Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von der wissenschaftlichen Erkenntniß.
menten der Geometrie findet sich eine gute Menge
von Sätzen, die eigentlich nur da sind, um die
Gränzen der Möglichkeit der Figuren vestzusetzen,
die in den Definitionen noch ganz unbestimmt
blieb.

§. 696.

Das bishergesagte (§. 692 seqq.) betrifft Bey-
spiele, die an sich schon auf ihre einfachen Grund-
begriffe gebracht sind, (§. 658. 662.) Was aber in
den meisten Fällen die Schwierigkeit größer macht,
sind die vorhin (§. 686.) angeführten zwo Bedin-
gungen. Denn die einfachen Begriffe, die die
Grundlage zu Lehrbegriffen seyn sollen, sind uns
noch nicht so durchaus bekannt, und in Ansehung
ihrer Benennung müssen wir uns fast durchaus nach
dem eingeführten Gebrauch zu reden richten, und
die gewöhnliche Bedeutung der Wörter annehmen.
(§. 648. 103. 34.) Jndessen ist letzteres nur in
so fern nothwendig, als wir andern verständlich
werden, und sie nicht in die Nothwendigkeit setzen
wollen, für unsre Ausdrücke ein besondres Wör-
terbuch zu machen. Und auch dieses wird nicht
immer ganz vermieden. Die Markscheider haben
bey ihrer Geometrie andre Namen, als die eigent-
lich geometrischen. Euclid, die Cossisten, und
die heutigen Analysten sind gleichfalls in den
Worten unterschieden, und wenn man die Regel
von der Auflösung einer Gleichung vom dritten
Grad bey dem Cardan liest, der sie zuerst bekannt
gemacht hat, so muß man entweder die Sprache
der damaligen Coßisten sonst verstehen, oder aus
Betrachtung der Sache selbst ausmachen, was

Car-

von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
menten der Geometrie findet ſich eine gute Menge
von Saͤtzen, die eigentlich nur da ſind, um die
Graͤnzen der Moͤglichkeit der Figuren veſtzuſetzen,
die in den Definitionen noch ganz unbeſtimmt
blieb.

§. 696.

Das bishergeſagte (§. 692 ſeqq.) betrifft Bey-
ſpiele, die an ſich ſchon auf ihre einfachen Grund-
begriffe gebracht ſind, (§. 658. 662.) Was aber in
den meiſten Faͤllen die Schwierigkeit groͤßer macht,
ſind die vorhin (§. 686.) angefuͤhrten zwo Bedin-
gungen. Denn die einfachen Begriffe, die die
Grundlage zu Lehrbegriffen ſeyn ſollen, ſind uns
noch nicht ſo durchaus bekannt, und in Anſehung
ihrer Benennung muͤſſen wir uns faſt durchaus nach
dem eingefuͤhrten Gebrauch zu reden richten, und
die gewoͤhnliche Bedeutung der Woͤrter annehmen.
(§. 648. 103. 34.) Jndeſſen iſt letzteres nur in
ſo fern nothwendig, als wir andern verſtaͤndlich
werden, und ſie nicht in die Nothwendigkeit ſetzen
wollen, fuͤr unſre Ausdruͤcke ein beſondres Woͤr-
terbuch zu machen. Und auch dieſes wird nicht
immer ganz vermieden. Die Markſcheider haben
bey ihrer Geometrie andre Namen, als die eigent-
lich geometriſchen. Euclid, die Coſſiſten, und
die heutigen Analyſten ſind gleichfalls in den
Worten unterſchieden, und wenn man die Regel
von der Aufloͤſung einer Gleichung vom dritten
Grad bey dem Cardan lieſt, der ſie zuerſt bekannt
gemacht hat, ſo muß man entweder die Sprache
der damaligen Coßiſten ſonſt verſtehen, oder aus
Betrachtung der Sache ſelbſt ausmachen, was

