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Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

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§. 148. Die obigen wenigen Andeutungen mögen ge-
nügen, um den Leser von der mathemathischen Organisation
wie von der Möglichkeit der mathematischen Behandlung
des Spieles zu überzeugen. Weitere Erkenntnisse können
erst durch spätere, tiefere Forschungen gewonnen werden,
welche, wie schon bemerkt ist, zunächst Ansammlung mathe-
matischen Materiales sowie Anbahnung des Weges zur ma-
thematischen Rechnung zu erstreben haben. Namentlich
dürfte letztere vor der Hand allein auf die Lösung einzelner
Aufgaben oder einfacher Endspiele gerichtet werden.


Dritter Theil.
Geschichte des Spieles.

Fünftes Kapitel.
Urgeschichte.

§. 149. Die Urgeschichte des Schach hat die Aufgabe,
über Erfindung und erste Verbreitung dieses Spieles Aus-
kunft zu geben. Zwar haben mannigfache Untersuchungen
auf diesem Gebiete kaum einige vollkommen historisch fest-
gestellte Daten begründet. Indess kommt doch in neuester
Zeit die Mehrzahl der gelehrten Forscher dabei über fol-
gende Angaben überein.

§. 150. Nach Zurückweisung sehr verschiedener Ansich-
ten, welche Erfindung und erste Kenntniss des Spieles theils
der klassischen Welt, theils Chinesen, Egyptern und Persern
zuerkannt haben, knüpft man jetzt allgemein die Erfindung
an das sagenreiche Indien. Durch Verwechselung und Miss-
verständniss einiger Stellen bei klassischen Autoren hat man
nicht selten das römische Latronspiel, ludus latrunculorum
oder ludus latronum, sowie die griechische petteia oder
tekhne petteutike mit unserm Schachspiel zusammengeworfen;

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§. 148. Die obigen wenigen Andeutungen mögen ge-
nügen, um den Leser von der mathemathischen Organisation
wie von der Möglichkeit der mathematischen Behandlung
des Spieles zu überzeugen. Weitere Erkenntnisse können
erst durch spätere, tiefere Forschungen gewonnen werden,
welche, wie schon bemerkt ist, zunächst Ansammlung mathe-
matischen Materiales sowie Anbahnung des Weges zur ma-
thematischen Rechnung zu erstreben haben. Namentlich
dürfte letztere vor der Hand allein auf die Lösung einzelner
Aufgaben oder einfacher Endspiele gerichtet werden.


Dritter Theil.
Geschichte des Spieles.

Fünftes Kapitel.
Urgeschichte.

§. 149. Die Urgeschichte des Schach hat die Aufgabe,
über Erfindung und erste Verbreitung dieses Spieles Aus-
kunft zu geben. Zwar haben mannigfache Untersuchungen
auf diesem Gebiete kaum einige vollkommen historisch fest-
gestellte Daten begründet. Indess kommt doch in neuester
Zeit die Mehrzahl der gelehrten Forscher dabei über fol-
gende Angaben überein.

§. 150. Nach Zurückweisung sehr verschiedener Ansich-
ten, welche Erfindung und erste Kenntniss des Spieles theils
der klassischen Welt, theils Chinesen, Egyptern und Persern
zuerkannt haben, knüpft man jetzt allgemein die Erfindung
an das sagenreiche Indien. Durch Verwechselung und Miss-
verständniss einiger Stellen bei klassischen Autoren hat man
nicht selten das römische Latronspiel, ludus latrunculorum
oder ludus latronum, sowie die griechische πεττεία oder
τέχνη πεττευτικὴ mit unserm Schachspiel zusammengeworfen;

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[97/0109] §. 148. Die obigen wenigen Andeutungen mögen ge- nügen, um den Leser von der mathemathischen Organisation wie von der Möglichkeit der mathematischen Behandlung des Spieles zu überzeugen. Weitere Erkenntnisse können erst durch spätere, tiefere Forschungen gewonnen werden, welche, wie schon bemerkt ist, zunächst Ansammlung mathe- matischen Materiales sowie Anbahnung des Weges zur ma- thematischen Rechnung zu erstreben haben. Namentlich dürfte letztere vor der Hand allein auf die Lösung einzelner Aufgaben oder einfacher Endspiele gerichtet werden. Dritter Theil. Geschichte des Spieles. Fünftes Kapitel. Urgeschichte. §. 149. Die Urgeschichte des Schach hat die Aufgabe, über Erfindung und erste Verbreitung dieses Spieles Aus- kunft zu geben. Zwar haben mannigfache Untersuchungen auf diesem Gebiete kaum einige vollkommen historisch fest- gestellte Daten begründet. Indess kommt doch in neuester Zeit die Mehrzahl der gelehrten Forscher dabei über fol- gende Angaben überein. §. 150. Nach Zurückweisung sehr verschiedener Ansich- ten, welche Erfindung und erste Kenntniss des Spieles theils der klassischen Welt, theils Chinesen, Egyptern und Persern zuerkannt haben, knüpft man jetzt allgemein die Erfindung an das sagenreiche Indien. Durch Verwechselung und Miss- verständniss einiger Stellen bei klassischen Autoren hat man nicht selten das römische Latronspiel, ludus latrunculorum oder ludus latronum, sowie die griechische πεττεία oder τέχνη πεττευτικὴ mit unserm Schachspiel zusammengeworfen; 7

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Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/109>, abgerufen am 24.04.2024.