Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Beweisen.
wandelt ist. Dieses aber muß jedesmal aus der
Sache selbst und ihren Umständen und Bestimmun-
gen gefunden werden, wie aus den vorhin angeführten
Beyspielen zu sehen.

§. 421.

Da die identischen Sätze, die man in dieser Me-
thode gebraucht, Prädicate haben müssen, die sehr reiche
Begriffe sind: so hat man in den Wissenschaften vor-
nehmlich auf solche zu sehen, um sie im Vorrath zu
haben. So viel man nämlich von dem Begriffe B
eigene Merkmaale oder eigene Verhältnißbegriffe A
findet; so viel Sätze von der Form: A ist B, wird
man auch bekommen. Das vorzügliche solcher Sätze
kömmt auf folgende Stücke an:

1. Je reicher der Begriff B ist, der zum Prädicat
des umgekehrten Satzes werden soll, desto
brauchbarer wird er, weil, so bald man findet,
daß er einer Sache C zukömmt, dadurch mit
einem male eine Menge von Eigenschaften
gefunden werden.
2. Je kenntlicher der Begriff A ist, der zum Sub-
ject des umgekehrten Satzes werden soll, je
weniger Merkmaale er enthält, und je leichter
er sich in den Dingen C finden läßt, desto
tauglicher ist er. Denn dadurch erhält man,
daß der Schlußsatz: C ist B, bald kann ge-
zogen werden, weil A das Criterium von B
ist. (§. 172.)
§. 422.

Das schon etliche mal aus dem §. 73. angeführte
Beyspiel mag diesen beyden Sätzen zur Erläuterung
dienen. Denn um zu finden, daß die Erde eine Kugel
sey, und folglich die ganze mathematische Geographie
heraus zu bringen, wäre es kaum möglich, einen ein-

fachern
S 2

von den Beweiſen.
wandelt iſt. Dieſes aber muß jedesmal aus der
Sache ſelbſt und ihren Umſtaͤnden und Beſtimmun-
gen gefunden werden, wie aus den vorhin angefuͤhrten
Beyſpielen zu ſehen.

§. 421.

Da die identiſchen Saͤtze, die man in dieſer Me-
thode gebraucht, Praͤdicate haben muͤſſen, die ſehr reiche
Begriffe ſind: ſo hat man in den Wiſſenſchaften vor-
nehmlich auf ſolche zu ſehen, um ſie im Vorrath zu
haben. So viel man naͤmlich von dem Begriffe B
eigene Merkmaale oder eigene Verhaͤltnißbegriffe A
findet; ſo viel Saͤtze von der Form: A iſt B, wird
man auch bekommen. Das vorzuͤgliche ſolcher Saͤtze
koͤmmt auf folgende Stuͤcke an:

1. Je reicher der Begriff B iſt, der zum Praͤdicat
des umgekehrten Satzes werden ſoll, deſto
brauchbarer wird er, weil, ſo bald man findet,
daß er einer Sache C zukoͤmmt, dadurch mit
einem male eine Menge von Eigenſchaften
gefunden werden.
2. Je kenntlicher der Begriff A iſt, der zum Sub-
ject des umgekehrten Satzes werden ſoll, je
weniger Merkmaale er enthaͤlt, und je leichter
er ſich in den Dingen C finden laͤßt, deſto
tauglicher iſt er. Denn dadurch erhaͤlt man,
daß der Schlußſatz: C iſt B, bald kann ge-
zogen werden, weil A das Criterium von B
iſt. (§. 172.)
§. 422.

Das ſchon etliche mal aus dem §. 73. angefuͤhrte
Beyſpiel mag dieſen beyden Saͤtzen zur Erlaͤuterung
dienen. Denn um zu finden, daß die Erde eine Kugel
ſey, und folglich die ganze mathematiſche Geographie
heraus zu bringen, waͤre es kaum moͤglich, einen ein-

