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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
Fünfter Brief.

Ihr Weltgebäude, mein Herr, ist mir viel zu an-
genehm, als daß mir Einwürfe dawider so
leicht einfallen sollten, und wenn mir je der-

gleichen in Sinne kämen, so würde ich sie Ihnen alle-
mal lieber als Fragen vorlegen, die Ihnen zu noch
mehrerer Aufklärung desselben dienen könnten. Aber
dafür bin ich nicht besorgt. Sie müssen allerdings
noch weiter hinaus gedacht haben, als Sie es noch sa-
gen wollten, als Sie mir die Schriften zu lesen gaben,
die darüber herausgekommen sind. Und endlich recht
betrachtet, was sollte ich Ihnen einwenden? Wieder
Ihre Hauptabsicht? Dieses würde mir auch in dem
ungereimtesten Traume nicht einfallen. Sie geht ja
dahin, daß Sie im ganzen Weltbaue eben die Ord-
nung, Harmonie, Mannigfaltigkeit und Abwechslung,
Zusammenhang, Vollkommenheit, Schönheit, Mittel
und Absichten finden wollen, die wir auf der der Erde
auch in den kleinsten Theilen bewundern. Sie suchen
die Ausnahmen unendlich klein zu machen, und noch
gar in Zweifel zu ziehen, ob es Ausnahmen sind, oder
ob sie nicht vielmehr als Mittel angesehen werden müs-
sen, dadurch die Abwechslung mannigfaltiger und die
Ordnung in dem Laufe der Weltkörper vollkommener
und dauerhafter wird. Sie verbannen alles, was ei-
nem blinden Ungefehr nahe käme, und das, was wir
sonst, ohne daran zu denken, ein Glück nennen, machen
Sie zu einer Folge von der Einrichtung der Welt, und

zu
Coſmologiſche Briefe
Fuͤnfter Brief.

Ihr Weltgebaͤude, mein Herr, iſt mir viel zu an-
genehm, als daß mir Einwuͤrfe dawider ſo
leicht einfallen ſollten, und wenn mir je der-

gleichen in Sinne kaͤmen, ſo wuͤrde ich ſie Ihnen alle-
mal lieber als Fragen vorlegen, die Ihnen zu noch
mehrerer Aufklaͤrung deſſelben dienen koͤnnten. Aber
dafuͤr bin ich nicht beſorgt. Sie muͤſſen allerdings
noch weiter hinaus gedacht haben, als Sie es noch ſa-
gen wollten, als Sie mir die Schriften zu leſen gaben,
die daruͤber herausgekommen ſind. Und endlich recht
betrachtet, was ſollte ich Ihnen einwenden? Wieder
Ihre Hauptabſicht? Dieſes wuͤrde mir auch in dem
ungereimteſten Traume nicht einfallen. Sie geht ja
dahin, daß Sie im ganzen Weltbaue eben die Ord-
nung, Harmonie, Mannigfaltigkeit und Abwechslung,
Zuſammenhang, Vollkommenheit, Schoͤnheit, Mittel
und Abſichten finden wollen, die wir auf der der Erde
auch in den kleinſten Theilen bewundern. Sie ſuchen
die Ausnahmen unendlich klein zu machen, und noch
gar in Zweifel zu ziehen, ob es Ausnahmen ſind, oder
ob ſie nicht vielmehr als Mittel angeſehen werden muͤſ-
ſen, dadurch die Abwechslung mannigfaltiger und die
Ordnung in dem Laufe der Weltkoͤrper vollkommener
und dauerhafter wird. Sie verbannen alles, was ei-
nem blinden Ungefehr nahe kaͤme, und das, was wir
ſonſt, ohne daran zu denken, ein Gluͤck nennen, machen
Sie zu einer Folge von der Einrichtung der Welt, und

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[46/0079] Coſmologiſche Briefe Fuͤnfter Brief. Ihr Weltgebaͤude, mein Herr, iſt mir viel zu an- genehm, als daß mir Einwuͤrfe dawider ſo leicht einfallen ſollten, und wenn mir je der- gleichen in Sinne kaͤmen, ſo wuͤrde ich ſie Ihnen alle- mal lieber als Fragen vorlegen, die Ihnen zu noch mehrerer Aufklaͤrung deſſelben dienen koͤnnten. Aber dafuͤr bin ich nicht beſorgt. Sie muͤſſen allerdings noch weiter hinaus gedacht haben, als Sie es noch ſa- gen wollten, als Sie mir die Schriften zu leſen gaben, die daruͤber herausgekommen ſind. Und endlich recht betrachtet, was ſollte ich Ihnen einwenden? Wieder Ihre Hauptabſicht? Dieſes wuͤrde mir auch in dem ungereimteſten Traume nicht einfallen. Sie geht ja dahin, daß Sie im ganzen Weltbaue eben die Ord- nung, Harmonie, Mannigfaltigkeit und Abwechslung, Zuſammenhang, Vollkommenheit, Schoͤnheit, Mittel und Abſichten finden wollen, die wir auf der der Erde auch in den kleinſten Theilen bewundern. Sie ſuchen die Ausnahmen unendlich klein zu machen, und noch gar in Zweifel zu ziehen, ob es Ausnahmen ſind, oder ob ſie nicht vielmehr als Mittel angeſehen werden muͤſ- ſen, dadurch die Abwechslung mannigfaltiger und die Ordnung in dem Laufe der Weltkoͤrper vollkommener und dauerhafter wird. Sie verbannen alles, was ei- nem blinden Ungefehr nahe kaͤme, und das, was wir ſonſt, ohne daran zu denken, ein Gluͤck nennen, machen Sie zu einer Folge von der Einrichtung der Welt, und zu

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/79>, abgerufen am 28.03.2024.