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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von den Urtheilen und Fragen.

weil es hier gleich viel ist, ob man mit A oder B an-
fange. Uebrigens kömmt der Fall, den wir hier be-
trachtet haben, nicht oft vor, weil uns das Verhält-
niß der Ausdehnung jeder Begriffe noch vollends un-
bekannt ist. Wir führen dieses demnach nur als ein
Beyspiel an, daß man diese Verhältnisse allerdings
gebrauchen könnte.

§. 194.

Man sieht aus allem diesem, daß die hier ange-
gebene Zeichnungsart eben so weit geht, als unser
Erkenntniß bestimmt ist, und uns überdies noch au-
genscheinlich zeigt, wie und wo sie anfängt unbestimmt
zu werden, und wo wir die fernere Bestimmung aus
der Natur der Sache selbst noch erst herleiten müs-
sen. Ferner sehen wir gleichfalls daraus, daß, wenn
man diese Bestimmungen vollständig machen könnte,
unser Erkenntniß figürlich und in eine Art von Geo-
metrie und Rechenkunst verwandelt werden könnte.
Denn die Linien, die wir hier unter und neben ein-
ander setzen, und noch großentheils unbestimmt lassen,
sind nur noch die ersten Anfänge dazu. Wir merken
hier nur gelegentlich an, daß auch der Ausdruck:
ein Begriff sey in dem andern enthalten, eben-
falls zu einer figürlichen Vorstellung der Begriffe den
Grund lege; dagegen aber ein viel bestimmteres Er-
kenntniß fordere, wenn sie wie die bisher angezeigte
gebraucht werden solle. Die Ausdrücke abstrahiren,
entwickeln, auflösen, zusammensetzen, verbin-
den
etc. gehören ebenfalls dahin. Uebrigens ist für
sich klar, daß durch solche Zeichnungen weiter noch
nichts, als nur die allgemeinsten Verhältnisse der
Begriffe, ihre allgemeinen Verbindungen und Zu-
sammenhang vor Augen gemalt wird. Es ist aber
dieses eben nicht so unerheblich, weil, wie wir bereits

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von den Urtheilen und Fragen.

weil es hier gleich viel iſt, ob man mit A oder B an-
fange. Uebrigens koͤmmt der Fall, den wir hier be-
trachtet haben, nicht oft vor, weil uns das Verhaͤlt-
niß der Ausdehnung jeder Begriffe noch vollends un-
bekannt iſt. Wir fuͤhren dieſes demnach nur als ein
Beyſpiel an, daß man dieſe Verhaͤltniſſe allerdings
gebrauchen koͤnnte.

§. 194.

Man ſieht aus allem dieſem, daß die hier ange-
gebene Zeichnungsart eben ſo weit geht, als unſer
Erkenntniß beſtimmt iſt, und uns uͤberdies noch au-
genſcheinlich zeigt, wie und wo ſie anfaͤngt unbeſtimmt
zu werden, und wo wir die fernere Beſtimmung aus
der Natur der Sache ſelbſt noch erſt herleiten muͤſ-
ſen. Ferner ſehen wir gleichfalls daraus, daß, wenn
man dieſe Beſtimmungen vollſtaͤndig machen koͤnnte,
unſer Erkenntniß figuͤrlich und in eine Art von Geo-
metrie und Rechenkunſt verwandelt werden koͤnnte.
Denn die Linien, die wir hier unter und neben ein-
ander ſetzen, und noch großentheils unbeſtimmt laſſen,
ſind nur noch die erſten Anfaͤnge dazu. Wir merken
hier nur gelegentlich an, daß auch der Ausdruck:
ein Begriff ſey in dem andern enthalten, eben-
falls zu einer figuͤrlichen Vorſtellung der Begriffe den
Grund lege; dagegen aber ein viel beſtimmteres Er-
kenntniß fordere, wenn ſie wie die bisher angezeigte
gebraucht werden ſolle. Die Ausdruͤcke abſtrahiren,
entwickeln, aufloͤſen, zuſammenſetzen, verbin-
den
ꝛc. gehoͤren ebenfalls dahin. Uebrigens iſt fuͤr
ſich klar, daß durch ſolche Zeichnungen weiter noch
nichts, als nur die allgemeinſten Verhaͤltniſſe der
Begriffe, ihre allgemeinen Verbindungen und Zu-
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dieſes eben nicht ſo unerheblich, weil, wie wir bereits

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[119/0141] von den Urtheilen und Fragen. weil es hier gleich viel iſt, ob man mit A oder B an- fange. Uebrigens koͤmmt der Fall, den wir hier be- trachtet haben, nicht oft vor, weil uns das Verhaͤlt- niß der Ausdehnung jeder Begriffe noch vollends un- bekannt iſt. Wir fuͤhren dieſes demnach nur als ein Beyſpiel an, daß man dieſe Verhaͤltniſſe allerdings gebrauchen koͤnnte. §. 194. Man ſieht aus allem dieſem, daß die hier ange- gebene Zeichnungsart eben ſo weit geht, als unſer Erkenntniß beſtimmt iſt, und uns uͤberdies noch au- genſcheinlich zeigt, wie und wo ſie anfaͤngt unbeſtimmt zu werden, und wo wir die fernere Beſtimmung aus der Natur der Sache ſelbſt noch erſt herleiten muͤſ- ſen. Ferner ſehen wir gleichfalls daraus, daß, wenn man dieſe Beſtimmungen vollſtaͤndig machen koͤnnte, unſer Erkenntniß figuͤrlich und in eine Art von Geo- metrie und Rechenkunſt verwandelt werden koͤnnte. Denn die Linien, die wir hier unter und neben ein- ander ſetzen, und noch großentheils unbeſtimmt laſſen, ſind nur noch die erſten Anfaͤnge dazu. Wir merken hier nur gelegentlich an, daß auch der Ausdruck: ein Begriff ſey in dem andern enthalten, eben- falls zu einer figuͤrlichen Vorſtellung der Begriffe den Grund lege; dagegen aber ein viel beſtimmteres Er- kenntniß fordere, wenn ſie wie die bisher angezeigte gebraucht werden ſolle. Die Ausdruͤcke abſtrahiren, entwickeln, aufloͤſen, zuſammenſetzen, verbin- den ꝛc. gehoͤren ebenfalls dahin. Uebrigens iſt fuͤr ſich klar, daß durch ſolche Zeichnungen weiter noch nichts, als nur die allgemeinſten Verhaͤltniſſe der Begriffe, ihre allgemeinen Verbindungen und Zu- ſammenhang vor Augen gemalt wird. Es iſt aber dieſes eben nicht ſo unerheblich, weil, wie wir bereits in H 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 119. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/141>, abgerufen am 29.03.2024.