fachern
S 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0297" n="275"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Bewei&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
wandelt i&#x017F;t. Die&#x017F;es aber muß jedesmal aus der<lb/>
Sache &#x017F;elb&#x017F;t und ihren Um&#x017F;ta&#x0364;nden und Be&#x017F;timmun-<lb/>
gen gefunden werden, wie aus den vorhin angefu&#x0364;hrten<lb/>
Bey&#x017F;pielen zu &#x017F;ehen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 421.</head><lb/>
            <p>Da die identi&#x017F;chen Sa&#x0364;tze, die man in die&#x017F;er Me-<lb/>
thode gebraucht, Pra&#x0364;dicate haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, die &#x017F;ehr reiche<lb/>
Begriffe &#x017F;ind: &#x017F;o hat man in den Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften vor-<lb/>
nehmlich auf &#x017F;olche zu &#x017F;ehen, um &#x017F;ie im Vorrath zu<lb/>
haben. So viel man na&#x0364;mlich von dem Begriffe <hi rendition="#aq">B</hi><lb/>
eigene Merkmaale oder eigene Verha&#x0364;ltnißbegriffe <hi rendition="#aq">A</hi><lb/>
findet; &#x017F;o viel Sa&#x0364;tze von der Form: <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B,</hi> wird<lb/>
man auch bekommen. Das vorzu&#x0364;gliche &#x017F;olcher Sa&#x0364;tze<lb/>
ko&#x0364;mmt auf folgende Stu&#x0364;cke an:</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Je reicher der Begriff <hi rendition="#aq">B</hi> i&#x017F;t, der zum Pra&#x0364;dicat<lb/>
des umgekehrten Satzes werden &#x017F;oll, de&#x017F;to<lb/>
brauchbarer wird er, weil, &#x017F;o bald man findet,<lb/>
daß er einer Sache <hi rendition="#aq">C</hi> zuko&#x0364;mmt, dadurch mit<lb/>
einem male eine Menge von Eigen&#x017F;chaften<lb/>
gefunden werden.</item><lb/>
              <item>2. Je kenntlicher der Begriff <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t, der zum Sub-<lb/>
ject des umgekehrten Satzes werden &#x017F;oll, je<lb/>
weniger Merkmaale er entha&#x0364;lt, und je leichter<lb/>
er &#x017F;ich in den Dingen <hi rendition="#aq">C</hi> finden la&#x0364;ßt, de&#x017F;to<lb/>
tauglicher i&#x017F;t er. Denn dadurch erha&#x0364;lt man,<lb/>
daß der Schluß&#x017F;atz: <hi rendition="#aq">C</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B,</hi> bald kann ge-<lb/>
zogen werden, weil <hi rendition="#aq">A</hi> das <hi rendition="#aq">Criterium</hi> von <hi rendition="#aq">B</hi><lb/>
i&#x017F;t. (§. 172.)</item>
            </list>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 422.</head><lb/>
            <p>Das &#x017F;chon etliche mal aus dem §. 73. angefu&#x0364;hrte<lb/>
Bey&#x017F;piel mag die&#x017F;en beyden Sa&#x0364;tzen zur Erla&#x0364;uterung<lb/>
dienen. Denn um zu finden, daß die Erde eine Kugel<lb/>
&#x017F;ey, und folglich die ganze mathemati&#x017F;che Geographie<lb/>
heraus zu bringen, wa&#x0364;re es kaum mo&#x0364;glich, einen ein-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">S 2</fw><fw place="bottom" type="catch">fachern</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[275/0297] von den Beweiſen. wandelt iſt. Dieſes aber muß jedesmal aus der Sache ſelbſt und ihren Umſtaͤnden und Beſtimmun- gen gefunden werden, wie aus den vorhin angefuͤhrten Beyſpielen zu ſehen. §. 421. Da die identiſchen Saͤtze, die man in dieſer Me- thode gebraucht, Praͤdicate haben muͤſſen, die ſehr reiche Begriffe ſind: ſo hat man in den Wiſſenſchaften vor- nehmlich auf ſolche zu ſehen, um ſie im Vorrath zu haben. So viel man naͤmlich von dem Begriffe B eigene Merkmaale oder eigene Verhaͤltnißbegriffe A findet; ſo viel Saͤtze von der Form: A iſt B, wird man auch bekommen. Das vorzuͤgliche ſolcher Saͤtze koͤmmt auf folgende Stuͤcke an: 1. Je reicher der Begriff B iſt, der zum Praͤdicat des umgekehrten Satzes werden ſoll, deſto brauchbarer wird er, weil, ſo bald man findet, daß er einer Sache C zukoͤmmt, dadurch mit einem male eine Menge von Eigenſchaften gefunden werden. 2. Je kenntlicher der Begriff A iſt, der zum Sub- ject des umgekehrten Satzes werden ſoll, je weniger Merkmaale er enthaͤlt, und je leichter er ſich in den Dingen C finden laͤßt, deſto tauglicher iſt er. Denn dadurch erhaͤlt man, daß der Schlußſatz: C iſt B, bald kann ge- zogen werden, weil A das Criterium von B iſt. (§. 172.) §. 422. Das ſchon etliche mal aus dem §. 73. angefuͤhrte Beyſpiel mag dieſen beyden Saͤtzen zur Erlaͤuterung dienen. Denn um zu finden, daß die Erde eine Kugel ſey, und folglich die ganze mathematiſche Geographie heraus zu bringen, waͤre es kaum moͤglich, einen ein- fachern S 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/297
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/297>, abgerufen am 25.04.2024.