Emilia! theurer geliebter Name! Ehe- mals warst du mein Trost und die Stütze meines Lebens, itzt bist du eine Vermeh- rung meiner Leiden geworden. Die kla- gende Stimme, die Briefe deiner unglück- lichen Freundinn dringen nicht mehr zu dir, alles, alles ist mir entrissen, und noch mußte mein Herz mit der Last des bittern Kummers beschweret werden, die Angst meiner Freunde zu fühlen. Beste Lady! -- liebste Emilia! warum mußte euer lieb- reiches Herz mit in das Loos von Quaal der Seele fallen, welches das Verhängniß mir Unglücklichen zuwarf? -- O Gott, wie hart strafest du den einzigen Schritt meiner Abweichung von dem Pfade der bürgerlichen Gesetze! -- Kann meine heimliche Heurath dich beleidiget ha- ben? -- arme Gedanken, wo irret ihr umher? Niemand höret euch, niemand wird euch lesen; diese Bläteer werden mit mir sterben und verwesen; Niemand als
mein
IITheil. O
Madam Leidens in den ſchottiſchen Bleygebuͤrgen.
Emilia! theurer geliebter Name! Ehe- mals warſt du mein Troſt und die Stuͤtze meines Lebens, itzt biſt du eine Vermeh- rung meiner Leiden geworden. Die kla- gende Stimme, die Briefe deiner ungluͤck- lichen Freundinn dringen nicht mehr zu dir, alles, alles iſt mir entriſſen, und noch mußte mein Herz mit der Laſt des bittern Kummers beſchweret werden, die Angſt meiner Freunde zu fuͤhlen. Beſte Lady! — liebſte Emilia! warum mußte euer lieb- reiches Herz mit in das Loos von Quaal der Seele fallen, welches das Verhaͤngniß mir Ungluͤcklichen zuwarf? — O Gott, wie hart ſtrafeſt du den einzigen Schritt meiner Abweichung von dem Pfade der buͤrgerlichen Geſetze! — Kann meine heimliche Heurath dich beleidiget ha- ben? — arme Gedanken, wo irret ihr umher? Niemand hoͤret euch, niemand wird euch leſen; dieſe Blaͤteer werden mit mir ſterben und verweſen; Niemand als
mein
IITheil. O
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Madam Leidens in den ſchottiſchen
Bleygebuͤrgen.
Emilia! theurer geliebter Name! Ehe-
mals warſt du mein Troſt und die Stuͤtze
meines Lebens, itzt biſt du eine Vermeh-
rung meiner Leiden geworden. Die kla-
gende Stimme, die Briefe deiner ungluͤck-
lichen Freundinn dringen nicht mehr zu
dir, alles, alles iſt mir entriſſen, und noch
mußte mein Herz mit der Laſt des bittern
Kummers beſchweret werden, die Angſt
meiner Freunde zu fuͤhlen. Beſte Lady! —
liebſte Emilia! warum mußte euer lieb-
reiches Herz mit in das Loos von Quaal
der Seele fallen, welches das Verhaͤngniß
mir Ungluͤcklichen zuwarf? — O Gott,
wie hart ſtrafeſt du den einzigen Schritt
meiner Abweichung von dem Pfade der
buͤrgerlichen Geſetze! — Kann meine
heimliche Heurath dich beleidiget ha-
ben? — arme Gedanken, wo irret ihr
umher? Niemand hoͤret euch, niemand
wird euch leſen; dieſe Blaͤteer werden mit
mir ſterben und verweſen; Niemand als
mein
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[La Roche, Sophie von]: Geschichte des Fräuleins von Sternheim. Bd. 2. Hrsg. v. Christoph Martin Wieland. Leipzig, 1771, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laroche_geschichte02_1771/215>, abgerufen am 24.04.2024.
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