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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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Verhältnisse.
Umstand selbst kömmt zuweilen vor, und besonders
bieten uns die Schiffe Beyspiele an. Man setze, daß
auf einem Schiffe, während dem es fortsegelt, eine
Flintenkugel abgeschossen werde, so hat die Kugel, so
lange sie noch in dem Flintenlaufe von dem Pulver
fortgetrieben wird, eine solche gedoppelte Bewegung,
wovon die eine nach der Länge des Laufes, die andere
nach der Linie geht, in welcher sich die Flinte zugleich
mit dem Schiffe bewegt. Stellet man sich nun die
Geschwindigkeit einer jeden von diesen beyden Bewe-
gungen als Seiten eines Parallelogrammes von glei-
cher Lage vor, so wird die Kugel, sowohl während
dem sie noch in dem Laufe ist, als nach dem sie heraus
ist, sich nach der Diagonal dieses Parallelogrammes
bewegen, und in der Luft folglich schlechthin nur die
Bewegung fortsetzen, die sie bereits in dem Flinten-
laufe hatte. Hinwiederum kann man jede Linie als
eine Diagonal von unzählig vielerley Parallelogram-
men, und die Bewegung nach der Diagonal als aus
zwoen Bewegungen nach den Seiten des Parallelo-
grammes zusammengesetzt ansehen. Und diese Auf-
lösung einer Bewegung in zwo andere gebraucht man,
wenn der Stoß zweener in schiefer Richtung gegen
einander laufender Körper zu bestimmen ist. Wir
halten uns aber hier damit nicht auf, weil wir das
bisher Gesagte nur als Beyspiele anführen, welche
den Satz: daß Zeit und Raum in den Dingen nichts
ändert, ungeachtet die Aenderung in den Dingen
selbst dem Raume und der Zeit nach vorgeht, einiger-
maßen erläutern, und dessen Brauchbarkeit zeigen.

§. 422.

Die Verhältnißbegriffe, welche in Absicht auf Zeit
und Raum statt haben, kommen auf eine transcen-

dente
Lamb. Archit. II. B. D

Verhaͤltniſſe.
Umſtand ſelbſt koͤmmt zuweilen vor, und beſonders
bieten uns die Schiffe Beyſpiele an. Man ſetze, daß
auf einem Schiffe, waͤhrend dem es fortſegelt, eine
Flintenkugel abgeſchoſſen werde, ſo hat die Kugel, ſo
lange ſie noch in dem Flintenlaufe von dem Pulver
fortgetrieben wird, eine ſolche gedoppelte Bewegung,
wovon die eine nach der Laͤnge des Laufes, die andere
nach der Linie geht, in welcher ſich die Flinte zugleich
mit dem Schiffe bewegt. Stellet man ſich nun die
Geſchwindigkeit einer jeden von dieſen beyden Bewe-
gungen als Seiten eines Parallelogrammes von glei-
cher Lage vor, ſo wird die Kugel, ſowohl waͤhrend
dem ſie noch in dem Laufe iſt, als nach dem ſie heraus
iſt, ſich nach der Diagonal dieſes Parallelogrammes
bewegen, und in der Luft folglich ſchlechthin nur die
Bewegung fortſetzen, die ſie bereits in dem Flinten-
laufe hatte. Hinwiederum kann man jede Linie als
eine Diagonal von unzaͤhlig vielerley Parallelogram-
men, und die Bewegung nach der Diagonal als aus
zwoen Bewegungen nach den Seiten des Parallelo-
grammes zuſammengeſetzt anſehen. Und dieſe Auf-
loͤſung einer Bewegung in zwo andere gebraucht man,
wenn der Stoß zweener in ſchiefer Richtung gegen
einander laufender Koͤrper zu beſtimmen iſt. Wir
halten uns aber hier damit nicht auf, weil wir das
bisher Geſagte nur als Beyſpiele anfuͤhren, welche
den Satz: daß Zeit und Raum in den Dingen nichts
aͤndert, ungeachtet die Aenderung in den Dingen
ſelbſt dem Raume und der Zeit nach vorgeht, einiger-
maßen erlaͤutern, und deſſen Brauchbarkeit zeigen.

§. 422.

Die Verhaͤltnißbegriffe, welche in Abſicht auf Zeit
und Raum ſtatt haben, kommen auf eine tranſcen-

dente
Lamb. Archit. II. B. D
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[49/0057] Verhaͤltniſſe. Umſtand ſelbſt koͤmmt zuweilen vor, und beſonders bieten uns die Schiffe Beyſpiele an. Man ſetze, daß auf einem Schiffe, waͤhrend dem es fortſegelt, eine Flintenkugel abgeſchoſſen werde, ſo hat die Kugel, ſo lange ſie noch in dem Flintenlaufe von dem Pulver fortgetrieben wird, eine ſolche gedoppelte Bewegung, wovon die eine nach der Laͤnge des Laufes, die andere nach der Linie geht, in welcher ſich die Flinte zugleich mit dem Schiffe bewegt. Stellet man ſich nun die Geſchwindigkeit einer jeden von dieſen beyden Bewe- gungen als Seiten eines Parallelogrammes von glei- cher Lage vor, ſo wird die Kugel, ſowohl waͤhrend dem ſie noch in dem Laufe iſt, als nach dem ſie heraus iſt, ſich nach der Diagonal dieſes Parallelogrammes bewegen, und in der Luft folglich ſchlechthin nur die Bewegung fortſetzen, die ſie bereits in dem Flinten- laufe hatte. Hinwiederum kann man jede Linie als eine Diagonal von unzaͤhlig vielerley Parallelogram- men, und die Bewegung nach der Diagonal als aus zwoen Bewegungen nach den Seiten des Parallelo- grammes zuſammengeſetzt anſehen. Und dieſe Auf- loͤſung einer Bewegung in zwo andere gebraucht man, wenn der Stoß zweener in ſchiefer Richtung gegen einander laufender Koͤrper zu beſtimmen iſt. Wir halten uns aber hier damit nicht auf, weil wir das bisher Geſagte nur als Beyſpiele anfuͤhren, welche den Satz: daß Zeit und Raum in den Dingen nichts aͤndert, ungeachtet die Aenderung in den Dingen ſelbſt dem Raume und der Zeit nach vorgeht, einiger- maßen erlaͤutern, und deſſen Brauchbarkeit zeigen. §. 422. Die Verhaͤltnißbegriffe, welche in Abſicht auf Zeit und Raum ſtatt haben, kommen auf eine tranſcen- dente Lamb. Archit. II. B. D

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/57>, abgerufen am 28.03.2024.