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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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I. Hauptstück,
dem Umfange, Richtigkeit und genauen Bestimmung
eines allgemeinen Begriffes versichern, und denselben
deutlich, zureichend und vollständig machen kann. Wir
haben uns länger dabey aufgehalten, weil die Sache
verdient mit allen ihren Schwierigkeiten und Hülfs-
mitteln deutlich ins Licht gesetzt zu werden, und über-
haupt die ganze Richtigkeit der allgemeinen Erkennt-
niß davon abhängt. Wir haben kein besonder Bey-
spiel angeführt. Wer sich aber darinn üben will,
kann es z. E. mit den Begriffen, Gesetz, Kraft,
Transcendent, Verhältniß, Vermögen
etc. versu-
chen, um ihren allgemeinsten Umfang auf eine solche
Art zu bestimmen, daß er den oben gegebenen Regeln
durchaus Genügen leiste. Er wird in Ansehung des
Begriffes Gesetz, die Civilrechte, die Staatsrechte,
das Recht der Natur etc. desgleichen auch die Physik,
Mathesin, Pnevmatologie, Cosmologie etc. zureichend
inne haben müssen, um den Begriff nicht zu special
heraus zu bringen, sondern ihn so allgemein zu haben,
daß er zum Grund der allgemeinsten oder metaphysi-
schen Nomologie oder Gesetzlehre dienen könne.

§. 50.

Wir können noch anmerken, daß es eben nicht
allemal nöthig ist, den allgemeinsten Umfang eines
Begriffes oder Bedeutung eines Wortes zu bestimmen.
Es giebt solche, die in sehr verschiedenen Wissenschaf-
ten vorkommen, und da sie in jeder eine besondere
Bedeutung haben, so werden sie in jeder nicht weiter
ausgedehnt, als es darinn nöthig ist So z E. hat
das Wort Gesetz, Lex in dem römischen Rechte die
eingeschränkteste Bedeutung, weil es den Senatuscon-
sultis, Edictis, Plebiscitis
etc.
entgegen gesetzt wird,
und das ganze Volk, Populum romanum zum Stifter
haben mußte. Man hat es aber auf jede Gesetzgeber

aus-

I. Hauptſtuͤck,
dem Umfange, Richtigkeit und genauen Beſtimmung
eines allgemeinen Begriffes verſichern, und denſelben
deutlich, zureichend und vollſtaͤndig machen kann. Wir
haben uns laͤnger dabey aufgehalten, weil die Sache
verdient mit allen ihren Schwierigkeiten und Huͤlfs-
mitteln deutlich ins Licht geſetzt zu werden, und uͤber-
haupt die ganze Richtigkeit der allgemeinen Erkennt-
niß davon abhaͤngt. Wir haben kein beſonder Bey-
ſpiel angefuͤhrt. Wer ſich aber darinn uͤben will,
kann es z. E. mit den Begriffen, Geſetz, Kraft,
Tranſcendent, Verhaͤltniß, Vermoͤgen
ꝛc. verſu-
chen, um ihren allgemeinſten Umfang auf eine ſolche
Art zu beſtimmen, daß er den oben gegebenen Regeln
durchaus Genuͤgen leiſte. Er wird in Anſehung des
Begriffes Geſetz, die Civilrechte, die Staatsrechte,
das Recht der Natur ꝛc. desgleichen auch die Phyſik,
Matheſin, Pnevmatologie, Cosmologie ꝛc. zureichend
inne haben muͤſſen, um den Begriff nicht zu ſpecial
heraus zu bringen, ſondern ihn ſo allgemein zu haben,
daß er zum Grund der allgemeinſten oder metaphyſi-
ſchen Nomologie oder Geſetzlehre dienen koͤnne.

§. 50.

Wir koͤnnen noch anmerken, daß es eben nicht
allemal noͤthig iſt, den allgemeinſten Umfang eines
Begriffes oder Bedeutung eines Wortes zu beſtimmen.
Es giebt ſolche, die in ſehr verſchiedenen Wiſſenſchaf-
ten vorkommen, und da ſie in jeder eine beſondere
Bedeutung haben, ſo werden ſie in jeder nicht weiter
ausgedehnt, als es darinn noͤthig iſt So z E. hat
das Wort Geſetz, Lex in dem roͤmiſchen Rechte die
eingeſchraͤnkteſte Bedeutung, weil es den Senatuscon-
ſultis, Edictis, Plebiſcitis
etc.
entgegen geſetzt wird,
und das ganze Volk, Populum romanum zum Stifter
haben mußte. Man hat es aber auf jede Geſetzgeber

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[32/0054] I. Hauptſtuͤck, dem Umfange, Richtigkeit und genauen Beſtimmung eines allgemeinen Begriffes verſichern, und denſelben deutlich, zureichend und vollſtaͤndig machen kann. Wir haben uns laͤnger dabey aufgehalten, weil die Sache verdient mit allen ihren Schwierigkeiten und Huͤlfs- mitteln deutlich ins Licht geſetzt zu werden, und uͤber- haupt die ganze Richtigkeit der allgemeinen Erkennt- niß davon abhaͤngt. Wir haben kein beſonder Bey- ſpiel angefuͤhrt. Wer ſich aber darinn uͤben will, kann es z. E. mit den Begriffen, Geſetz, Kraft, Tranſcendent, Verhaͤltniß, Vermoͤgen ꝛc. verſu- chen, um ihren allgemeinſten Umfang auf eine ſolche Art zu beſtimmen, daß er den oben gegebenen Regeln durchaus Genuͤgen leiſte. Er wird in Anſehung des Begriffes Geſetz, die Civilrechte, die Staatsrechte, das Recht der Natur ꝛc. desgleichen auch die Phyſik, Matheſin, Pnevmatologie, Cosmologie ꝛc. zureichend inne haben muͤſſen, um den Begriff nicht zu ſpecial heraus zu bringen, ſondern ihn ſo allgemein zu haben, daß er zum Grund der allgemeinſten oder metaphyſi- ſchen Nomologie oder Geſetzlehre dienen koͤnne. §. 50. Wir koͤnnen noch anmerken, daß es eben nicht allemal noͤthig iſt, den allgemeinſten Umfang eines Begriffes oder Bedeutung eines Wortes zu beſtimmen. Es giebt ſolche, die in ſehr verſchiedenen Wiſſenſchaf- ten vorkommen, und da ſie in jeder eine beſondere Bedeutung haben, ſo werden ſie in jeder nicht weiter ausgedehnt, als es darinn noͤthig iſt So z E. hat das Wort Geſetz, Lex in dem roͤmiſchen Rechte die eingeſchraͤnkteſte Bedeutung, weil es den Senatuscon- ſultis, Edictis, Plebiſcitis etc. entgegen geſetzt wird, und das ganze Volk, Populum romanum zum Stifter haben mußte. Man hat es aber auf jede Geſetzgeber aus-

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/54>, abgerufen am 25.04.2024.