Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Beweisen.
auch kein Wunder, warum wir in der Naturlehre,
in Absicht auf die Gründe der Erfahrungen noch ziem-
lich weit zurück bleiben. Wir haben auch bereits
(§. 373.) angemerkt, daß identische Sätze in jeden
Wissenschaften eine besondere Klasse ausmachen, und
einen von allen andern Sätzen unabhängigen Zusam-
menhang unter sich selbst haben. Der erst erwiesene
Satz zeigt, daß sie im Erfinden einen besondern und
sehr allgemeinen Weg angeben, und zu dem Beweise
des größten Theils unserer allgemeinen Erkenntniß
unentbehrlich sind.

§. 408.

Wir wollen nun den ersten Schluß (§. 405.)

M ist B
A ist M
A ist B

wieder vornehmen, und die Anwendung des erst er-
wiesenen Satzes (§. 406.) auf die analytische Me-
thode (§. 404.) anzeigen. Man habe demnach den
Erfahrungssatz: A ist B, und es sey der Grund des-
selben aus demselben herzuleiten. Wir wollen ihn
anfangs nicht identisch setzen, um nicht zween identi-
sche Sätze auf einmal nothwendig zu machen.

§. 409.

Dieses vorausgesetzt, so kann man bey näherer
Betrachtung des Satzes: A ist B, entweder bey A
oder bey B anfangen, ohne deswegen den andern die-
ser Begriffe ganz beyseite zu setzen, weil man ihn
nachgehends zur Prüfung gebraucht. Die beyden
Fälle sind nun folgende:

I. Fängt man bey dem Prädicat B an, so kann
man erstlich überhaupt nachforschen, welchen
andern Subjecten M es zukomme, so hat
man Sätze von der Form: M ist B. Jst
nun

von den Beweiſen.
auch kein Wunder, warum wir in der Naturlehre,
in Abſicht auf die Gruͤnde der Erfahrungen noch ziem-
lich weit zuruͤck bleiben. Wir haben auch bereits
(§. 373.) angemerkt, daß identiſche Saͤtze in jeden
Wiſſenſchaften eine beſondere Klaſſe ausmachen, und
einen von allen andern Saͤtzen unabhaͤngigen Zuſam-
menhang unter ſich ſelbſt haben. Der erſt erwieſene
Satz zeigt, daß ſie im Erfinden einen beſondern und
ſehr allgemeinen Weg angeben, und zu dem Beweiſe
des groͤßten Theils unſerer allgemeinen Erkenntniß
unentbehrlich ſind.

§. 408.

Wir wollen nun den erſten Schluß (§. 405.)

M iſt B
A iſt M
A iſt B

wieder vornehmen, und die Anwendung des erſt er-
wieſenen Satzes (§. 406.) auf die analytiſche Me-
thode (§. 404.) anzeigen. Man habe demnach den
Erfahrungsſatz: A iſt B, und es ſey der Grund deſ-
ſelben aus demſelben herzuleiten. Wir wollen ihn
anfangs nicht identiſch ſetzen, um nicht zween identi-
ſche Saͤtze auf einmal nothwendig zu machen.

§. 409.

Dieſes vorausgeſetzt, ſo kann man bey naͤherer
Betrachtung des Satzes: A iſt B, entweder bey A
oder bey B anfangen, ohne deswegen den andern die-
ſer Begriffe ganz beyſeite zu ſetzen, weil man ihn
nachgehends zur Pruͤfung gebraucht. Die beyden
Faͤlle ſind nun folgende:

