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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Wortforschung.
oder daß es leicht wäre, für dieselben ganz neue Ablei-
tungstheilchen und Ableitungsarten einzuführen. Die
Lücken, so in dieser Absicht zurücke bleiben, zeigen nur
an, daß das Metaphysische in den Sprachen mit dem
Charakteristischen viel allgemeiner und genauer könnte
verbunden seyn, als es wirklich ist, und daß der Erfin-
der einer wissenschaftlichen Sprache hierüber eine aus-
führliche Zergliederung jeder Möglichkeiten und Clas-
sen vornehmen müßte, damit die Theorie des Charak-
teristischen statt der Theorie der Sache dienen möge.
Denn die abgeleiteten Wörter sollen wissenschaftlich
seyn, und ihre Bedeutung durch den Begriff des Wur-
zelwortes und der Ableitungsart, als durch Data be-
stimmt werden können.



Achtes Hauptstück.
Von der Wortfügung.

§. 274.

Wir haben im obigen (§. 39.) schon angemerkt, daß
zu der Zeichenkunst noch die Verbindungskunst
der Zeichen erfordert werde. Von der erstern dieser
Wissenschaften können wir, in Absicht auf die Sprache,
die Ortographie und Etymologie als Theile ansehen,
weil darinn die Bildung und Zeichnung der Wörter
abgehandelt wird. Da man aber damit noch nicht
ausreicht, weil nicht jede Wörter mit jeden andern ver-
bunden, einen Verstand geben, so haben die Sprach-
lehrer sich auch um die Verbindung der Wörter einer
Sprache umgesehen, und sie, so viel sichs thun ließe, in
Regeln gebracht. Der Jnnbegriff dieser Regeln heißt
die Wortfügung oder Syntaxe, und macht daher

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Von der Wortforſchung.
oder daß es leicht waͤre, fuͤr dieſelben ganz neue Ablei-
tungstheilchen und Ableitungsarten einzufuͤhren. Die
Luͤcken, ſo in dieſer Abſicht zuruͤcke bleiben, zeigen nur
an, daß das Metaphyſiſche in den Sprachen mit dem
Charakteriſtiſchen viel allgemeiner und genauer koͤnnte
verbunden ſeyn, als es wirklich iſt, und daß der Erfin-
der einer wiſſenſchaftlichen Sprache hieruͤber eine aus-
fuͤhrliche Zergliederung jeder Moͤglichkeiten und Claſ-
ſen vornehmen muͤßte, damit die Theorie des Charak-
teriſtiſchen ſtatt der Theorie der Sache dienen moͤge.
Denn die abgeleiteten Woͤrter ſollen wiſſenſchaftlich
ſeyn, und ihre Bedeutung durch den Begriff des Wur-
zelwortes und der Ableitungsart, als durch Data be-
ſtimmt werden koͤnnen.



Achtes Hauptſtuͤck.
Von der Wortfuͤgung.

§. 274.

Wir haben im obigen (§. 39.) ſchon angemerkt, daß
zu der Zeichenkunſt noch die Verbindungskunſt
der Zeichen erfordert werde. Von der erſtern dieſer
Wiſſenſchaften koͤnnen wir, in Abſicht auf die Sprache,
die Ortographie und Etymologie als Theile anſehen,
weil darinn die Bildung und Zeichnung der Woͤrter
abgehandelt wird. Da man aber damit noch nicht
ausreicht, weil nicht jede Woͤrter mit jeden andern ver-
bunden, einen Verſtand geben, ſo haben die Sprach-
lehrer ſich auch um die Verbindung der Woͤrter einer
Sprache umgeſehen, und ſie, ſo viel ſichs thun ließe, in
Regeln gebracht. Der Jnnbegriff dieſer Regeln heißt
die Wortfuͤgung oder Syntaxe, und macht daher

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[165/0171] Von der Wortforſchung. oder daß es leicht waͤre, fuͤr dieſelben ganz neue Ablei- tungstheilchen und Ableitungsarten einzufuͤhren. Die Luͤcken, ſo in dieſer Abſicht zuruͤcke bleiben, zeigen nur an, daß das Metaphyſiſche in den Sprachen mit dem Charakteriſtiſchen viel allgemeiner und genauer koͤnnte verbunden ſeyn, als es wirklich iſt, und daß der Erfin- der einer wiſſenſchaftlichen Sprache hieruͤber eine aus- fuͤhrliche Zergliederung jeder Moͤglichkeiten und Claſ- ſen vornehmen muͤßte, damit die Theorie des Charak- teriſtiſchen ſtatt der Theorie der Sache dienen moͤge. Denn die abgeleiteten Woͤrter ſollen wiſſenſchaftlich ſeyn, und ihre Bedeutung durch den Begriff des Wur- zelwortes und der Ableitungsart, als durch Data be- ſtimmt werden koͤnnen. Achtes Hauptſtuͤck. Von der Wortfuͤgung. §. 274. Wir haben im obigen (§. 39.) ſchon angemerkt, daß zu der Zeichenkunſt noch die Verbindungskunſt der Zeichen erfordert werde. Von der erſtern dieſer Wiſſenſchaften koͤnnen wir, in Abſicht auf die Sprache, die Ortographie und Etymologie als Theile anſehen, weil darinn die Bildung und Zeichnung der Woͤrter abgehandelt wird. Da man aber damit noch nicht ausreicht, weil nicht jede Woͤrter mit jeden andern ver- bunden, einen Verſtand geben, ſo haben die Sprach- lehrer ſich auch um die Verbindung der Woͤrter einer Sprache umgeſehen, und ſie, ſo viel ſichs thun ließe, in Regeln gebracht. Der Jnnbegriff dieſer Regeln heißt die Wortfuͤgung oder Syntaxe, und macht daher aller- L 3

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/171>, abgerufen am 23.04.2024.