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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von der wissenschaftlichen Erkenntniß.
gleich die Ordnung angezeigt, nach welcher man sol-
che Stücke in Zusammenhang bringen kann, damit
eines aus dem andern folge, und sich dadurch bestim-
men lasse. Auf diese Art wird die Erkenntniß eines
solchen Fragmentes wissenschaftlich, weil man nun
jeden Theil genauer kennt, und seine Verhältnisse zu
den übrigen deutlicher einsieht. Da ferner eine Haupt-
absicht der wissenschaftlichen Erkenntniß diese seyn
soll, daß man dadurch in Stand gesetzt werde, Er-
fahrungen überflüßig zu machen, oder gar auch solche
Sätze und Begriffe daraus herzuleiten, die man sonst
durch Versuche finden müßte, oder nicht einmal
gefunden werden könnten, (§. 604.) so haben wir
auch bereits schon angezeigt, was dieses auf sich hat,
und was dazu erfordert wird, (§. 612. seqq.) und
man kann ebenfalls hieher rechnen, was wir im ersten
Hauptstücke (§. 64 -- 78.) von Zusammensetzung und
Erfindung neuer Begriffe gesagt haben, wo wir ins
besondre die Absicht hatten, zu zeigen, wie sich sol-
che Begriffe finden lassen, ohne daß man bey den Sa-
chen selbst anfange, (§. 64.) und daher ohne darauf
zu sehen, ob diese Sachen schon existiren, oder erst
noch gemacht werden müßten. Dieses heißt nun im
eigentlichsten Verstande die Erfahrung in sofern über-
flüßig machen, daß, wenn man sie dennoch anstellen
will, sie nur zuv Probe dienen, (573.) oder wenn
es eine Sache ist, die man gebrauchen kann, dieses
Gebrauches halber vorgenommen werden. Wiefern
dieses auch in Absicht auf fremde Erfahrungen angeht,
haben wir im vorhergehenden Hauptstücke (§. 561.
seqq.) angezeigt.

§. 634.

Sofern sich nun aus dem, was man bereits weis,
Sätze, Eigenschaften, Verhältnisse, Begriffe etc.

finden

von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß.
gleich die Ordnung angezeigt, nach welcher man ſol-
che Stuͤcke in Zuſammenhang bringen kann, damit
eines aus dem andern folge, und ſich dadurch beſtim-
men laſſe. Auf dieſe Art wird die Erkenntniß eines
ſolchen Fragmentes wiſſenſchaftlich, weil man nun
jeden Theil genauer kennt, und ſeine Verhaͤltniſſe zu
den uͤbrigen deutlicher einſieht. Da ferner eine Haupt-
abſicht der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß dieſe ſeyn
ſoll, daß man dadurch in Stand geſetzt werde, Er-
fahrungen uͤberfluͤßig zu machen, oder gar auch ſolche
Saͤtze und Begriffe daraus herzuleiten, die man ſonſt
durch Verſuche finden muͤßte, oder nicht einmal
gefunden werden koͤnnten, (§. 604.) ſo haben wir
auch bereits ſchon angezeigt, was dieſes auf ſich hat,
und was dazu erfordert wird, (§. 612. ſeqq.) und
man kann ebenfalls hieher rechnen, was wir im erſten
Hauptſtuͤcke (§. 64 — 78.) von Zuſammenſetzung und
Erfindung neuer Begriffe geſagt haben, wo wir ins
beſondre die Abſicht hatten, zu zeigen, wie ſich ſol-
che Begriffe finden laſſen, ohne daß man bey den Sa-
chen ſelbſt anfange, (§. 64.) und daher ohne darauf
zu ſehen, ob dieſe Sachen ſchon exiſtiren, oder erſt
noch gemacht werden muͤßten. Dieſes heißt nun im
eigentlichſten Verſtande die Erfahrung in ſofern uͤber-
fluͤßig machen, daß, wenn man ſie dennoch anſtellen
will, ſie nur zuv Probe dienen, (573.) oder wenn
es eine Sache iſt, die man gebrauchen kann, dieſes
Gebrauches halber vorgenommen werden. Wiefern
dieſes auch in Abſicht auf fremde Erfahrungen angeht,
haben wir im vorhergehenden Hauptſtuͤcke (§. 561.
ſeqq.) angezeigt.

§. 634.

Sofern ſich nun aus dem, was man bereits weis,
Saͤtze, Eigenſchaften, Verhaͤltniſſe, Begriffe ꝛc.

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[411/0433] von der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß. gleich die Ordnung angezeigt, nach welcher man ſol- che Stuͤcke in Zuſammenhang bringen kann, damit eines aus dem andern folge, und ſich dadurch beſtim- men laſſe. Auf dieſe Art wird die Erkenntniß eines ſolchen Fragmentes wiſſenſchaftlich, weil man nun jeden Theil genauer kennt, und ſeine Verhaͤltniſſe zu den uͤbrigen deutlicher einſieht. Da ferner eine Haupt- abſicht der wiſſenſchaftlichen Erkenntniß dieſe ſeyn ſoll, daß man dadurch in Stand geſetzt werde, Er- fahrungen uͤberfluͤßig zu machen, oder gar auch ſolche Saͤtze und Begriffe daraus herzuleiten, die man ſonſt durch Verſuche finden muͤßte, oder nicht einmal gefunden werden koͤnnten, (§. 604.) ſo haben wir auch bereits ſchon angezeigt, was dieſes auf ſich hat, und was dazu erfordert wird, (§. 612. ſeqq.) und man kann ebenfalls hieher rechnen, was wir im erſten Hauptſtuͤcke (§. 64 — 78.) von Zuſammenſetzung und Erfindung neuer Begriffe geſagt haben, wo wir ins beſondre die Abſicht hatten, zu zeigen, wie ſich ſol- che Begriffe finden laſſen, ohne daß man bey den Sa- chen ſelbſt anfange, (§. 64.) und daher ohne darauf zu ſehen, ob dieſe Sachen ſchon exiſtiren, oder erſt noch gemacht werden muͤßten. Dieſes heißt nun im eigentlichſten Verſtande die Erfahrung in ſofern uͤber- fluͤßig machen, daß, wenn man ſie dennoch anſtellen will, ſie nur zuv Probe dienen, (573.) oder wenn es eine Sache iſt, die man gebrauchen kann, dieſes Gebrauches halber vorgenommen werden. Wiefern dieſes auch in Abſicht auf fremde Erfahrungen angeht, haben wir im vorhergehenden Hauptſtuͤcke (§. 561. ſeqq.) angezeigt. §. 634. Sofern ſich nun aus dem, was man bereits weis, Saͤtze, Eigenſchaften, Verhaͤltniſſe, Begriffe ꝛc. finden

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/433>, abgerufen am 29.03.2024.