Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Hauptstück,
wirkliche Arten seyn müssen. So würde man unge-
reimt die Triangel in solche eintheilen, die drey Sei-
ten haben, und in solche, die nicht drey Seiten
haben. Denn da jeder Triangel nothwendig drey
Seiten hat, und eben deswegen ein Triangel ist, so
hat diese Eintheilung gar nicht statt. Man kann da-
her nicht alle Sätze, da man sagt, A ist entweder B
oder nicht B, als Eintheilungen ansehen. Denn
eine Eintheilung fordert, daß beydes sey, oder seyn
könne. Nämlich einige A, und zwar nur einige müs-
sen wirklich B, die übrigen nicht B seyn.

§. 90.

Laßt uns nun das auf eine von vorbemeldten Ar-
ten eingetheilte oder bestimmte Merkmaal mit dem
Begriffe der Gattung vergleichen, um zu sehen, wie
ferne sich diese eben so eintheilen lasse. Jn dieser Ab-
sicht ist das Merkmaal entweder der Gattung eigen,
oder es gehört zu einer höhern Gattung, und in bey-
den Fällen ist es entweder ein inneres Merkmaal oder
ein Verhältnißbegriff. Wenn es der Gattung eigen
ist, so läßt sich diese eben so eintheilen. Denn da es
nach dieser Voraussetzung sonst nirgends vorkömmt,
so kömmt die Frage, was es in andern Fällen für
Bestimmungen haben würde, gar nicht vor. Daher
ist es auch keiner Bestimmungen fähig, deren nicht
auch der Begriff der Gattung fähig wäre. Jst hin-
gegen das Merkmaal dem Begriffe der Gattung nicht
eigen, so gehört es zu einer höhern Gattung, und
leidet daher auch mehrere Bestimmungen, nämlich
alle die, so es in den andern Gattungen hat, welche
unter diese höhere Gattung gehören. Jn diesen Fäl-
len muß man daher aus andern Gründen finden, wie
ferne die Bestimmungen einer höhern Gattung der
vorhabenden Gattung zukommen.

§. 91.

II. Hauptſtuͤck,
wirkliche Arten ſeyn muͤſſen. So wuͤrde man unge-
reimt die Triangel in ſolche eintheilen, die drey Sei-
ten haben, und in ſolche, die nicht drey Seiten
haben. Denn da jeder Triangel nothwendig drey
Seiten hat, und eben deswegen ein Triangel iſt, ſo
hat dieſe Eintheilung gar nicht ſtatt. Man kann da-
her nicht alle Saͤtze, da man ſagt, A iſt entweder B
oder nicht B, als Eintheilungen anſehen. Denn
eine Eintheilung fordert, daß beydes ſey, oder ſeyn
koͤnne. Naͤmlich einige A, und zwar nur einige muͤſ-
ſen wirklich B, die uͤbrigen nicht B ſeyn.

§. 90.

Laßt uns nun das auf eine von vorbemeldten Ar-
ten eingetheilte oder beſtimmte Merkmaal mit dem
Begriffe der Gattung vergleichen, um zu ſehen, wie
ferne ſich dieſe eben ſo eintheilen laſſe. Jn dieſer Ab-
ſicht iſt das Merkmaal entweder der Gattung eigen,
oder es gehoͤrt zu einer hoͤhern Gattung, und in bey-
den Faͤllen iſt es entweder ein inneres Merkmaal oder
ein Verhaͤltnißbegriff. Wenn es der Gattung eigen
iſt, ſo laͤßt ſich dieſe eben ſo eintheilen. Denn da es
nach dieſer Vorausſetzung ſonſt nirgends vorkoͤmmt,
ſo koͤmmt die Frage, was es in andern Faͤllen fuͤr
Beſtimmungen haben wuͤrde, gar nicht vor. Daher
iſt es auch keiner Beſtimmungen faͤhig, deren nicht
auch der Begriff der Gattung faͤhig waͤre. Jſt hin-
gegen das Merkmaal dem Begriffe der Gattung nicht
eigen, ſo gehoͤrt es zu einer hoͤhern Gattung, und
leidet daher auch mehrere Beſtimmungen, naͤmlich
alle die, ſo es in den andern Gattungen hat, welche
unter dieſe hoͤhere Gattung gehoͤren. Jn dieſen Faͤl-
len muß man daher aus andern Gruͤnden finden, wie
ferne die Beſtimmungen einer hoͤhern Gattung der
vorhabenden Gattung zukommen.

