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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XIV. Hauptstück.
als es die logischen (§. 412.) sind. Die logischen
gehen unmittelbar auf das denkende Wesen, und
was dabey zum Grunde liegt, besteht theils in den
Kräften des Verstandes theils in der Gedenk-
barkeit der Dinge.
Sie kommen demnach außer
dem denkenden Wesen nicht vor, (§. 299.). Hin-
gegen kommen Raum und Zeit außer dem denkenden
Wesen vor, ungeachtet beydes nicht in den Dingen,
sondern die Dinge in denselben sind. Dieses macht
erstlich, daß Raum und Zeit ohne Rücksicht auf die
Dinge betrachtet, und die in den Theilen vorkommen-
den Verhältnisse für sich können bestimmet werden.
Zweytens ändert der Raum und die Zeit in den Din-
gen selbst nichts, ungeachtet die Aenderungen in den
zusammengesetzten Dingen, dem Raume nach, und
in jeden Dingen der Zeit nach, vorgehen. Endlich
sind drittens die Dinge nicht nothwendig an diesen
oder jenen Raum und Zeit gebunden, ungeachtet sie,
so bald sie existiren, in Ort und Zeit sind. Ein Ding
kann demnach, der Veränderung der Zeit und des
Ortes unerachtet, an sich durchaus eben dasselbe blei-
ben. Hingegen wird in der wirklichen Welt, wo
alles mit einander verbunden ist, keine Aenderung
der Zeit und dem Orte nach vorgehen, ohne daß so-
wohl in dem Dinge selbst, als in seinen Verhältnissen
zu andern Dingen etwas verändert werde, wie wohl
nicht jede Veränderung hinreichend ist, zu machen, daß
es nicht eben dasselbe könnte genennet werden, (§. 220.).

§. 417.

Man hat aus diesen Betrachtungen in der Me-
chanic als einen Grundsatz angenommen, daß die
allen Theilen eines Systems von Körpern ge-
meinsame geradlinichte Bewegung, in der re-

lativen

XIV. Hauptſtuͤck.
als es die logiſchen (§. 412.) ſind. Die logiſchen
gehen unmittelbar auf das denkende Weſen, und
was dabey zum Grunde liegt, beſteht theils in den
Kraͤften des Verſtandes theils in der Gedenk-
barkeit der Dinge.
Sie kommen demnach außer
dem denkenden Weſen nicht vor, (§. 299.). Hin-
gegen kommen Raum und Zeit außer dem denkenden
Weſen vor, ungeachtet beydes nicht in den Dingen,
ſondern die Dinge in denſelben ſind. Dieſes macht
erſtlich, daß Raum und Zeit ohne Ruͤckſicht auf die
Dinge betrachtet, und die in den Theilen vorkommen-
den Verhaͤltniſſe fuͤr ſich koͤnnen beſtimmet werden.
Zweytens aͤndert der Raum und die Zeit in den Din-
gen ſelbſt nichts, ungeachtet die Aenderungen in den
zuſammengeſetzten Dingen, dem Raume nach, und
in jeden Dingen der Zeit nach, vorgehen. Endlich
ſind drittens die Dinge nicht nothwendig an dieſen
oder jenen Raum und Zeit gebunden, ungeachtet ſie,
ſo bald ſie exiſtiren, in Ort und Zeit ſind. Ein Ding
kann demnach, der Veraͤnderung der Zeit und des
Ortes unerachtet, an ſich durchaus eben daſſelbe blei-
ben. Hingegen wird in der wirklichen Welt, wo
alles mit einander verbunden iſt, keine Aenderung
der Zeit und dem Orte nach vorgehen, ohne daß ſo-
wohl in dem Dinge ſelbſt, als in ſeinen Verhaͤltniſſen
zu andern Dingen etwas veraͤndert werde, wie wohl
nicht jede Veraͤnderung hinreichend iſt, zu machen, daß
es nicht eben daſſelbe koͤnnte genennet werden, (§. 220.).

§. 417.

Man hat aus dieſen Betrachtungen in der Me-
chanic als einen Grundſatz angenommen, daß die
allen Theilen eines Syſtems von Koͤrpern ge-
meinſame geradlinichte Bewegung, in der re-

lativen
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[44/0052] XIV. Hauptſtuͤck. als es die logiſchen (§. 412.) ſind. Die logiſchen gehen unmittelbar auf das denkende Weſen, und was dabey zum Grunde liegt, beſteht theils in den Kraͤften des Verſtandes theils in der Gedenk- barkeit der Dinge. Sie kommen demnach außer dem denkenden Weſen nicht vor, (§. 299.). Hin- gegen kommen Raum und Zeit außer dem denkenden Weſen vor, ungeachtet beydes nicht in den Dingen, ſondern die Dinge in denſelben ſind. Dieſes macht erſtlich, daß Raum und Zeit ohne Ruͤckſicht auf die Dinge betrachtet, und die in den Theilen vorkommen- den Verhaͤltniſſe fuͤr ſich koͤnnen beſtimmet werden. Zweytens aͤndert der Raum und die Zeit in den Din- gen ſelbſt nichts, ungeachtet die Aenderungen in den zuſammengeſetzten Dingen, dem Raume nach, und in jeden Dingen der Zeit nach, vorgehen. Endlich ſind drittens die Dinge nicht nothwendig an dieſen oder jenen Raum und Zeit gebunden, ungeachtet ſie, ſo bald ſie exiſtiren, in Ort und Zeit ſind. Ein Ding kann demnach, der Veraͤnderung der Zeit und des Ortes unerachtet, an ſich durchaus eben daſſelbe blei- ben. Hingegen wird in der wirklichen Welt, wo alles mit einander verbunden iſt, keine Aenderung der Zeit und dem Orte nach vorgehen, ohne daß ſo- wohl in dem Dinge ſelbſt, als in ſeinen Verhaͤltniſſen zu andern Dingen etwas veraͤndert werde, wie wohl nicht jede Veraͤnderung hinreichend iſt, zu machen, daß es nicht eben daſſelbe koͤnnte genennet werden, (§. 220.). §. 417. Man hat aus dieſen Betrachtungen in der Me- chanic als einen Grundſatz angenommen, daß die allen Theilen eines Syſtems von Koͤrpern ge- meinſame geradlinichte Bewegung, in der re- lativen

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/52>, abgerufen am 19.04.2024.