Car-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0467" n="445"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von der wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaftlichen Erkenntniß.</hi></fw><lb/>
menten der Geometrie findet &#x017F;ich eine gute Menge<lb/>
von Sa&#x0364;tzen, die eigentlich nur da &#x017F;ind, um die<lb/>
Gra&#x0364;nzen der Mo&#x0364;glichkeit der Figuren ve&#x017F;tzu&#x017F;etzen,<lb/>
die in den Definitionen noch ganz unbe&#x017F;timmt<lb/>
blieb.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 696.</head><lb/>
            <p>Das bisherge&#x017F;agte (§. 692 &#x017F;eqq.) betrifft Bey-<lb/>
&#x017F;piele, die an &#x017F;ich &#x017F;chon auf ihre einfachen Grund-<lb/>
begriffe gebracht &#x017F;ind, (§. 658. 662.) Was aber in<lb/>
den mei&#x017F;ten Fa&#x0364;llen die Schwierigkeit gro&#x0364;ßer macht,<lb/>
&#x017F;ind die vorhin (§. 686.) angefu&#x0364;hrten zwo Bedin-<lb/>
gungen. Denn die einfachen Begriffe, die die<lb/>
Grundlage zu Lehrbegriffen &#x017F;eyn &#x017F;ollen, &#x017F;ind uns<lb/>
noch nicht &#x017F;o durchaus bekannt, und in An&#x017F;ehung<lb/>
ihrer Benennung mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en wir uns fa&#x017F;t durchaus nach<lb/>
dem eingefu&#x0364;hrten Gebrauch zu reden richten, und<lb/>
die gewo&#x0364;hnliche Bedeutung der Wo&#x0364;rter annehmen.<lb/>
(§. 648. 103. 34.) Jnde&#x017F;&#x017F;en i&#x017F;t letzteres nur in<lb/>
&#x017F;o fern nothwendig, als wir andern ver&#x017F;ta&#x0364;ndlich<lb/>
werden, und &#x017F;ie nicht in die Nothwendigkeit &#x017F;etzen<lb/>
wollen, fu&#x0364;r un&#x017F;re Ausdru&#x0364;cke ein be&#x017F;ondres Wo&#x0364;r-<lb/>
terbuch zu machen. Und auch die&#x017F;es wird nicht<lb/>
immer ganz vermieden. Die Mark&#x017F;cheider haben<lb/>
bey ihrer Geometrie andre Namen, als die eigent-<lb/>
lich geometri&#x017F;chen. <hi rendition="#fr">Euclid,</hi> die <hi rendition="#fr">Co&#x017F;&#x017F;i&#x017F;ten,</hi> und<lb/>
die <hi rendition="#fr">heutigen Analy&#x017F;ten</hi> &#x017F;ind gleichfalls in den<lb/>
Worten unter&#x017F;chieden, und wenn man die Regel<lb/>
von der Auflo&#x0364;&#x017F;ung einer Gleichung vom dritten<lb/>
Grad bey dem <hi rendition="#fr">Cardan</hi> lie&#x017F;t, der &#x017F;ie zuer&#x017F;t bekannt<lb/>
gemacht hat, &#x017F;o muß man entweder die Sprache<lb/>
der damaligen Coßi&#x017F;ten &#x017F;on&#x017F;t ver&#x017F;tehen, oder aus<lb/>
Betrachtung der Sache &#x017F;elb&#x017F;t ausmachen, was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Car-</hi></fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[445/0467] von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß. menten der Geometrie findet ſich eine gute Menge von Saͤtzen, die eigentlich nur da ſind, um die Graͤnzen der Moͤglichkeit der Figuren veſtzuſetzen, die in den Definitionen noch ganz unbeſtimmt blieb. §. 696. Das bishergeſagte (§. 692 ſeqq.) betrifft Bey- ſpiele, die an ſich ſchon auf ihre einfachen Grund- begriffe gebracht ſind, (§. 658. 662.) Was aber in den meiſten Faͤllen die Schwierigkeit groͤßer macht, ſind die vorhin (§. 686.) angefuͤhrten zwo Bedin- gungen. Denn die einfachen Begriffe, die die Grundlage zu Lehrbegriffen ſeyn ſollen, ſind uns noch nicht ſo durchaus bekannt, und in Anſehung ihrer Benennung muͤſſen wir uns faſt durchaus nach dem eingefuͤhrten Gebrauch zu reden richten, und die gewoͤhnliche Bedeutung der Woͤrter annehmen. (§. 648. 103. 34.) Jndeſſen iſt letzteres nur in ſo fern nothwendig, als wir andern verſtaͤndlich werden, und ſie nicht in die Nothwendigkeit ſetzen wollen, fuͤr unſre Ausdruͤcke ein beſondres Woͤr- terbuch zu machen. Und auch dieſes wird nicht immer ganz vermieden. Die Markſcheider haben bey ihrer Geometrie andre Namen, als die eigent- lich geometriſchen. Euclid, die Coſſiſten, und die heutigen Analyſten ſind gleichfalls in den Worten unterſchieden, und wenn man die Regel von der Aufloͤſung einer Gleichung vom dritten Grad bey dem Cardan lieſt, der ſie zuerſt bekannt gemacht hat, ſo muß man entweder die Sprache der damaligen Coßiſten ſonſt verſtehen, oder aus Betrachtung der Sache ſelbſt ausmachen, was Car-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/467
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 445. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/467>, abgerufen am 29.03.2024.