§. 91.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0078" n="56"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi></fw><lb/>
wirkliche Arten &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. So wu&#x0364;rde man unge-<lb/>
reimt die Triangel in &#x017F;olche eintheilen, die drey Sei-<lb/>
ten haben, und in &#x017F;olche, die nicht drey Seiten<lb/>
haben. Denn da jeder Triangel nothwendig drey<lb/>
Seiten hat, und eben deswegen ein Triangel i&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
hat die&#x017F;e Eintheilung gar nicht &#x017F;tatt. Man kann da-<lb/>
her nicht alle Sa&#x0364;tze, da man &#x017F;agt, <hi rendition="#aq">A</hi> i&#x017F;t entweder <hi rendition="#aq">B</hi><lb/>
oder nicht <hi rendition="#aq">B,</hi> als Eintheilungen an&#x017F;ehen. Denn<lb/>
eine Eintheilung fordert, daß beydes &#x017F;ey, oder &#x017F;eyn<lb/>
ko&#x0364;nne. Na&#x0364;mlich einige <hi rendition="#aq">A,</hi> und zwar nur einige mu&#x0364;&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en wirklich <hi rendition="#aq">B,</hi> die u&#x0364;brigen nicht <hi rendition="#aq">B</hi> &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 90.</head><lb/>
            <p>Laßt uns nun das auf eine von vorbemeldten Ar-<lb/>
ten eingetheilte oder be&#x017F;timmte Merkmaal mit dem<lb/>
Begriffe der Gattung vergleichen, um zu &#x017F;ehen, wie<lb/>
ferne &#x017F;ich die&#x017F;e eben &#x017F;o eintheilen la&#x017F;&#x017F;e. Jn die&#x017F;er Ab-<lb/>
&#x017F;icht i&#x017F;t das Merkmaal entweder der Gattung eigen,<lb/>
oder es geho&#x0364;rt zu einer ho&#x0364;hern Gattung, und in bey-<lb/>
den Fa&#x0364;llen i&#x017F;t es entweder ein inneres Merkmaal oder<lb/>
ein Verha&#x0364;ltnißbegriff. Wenn es der Gattung eigen<lb/>
i&#x017F;t, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich die&#x017F;e eben &#x017F;o eintheilen. Denn da es<lb/>
nach die&#x017F;er Voraus&#x017F;etzung &#x017F;on&#x017F;t nirgends vorko&#x0364;mmt,<lb/>
&#x017F;o ko&#x0364;mmt die Frage, was es in andern Fa&#x0364;llen fu&#x0364;r<lb/>
Be&#x017F;timmungen haben wu&#x0364;rde, gar nicht vor. Daher<lb/>
i&#x017F;t es auch keiner Be&#x017F;timmungen fa&#x0364;hig, deren nicht<lb/>
auch der Begriff der Gattung fa&#x0364;hig wa&#x0364;re. J&#x017F;t hin-<lb/>
gegen das Merkmaal dem Begriffe der Gattung nicht<lb/>
eigen, &#x017F;o geho&#x0364;rt es zu einer ho&#x0364;hern Gattung, und<lb/>
leidet daher auch mehrere Be&#x017F;timmungen, na&#x0364;mlich<lb/>
alle die, &#x017F;o es in den andern Gattungen hat, welche<lb/>
unter die&#x017F;e ho&#x0364;here Gattung geho&#x0364;ren. Jn die&#x017F;en Fa&#x0364;l-<lb/>
len muß man daher aus andern Gru&#x0364;nden finden, wie<lb/>
ferne die Be&#x017F;timmungen einer ho&#x0364;hern Gattung der<lb/>
vorhabenden Gattung zukommen.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 91.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[56/0078] II. Hauptſtuͤck, wirkliche Arten ſeyn muͤſſen. So wuͤrde man unge- reimt die Triangel in ſolche eintheilen, die drey Sei- ten haben, und in ſolche, die nicht drey Seiten haben. Denn da jeder Triangel nothwendig drey Seiten hat, und eben deswegen ein Triangel iſt, ſo hat dieſe Eintheilung gar nicht ſtatt. Man kann da- her nicht alle Saͤtze, da man ſagt, A iſt entweder B oder nicht B, als Eintheilungen anſehen. Denn eine Eintheilung fordert, daß beydes ſey, oder ſeyn koͤnne. Naͤmlich einige A, und zwar nur einige muͤſ- ſen wirklich B, die uͤbrigen nicht B ſeyn. §. 90. Laßt uns nun das auf eine von vorbemeldten Ar- ten eingetheilte oder beſtimmte Merkmaal mit dem Begriffe der Gattung vergleichen, um zu ſehen, wie ferne ſich dieſe eben ſo eintheilen laſſe. Jn dieſer Ab- ſicht iſt das Merkmaal entweder der Gattung eigen, oder es gehoͤrt zu einer hoͤhern Gattung, und in bey- den Faͤllen iſt es entweder ein inneres Merkmaal oder ein Verhaͤltnißbegriff. Wenn es der Gattung eigen iſt, ſo laͤßt ſich dieſe eben ſo eintheilen. Denn da es nach dieſer Vorausſetzung ſonſt nirgends vorkoͤmmt, ſo koͤmmt die Frage, was es in andern Faͤllen fuͤr Beſtimmungen haben wuͤrde, gar nicht vor. Daher iſt es auch keiner Beſtimmungen faͤhig, deren nicht auch der Begriff der Gattung faͤhig waͤre. Jſt hin- gegen das Merkmaal dem Begriffe der Gattung nicht eigen, ſo gehoͤrt es zu einer hoͤhern Gattung, und leidet daher auch mehrere Beſtimmungen, naͤmlich alle die, ſo es in den andern Gattungen hat, welche unter dieſe hoͤhere Gattung gehoͤren. Jn dieſen Faͤl- len muß man daher aus andern Gruͤnden finden, wie ferne die Beſtimmungen einer hoͤhern Gattung der vorhabenden Gattung zukommen. §. 91.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/78
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/78>, abgerufen am 28.03.2024.