I. Faͤngt man bey dem Praͤdicat B an, ſo kann
man erſtlich uͤberhaupt nachforſchen, welchen
andern Subjecten M es zukomme, ſo hat
man Saͤtze von der Form: M iſt B. Jſt
nun
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0289" n="267"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Bewei&#x017F;en.</hi></fw><lb/>
auch kein Wunder, warum wir in der Naturlehre,<lb/>
in Ab&#x017F;icht auf die Gru&#x0364;nde der Erfahrungen noch ziem-<lb/>
lich weit zuru&#x0364;ck bleiben. Wir haben auch bereits<lb/>
(§. 373.) angemerkt, daß identi&#x017F;che Sa&#x0364;tze in jeden<lb/>
Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaften eine be&#x017F;ondere Kla&#x017F;&#x017F;e ausmachen, und<lb/>
einen von allen andern Sa&#x0364;tzen unabha&#x0364;ngigen Zu&#x017F;am-<lb/>
menhang unter &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t haben. Der er&#x017F;t erwie&#x017F;ene<lb/>
Satz zeigt, daß &#x017F;ie im Erfinden einen be&#x017F;ondern und<lb/>
&#x017F;ehr allgemeinen <hi rendition="#fr">Weg</hi> angeben, und zu dem Bewei&#x017F;e<lb/>
des gro&#x0364;ßten Theils un&#x017F;erer allgemeinen Erkenntniß<lb/>
unentbehrlich &#x017F;ind.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 408.</head><lb/>
            <p>Wir wollen nun den er&#x017F;ten Schluß (§. 405.)</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">M</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B</hi></item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">M</hi></item><lb/>
              <item><hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B</hi></item>
            </list><lb/>
            <p>wieder vornehmen, und die Anwendung des er&#x017F;t er-<lb/>
wie&#x017F;enen Satzes (§. 406.) auf die analyti&#x017F;che Me-<lb/>
thode (§. 404.) anzeigen. Man habe demnach den<lb/>
Erfahrungs&#x017F;atz: <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B,</hi> und es &#x017F;ey der Grund de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben aus dem&#x017F;elben herzuleiten. Wir wollen ihn<lb/>
anfangs nicht identi&#x017F;ch &#x017F;etzen, um nicht zween identi-<lb/>
&#x017F;che Sa&#x0364;tze auf einmal nothwendig zu machen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 409.</head><lb/>
            <p>Die&#x017F;es vorausge&#x017F;etzt, &#x017F;o kann man bey na&#x0364;herer<lb/>
Betrachtung des Satzes: <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B,</hi> entweder bey <hi rendition="#aq">A</hi><lb/>
oder bey <hi rendition="#aq">B</hi> anfangen, ohne deswegen den andern die-<lb/>
&#x017F;er Begriffe ganz bey&#x017F;eite zu &#x017F;etzen, weil man ihn<lb/>
nachgehends zur Pru&#x0364;fung gebraucht. Die beyden<lb/>
Fa&#x0364;lle &#x017F;ind nun folgende:</p><lb/>
            <list>
              <item><hi rendition="#aq">I.</hi> Fa&#x0364;ngt man bey dem Pra&#x0364;dicat <hi rendition="#aq">B</hi> an, &#x017F;o kann<lb/>
man er&#x017F;tlich u&#x0364;berhaupt nachfor&#x017F;chen, welchen<lb/>
andern Subjecten <hi rendition="#aq">M</hi> es zukomme, &#x017F;o hat<lb/>
man Sa&#x0364;tze von der Form: <hi rendition="#aq">M</hi> i&#x017F;t <hi rendition="#aq">B.</hi> J&#x017F;t<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nun</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0289] von den Beweiſen. auch kein Wunder, warum wir in der Naturlehre, in Abſicht auf die Gruͤnde der Erfahrungen noch ziem- lich weit zuruͤck bleiben. Wir haben auch bereits (§. 373.) angemerkt, daß identiſche Saͤtze in jeden Wiſſenſchaften eine beſondere Klaſſe ausmachen, und einen von allen andern Saͤtzen unabhaͤngigen Zuſam- menhang unter ſich ſelbſt haben. Der erſt erwieſene Satz zeigt, daß ſie im Erfinden einen beſondern und ſehr allgemeinen Weg angeben, und zu dem Beweiſe des groͤßten Theils unſerer allgemeinen Erkenntniß unentbehrlich ſind. §. 408. Wir wollen nun den erſten Schluß (§. 405.) M iſt B A iſt M A iſt B wieder vornehmen, und die Anwendung des erſt er- wieſenen Satzes (§. 406.) auf die analytiſche Me- thode (§. 404.) anzeigen. Man habe demnach den Erfahrungsſatz: A iſt B, und es ſey der Grund deſ- ſelben aus demſelben herzuleiten. Wir wollen ihn anfangs nicht identiſch ſetzen, um nicht zween identi- ſche Saͤtze auf einmal nothwendig zu machen. §. 409. Dieſes vorausgeſetzt, ſo kann man bey naͤherer Betrachtung des Satzes: A iſt B, entweder bey A oder bey B anfangen, ohne deswegen den andern die- ſer Begriffe ganz beyſeite zu ſetzen, weil man ihn nachgehends zur Pruͤfung gebraucht. Die beyden Faͤlle ſind nun folgende: I. Faͤngt man bey dem Praͤdicat B an, ſo kann man erſtlich uͤberhaupt nachforſchen, welchen andern Subjecten M es zukomme, ſo hat man Saͤtze von der Form: M iſt B. Jſt nun

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/289
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/289>, abgerufen am 29.03.2024.