Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856.

Bild:
<< vorherige Seite

nur darauf an, in der kürzesten und sichersten Weise Matt
zu setzen, und wenn durch den Tausch auch nur ein Fuss
breit bessere Stellung gewonnen würde, muss der Tausch
sogar empfohlen werden. Auch ist es völlig unnütz, den
Angriff auf die feindliche Dame durch den Zuruf gardez zu
begleiten. Nur dem Könige und zwar, weil er nicht ge-
nommen werden darf, gebührt solch Vorrecht. Will man
freilich, wie gewisse Spieler, Abgötterei treiben und die
Dame ebenso heilig wie den König schützen, so mag jene
Schwäche entschuldigt werden. Dem wahrhaft gebildeten
Spieler wird solche Verkennung des eigentlichen Geistes
des Spieles nie in den Sinn kommen.


Achtzehntes Kapitel.
Gesetze.

§. 82. Die Gesetze des Spieles haben den Zweck,
das eigentlich praktische Spielen selbst d. h. die Willens-
äusserungen der Spielenden als solcher zu regeln. Sie un-
terscheiden sich auf der einen Seite von den Grundgesetzen
des Spieles, welche die theoretische Organisation desselben
bedingen, auf der andern Seite von den praktischen Vor-
schriften, welche den Spieler als Menschen überhaupt ins
Auge fassen. Die Gesetze haben es sonach mit dem Spie-
ler als Spielendem zu thun und enthalten die Principien
für die praktische Durchführung der Grundgesetze; sie ord-
nen daher auf der einen Seite den ganzen Fortgang der
Partie und bestimmen auf der andern die Strafen bei Ver-
gehen gegen die Grundgesetze. Die consequente und um-
fassende Darstellung der Gesetze kann erst im zweiten Buche
erfolgen; hier wollen wir dem Anfänger zunächst nur die
wichtigsten und gebräuchlichsten Bestimmungen andeuten.

§. 83. Bei einer Reihe von Spielen wechselt der An-
zug, welcher zuerst bei nicht besonderer Verabredung durch

nur darauf an, in der kürzesten und sichersten Weise Matt
zu setzen, und wenn durch den Tausch auch nur ein Fuss
breit bessere Stellung gewonnen würde, muss der Tausch
sogar empfohlen werden. Auch ist es völlig unnütz, den
Angriff auf die feindliche Dame durch den Zuruf gardez zu
begleiten. Nur dem Könige und zwar, weil er nicht ge-
nommen werden darf, gebührt solch Vorrecht. Will man
freilich, wie gewisse Spieler, Abgötterei treiben und die
Dame ebenso heilig wie den König schützen, so mag jene
Schwäche entschuldigt werden. Dem wahrhaft gebildeten
Spieler wird solche Verkennung des eigentlichen Geistes
des Spieles nie in den Sinn kommen.


Achtzehntes Kapitel.
Gesetze.

§. 82. Die Gesetze des Spieles haben den Zweck,
das eigentlich praktische Spielen selbst d. h. die Willens-
äusserungen der Spielenden als solcher zu regeln. Sie un-
terscheiden sich auf der einen Seite von den Grundgesetzen
des Spieles, welche die theoretische Organisation desselben
bedingen, auf der andern Seite von den praktischen Vor-
schriften, welche den Spieler als Menschen überhaupt ins
Auge fassen. Die Gesetze haben es sonach mit dem Spie-
ler als Spielendem zu thun und enthalten die Principien
für die praktische Durchführung der Grundgesetze; sie ord-
nen daher auf der einen Seite den ganzen Fortgang der
Partie und bestimmen auf der andern die Strafen bei Ver-
gehen gegen die Grundgesetze. Die consequente und um-
fassende Darstellung der Gesetze kann erst im zweiten Buche
erfolgen; hier wollen wir dem Anfänger zunächst nur die
wichtigsten und gebräuchlichsten Bestimmungen andeuten.

