leicht in die Augen, und verurſachet, daß man dabey diejenigen Abſichten und Arten von Continuitaͤten aufſuchet, die etwann, jede fuͤr ſich, oder einige zuſammen genommen, eine Ausmeſſung zulaſſen. Wir haben bereits in dem §. 717. ange- merket, daß dieſes gewoͤhnlich geſchieht, und aus der erſt gemachten Betrachtung erhellet, daß es nicht wohl

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/430>, abgerufen am 28.03.2024.