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Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890.

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Mirax.
schränken, sondern man wird die Geister der Natur be-
rufen und leiten. An Stelle endloser Experimente mit
den toten Stoffen des Laboratoriums oder grausamer
Vivisektionen wird die Jnterpellation der Weltseele und
die Unterhaltung mit den Geistern der Erde, des Wassers
und der Luft treten. Gegenüber dem Ausblicke in diese
herrliche Errungenschaft des Miraxianismus kann es
nur kleinlich und albern erscheinen, wenn boshafte
Gegner das Erlebnis mit dem Erdgeiste für einen
bloßen Traum erklären wollen, den Heino Mirax
während eines nervösen Anfalls gehabt habe. Derartige
Jnsinuationen richten sich selbst.

Wenn nicht schon die innere Wahrscheinlichkeit der
Lehre und die unzweifelhafte Ehrlichkeit eines Mirax Be-
weis genug wären, so fehlte es auch nicht an einem sinn-
lichen Zeichen für den Besuch des Erdgeistes. Mit
den Büsten Kants und Goethes war auch ein Buch
aus Mirax' Bibliothek herabgestürzt, nämlich Kants
"Träume eines Geistersehers, erläutert durch Träume
der Metaphysik," und es war folgender Satz dieses
Buches vom Erdgeist stark und deutlich angestrichen:

"Die anschauende Kenntnis der andern Welt kann
allhier nur erlangt werden, indem man etwas von dem-
jenigen Verstande einbüßt, welchen man für die gegen-
wärtige nötig hat."

Die Gegner des Miraxianismus, welche leugnen,
daß es eine Geisterwelt hinter der Natur gebe und daß
dem Menschen die Erkenntnis dieser Geisterwelt möglich
sei, diese kurzsichtigen Anhänger eines blöden Sinnlich-

Mirax.
ſchränken, ſondern man wird die Geiſter der Natur be-
rufen und leiten. An Stelle endloſer Experimente mit
den toten Stoffen des Laboratoriums oder grauſamer
Viviſektionen wird die Jnterpellation der Weltſeele und
die Unterhaltung mit den Geiſtern der Erde, des Waſſers
und der Luft treten. Gegenüber dem Ausblicke in dieſe
herrliche Errungenſchaft des Miraxianismus kann es
nur kleinlich und albern erſcheinen, wenn boshafte
Gegner das Erlebnis mit dem Erdgeiſte für einen
bloßen Traum erklären wollen, den Heino Mirax
während eines nervöſen Anfalls gehabt habe. Derartige
Jnſinuationen richten ſich ſelbſt.

Wenn nicht ſchon die innere Wahrſcheinlichkeit der
Lehre und die unzweifelhafte Ehrlichkeit eines Mirax Be-
weis genug wären, ſo fehlte es auch nicht an einem ſinn-
lichen Zeichen für den Beſuch des Erdgeiſtes. Mit
den Büſten Kants und Goethes war auch ein Buch
aus Mirax’ Bibliothek herabgeſtürzt, nämlich Kants
„Träume eines Geiſterſehers, erläutert durch Träume
der Metaphyſik,“ und es war folgender Satz dieſes
Buches vom Erdgeiſt ſtark und deutlich angeſtrichen:

„Die anſchauende Kenntnis der andern Welt kann
allhier nur erlangt werden, indem man etwas von dem-
jenigen Verſtande einbüßt, welchen man für die gegen-
wärtige nötig hat.“

Die Gegner des Miraxianismus, welche leugnen,
daß es eine Geiſterwelt hinter der Natur gebe und daß
dem Menſchen die Erkenntnis dieſer Geiſterwelt möglich
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[207/0213] Mirax. ſchränken, ſondern man wird die Geiſter der Natur be- rufen und leiten. An Stelle endloſer Experimente mit den toten Stoffen des Laboratoriums oder grauſamer Viviſektionen wird die Jnterpellation der Weltſeele und die Unterhaltung mit den Geiſtern der Erde, des Waſſers und der Luft treten. Gegenüber dem Ausblicke in dieſe herrliche Errungenſchaft des Miraxianismus kann es nur kleinlich und albern erſcheinen, wenn boshafte Gegner das Erlebnis mit dem Erdgeiſte für einen bloßen Traum erklären wollen, den Heino Mirax während eines nervöſen Anfalls gehabt habe. Derartige Jnſinuationen richten ſich ſelbſt. Wenn nicht ſchon die innere Wahrſcheinlichkeit der Lehre und die unzweifelhafte Ehrlichkeit eines Mirax Be- weis genug wären, ſo fehlte es auch nicht an einem ſinn- lichen Zeichen für den Beſuch des Erdgeiſtes. Mit den Büſten Kants und Goethes war auch ein Buch aus Mirax’ Bibliothek herabgeſtürzt, nämlich Kants „Träume eines Geiſterſehers, erläutert durch Träume der Metaphyſik,“ und es war folgender Satz dieſes Buches vom Erdgeiſt ſtark und deutlich angeſtrichen: „Die anſchauende Kenntnis der andern Welt kann allhier nur erlangt werden, indem man etwas von dem- jenigen Verſtande einbüßt, welchen man für die gegen- wärtige nötig hat.“ Die Gegner des Miraxianismus, welche leugnen, daß es eine Geiſterwelt hinter der Natur gebe und daß dem Menſchen die Erkenntnis dieſer Geiſterwelt möglich ſei, dieſe kurzſichtigen Anhänger eines blöden Sinnlich-

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Zitationshilfe: Laßwitz, Kurd: Seifenblasen. Hamburg, 1890, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lasswitz_seife_1890/213>, abgerufen am 16.04.2024.