§. 83. Bei einer Reihe von Spielen wechselt der An-
zug, welcher zuerst bei nicht besonderer Verabredung durch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0073" n="61"/>
nur darauf an, in der kürzesten und sichersten Weise Matt<lb/>
zu setzen, und wenn durch den Tausch auch nur ein Fuss<lb/>
breit bessere Stellung gewonnen würde, muss der Tausch<lb/>
sogar empfohlen werden. Auch ist es völlig unnütz, den<lb/>
Angriff auf die feindliche Dame durch den Zuruf gardez zu<lb/>
begleiten. Nur dem Könige und zwar, weil er nicht ge-<lb/>
nommen werden darf, gebührt solch Vorrecht. Will man<lb/>
freilich, wie gewisse Spieler, Abgötterei treiben und die<lb/>
Dame ebenso heilig wie den König schützen, so mag jene<lb/>
Schwäche entschuldigt werden. Dem wahrhaft gebildeten<lb/>
Spieler wird solche Verkennung des eigentlichen Geistes<lb/>
des Spieles nie in den Sinn kommen.</p>
            </div><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <div n="4">
              <head><hi rendition="#b">Achtzehntes Kapitel.</hi><lb/>
Gesetze.</head><lb/>
              <p>§. 82. Die Gesetze des Spieles haben den Zweck,<lb/>
das eigentlich praktische Spielen selbst d. h. die Willens-<lb/>
äusserungen der Spielenden als solcher zu regeln. Sie un-<lb/>
terscheiden sich auf der einen Seite von den Grundgesetzen<lb/>
des Spieles, welche die theoretische Organisation desselben<lb/>
bedingen, auf der andern Seite von den praktischen Vor-<lb/>
schriften, welche den Spieler als Menschen überhaupt ins<lb/>
Auge fassen. Die Gesetze haben es sonach mit dem Spie-<lb/>
ler als Spielendem zu thun und enthalten die Principien<lb/>
für die praktische Durchführung der Grundgesetze; sie ord-<lb/>
nen daher auf der einen Seite den ganzen Fortgang der<lb/>
Partie und bestimmen auf der andern die Strafen bei Ver-<lb/>
gehen gegen die Grundgesetze. Die consequente und um-<lb/>
fassende Darstellung der Gesetze kann erst im zweiten Buche<lb/>
erfolgen; hier wollen wir dem Anfänger zunächst nur die<lb/>
wichtigsten und gebräuchlichsten Bestimmungen andeuten.</p><lb/>
              <p>§. 83. Bei einer Reihe von Spielen wechselt der An-<lb/>
zug, welcher zuerst bei nicht besonderer Verabredung durch<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0073] nur darauf an, in der kürzesten und sichersten Weise Matt zu setzen, und wenn durch den Tausch auch nur ein Fuss breit bessere Stellung gewonnen würde, muss der Tausch sogar empfohlen werden. Auch ist es völlig unnütz, den Angriff auf die feindliche Dame durch den Zuruf gardez zu begleiten. Nur dem Könige und zwar, weil er nicht ge- nommen werden darf, gebührt solch Vorrecht. Will man freilich, wie gewisse Spieler, Abgötterei treiben und die Dame ebenso heilig wie den König schützen, so mag jene Schwäche entschuldigt werden. Dem wahrhaft gebildeten Spieler wird solche Verkennung des eigentlichen Geistes des Spieles nie in den Sinn kommen. Achtzehntes Kapitel. Gesetze. §. 82. Die Gesetze des Spieles haben den Zweck, das eigentlich praktische Spielen selbst d. h. die Willens- äusserungen der Spielenden als solcher zu regeln. Sie un- terscheiden sich auf der einen Seite von den Grundgesetzen des Spieles, welche die theoretische Organisation desselben bedingen, auf der andern Seite von den praktischen Vor- schriften, welche den Spieler als Menschen überhaupt ins Auge fassen. Die Gesetze haben es sonach mit dem Spie- ler als Spielendem zu thun und enthalten die Principien für die praktische Durchführung der Grundgesetze; sie ord- nen daher auf der einen Seite den ganzen Fortgang der Partie und bestimmen auf der andern die Strafen bei Ver- gehen gegen die Grundgesetze. Die consequente und um- fassende Darstellung der Gesetze kann erst im zweiten Buche erfolgen; hier wollen wir dem Anfänger zunächst nur die wichtigsten und gebräuchlichsten Bestimmungen andeuten. §. 83. Bei einer Reihe von Spielen wechselt der An- zug, welcher zuerst bei nicht besonderer Verabredung durch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/73
Zitationshilfe: Lange, Max: Lehrbuch des Schachspiels. Halle (Saale), 1856, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_schachspiel_1856/73>, abgerufen am 19.04.2024.